Zur Selbstbindung der Verwaltung und zur Berücksichtigung vorteilsmindernder Aufwendungen im Rahmen der Kraftfahrzeugüberlassung
Kurzbesprechung
BFH v. 4.7.2023 - VIII R 29/20
EStG § 3 Nr. 26, § 4 Abs 3, § 6 Abs 1 Nr. 4, § 8 Abs 2 S 2, § 8 Abs 2 S 3, § 18 Abs 1 Nr. 1 S 1, § 19 Abs 1
EStH 2017 H 18.2
1. Betriebsausgabenpauschale
Im Streitfall hatten FA und FG den Abzug pauschal ermittelter Betriebsausgaben gemäß H 18.2 Betriebsausgabenpauschale Buchst. a EStH 2017 zu Recht versagt.
Eine ordnungsgemäße Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG setzt grundsätzlich voraus, dass die Höhe der Betriebsausgaben durch Belege nachgewiesen wird; eine förmliche Aufzeichnungspflicht besteht hingegen nicht. Für steuermindernde Tatsachen muss ein Steuerpflichtiger auch im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG aufgrund der ihn treffenden Feststellungslast seine Betriebsausgaben so festhalten, belegen und aufbewahren, dass das Finanzamt diese auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüfen kann.
Zu diesen materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorgaben enthält H 18.2 Betriebsausgabenpauschale EStH 2017 eine Ausnahme. Die Verwaltungsanweisung gibt zur Vereinfachung für die Finanzämter im Steuerfestsetzungsverfahren eine abgesenkte Prüfdichte für das Vorliegen von Betriebsausgaben vor, sodass insoweit von den Finanzämtern auch darauf verzichtet werden kann, Belege anzufordern.
Verwaltungsanweisungen wie in H 18.2 EStH 2017 führen zu einer Selbstbindung der Verwaltung. Der Steuerpflichtige hat einen auch von den Steuergerichten zu beachtenden Rechtsanspruch darauf, nach Maßgabe der Verwaltungsanweisung besteuert zu werden, es sei denn die Verwaltungsanweisung verlässt den gesetzlich vorgegebenen Rahmen. Im Streitfall waren die Voraussetzungen, unter denen nach H 18.2 Betriebsausgabenpauschale Buchst. a EStH 2017 ein pauschaler 30%iger Betriebsausgabenabzug zu gewähren ist, nicht erfüllt.
Das FA sieht in der Verwaltungsanweisung in H 18.2 Betriebsausgabenpauschale Buchst. a EStH 2017 eine spezifische und ausschließliche Regelung für Steuerpflichtige, die Einkünfte aus einer hauptberuflichen selbständigen schriftstellerischen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG erzielen. Zur Abgrenzung einer hauptberuflichen selbständigen schriftstellerischen Tätigkeit und einer nebenberuflich ausgeübten schriftstellerischen Tätigkeit im Sinne der Verwaltungsanweisung stellt das FA mangels einer darin enthaltenen Definition auf die zu § 3 Nr. 26 EStG vorhandenen Kriterien, insbesondere das Zeitkriterium ab (sog. Drittelregelung, vgl. R 3.26 Abs. 2 Satz 1 der Lohnsteuer-Richtlinien; H 3.26 EStH).
Im Streitfall fehlte es der Steuerpflichtigen schon an einer schriftstellerischen Tätigkeit im Sinne der Verwaltungsanweisung, da die von ihr als Ärztin für den leitenden Oberarzt erstellten Patientengutachten nicht an die Öffentlichkeit gerichtet oder für diese bestimmt waren. Für den Steuerpflichtigen hatte das FA zutreffend eine hauptberufliche selbständige schriftstellerische Tätigkeit verneint, da er nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit einer schriftstellerischen Vollzeittätigkeit für seine schriftstellerische und wissenschaftliche Tätigkeit aufgewendet hatte.
Der BFH hob hervor, dass die Auslegung der Verwaltungsanweisung durch das FA jeweils möglich ist und den gesetzlich vorgegebenen Rahmen nicht überschreitet.
2. Geldwerter Vorteil
Im Streitfall hatte das FG zutreffend entschieden, dass die Garagen-AfA nicht den geldwerten Vorteil des Steuerpflichtigen aus der Überlassung der beiden Dienstwagen zur außerdienstlichen Nutzung bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit mindert.
An einem steuerbaren Vorteil des Arbeitnehmers fehlt es, soweit der Arbeitnehmer im Rahmen der privaten Nutzung einzelne (nutzungsabhängige) Kraftfahrzeug-Kosten übernimmt. Hierunter fallen zum Beispiel nach der tatsächlichen Nutzung des Kraftfahrzeugs bemessene Kilometerpauschalen und Leasingraten, Treibstoffkosten und Versicherungsbeiträge. Auch wird der geldwerte Vorteil aus der Nutzungsüberlassung gemindert, wenn der Arbeitnehmer zeitraumbezogene Einmalzahlungen für die außerdienstliche Nutzung leistet oder einen Teil oder die gesamten Anschaffungskosten für den betrieblichen PKW übernimmt.
Im Streitfall hatte die Garagen-AfA den geldwerten Vorteil des Steuerpflichtigen aus der Überlassung der betrieblichen Fahrzeuge nicht mindert, weil es an einer rechtlichen Verpflichtung des Steuerpflichtigen gegenüber dem Arbeitgeber fehlte, die Fahrzeuge in der Garage unterstellen zu müssen.
Außerdem stellt die Garagen-AfA auch keine vorteilsmindernde Einzelausgabe dar. Denn vorteilsmindernde einzelne Aufwendungen außerhalb eines Nutzungsentgelts müssen ebenfalls nutzungsabhängig sein, d.h. dem Betrieb des Fahrzeugs oder der Durchführung konkreter außerdienstlicher Fahrten dienen. Für die Anerkennung vorteilsmindernder Einzelausgaben und Fahrzeugkosten ist wie bei Nutzungsentgelten zusätzlich erforderlich, dass diese Kosten vom Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber "übernommen" werden, was eine arbeitsvertragliche oder andere arbeits- oder dienstrechtliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Kostentragung erfordert, die im Streitfall jedoch nicht vorlag.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 3 Nr. 26, § 4 Abs 3, § 6 Abs 1 Nr. 4, § 8 Abs 2 S 2, § 8 Abs 2 S 3, § 18 Abs 1 Nr. 1 S 1, § 19 Abs 1
EStH 2017 H 18.2
1. Betriebsausgabenpauschale
Im Streitfall hatten FA und FG den Abzug pauschal ermittelter Betriebsausgaben gemäß H 18.2 Betriebsausgabenpauschale Buchst. a EStH 2017 zu Recht versagt.
Eine ordnungsgemäße Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG setzt grundsätzlich voraus, dass die Höhe der Betriebsausgaben durch Belege nachgewiesen wird; eine förmliche Aufzeichnungspflicht besteht hingegen nicht. Für steuermindernde Tatsachen muss ein Steuerpflichtiger auch im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG aufgrund der ihn treffenden Feststellungslast seine Betriebsausgaben so festhalten, belegen und aufbewahren, dass das Finanzamt diese auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüfen kann.
Zu diesen materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorgaben enthält H 18.2 Betriebsausgabenpauschale EStH 2017 eine Ausnahme. Die Verwaltungsanweisung gibt zur Vereinfachung für die Finanzämter im Steuerfestsetzungsverfahren eine abgesenkte Prüfdichte für das Vorliegen von Betriebsausgaben vor, sodass insoweit von den Finanzämtern auch darauf verzichtet werden kann, Belege anzufordern.
Verwaltungsanweisungen wie in H 18.2 EStH 2017 führen zu einer Selbstbindung der Verwaltung. Der Steuerpflichtige hat einen auch von den Steuergerichten zu beachtenden Rechtsanspruch darauf, nach Maßgabe der Verwaltungsanweisung besteuert zu werden, es sei denn die Verwaltungsanweisung verlässt den gesetzlich vorgegebenen Rahmen. Im Streitfall waren die Voraussetzungen, unter denen nach H 18.2 Betriebsausgabenpauschale Buchst. a EStH 2017 ein pauschaler 30%iger Betriebsausgabenabzug zu gewähren ist, nicht erfüllt.
Das FA sieht in der Verwaltungsanweisung in H 18.2 Betriebsausgabenpauschale Buchst. a EStH 2017 eine spezifische und ausschließliche Regelung für Steuerpflichtige, die Einkünfte aus einer hauptberuflichen selbständigen schriftstellerischen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG erzielen. Zur Abgrenzung einer hauptberuflichen selbständigen schriftstellerischen Tätigkeit und einer nebenberuflich ausgeübten schriftstellerischen Tätigkeit im Sinne der Verwaltungsanweisung stellt das FA mangels einer darin enthaltenen Definition auf die zu § 3 Nr. 26 EStG vorhandenen Kriterien, insbesondere das Zeitkriterium ab (sog. Drittelregelung, vgl. R 3.26 Abs. 2 Satz 1 der Lohnsteuer-Richtlinien; H 3.26 EStH).
Im Streitfall fehlte es der Steuerpflichtigen schon an einer schriftstellerischen Tätigkeit im Sinne der Verwaltungsanweisung, da die von ihr als Ärztin für den leitenden Oberarzt erstellten Patientengutachten nicht an die Öffentlichkeit gerichtet oder für diese bestimmt waren. Für den Steuerpflichtigen hatte das FA zutreffend eine hauptberufliche selbständige schriftstellerische Tätigkeit verneint, da er nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit einer schriftstellerischen Vollzeittätigkeit für seine schriftstellerische und wissenschaftliche Tätigkeit aufgewendet hatte.
Der BFH hob hervor, dass die Auslegung der Verwaltungsanweisung durch das FA jeweils möglich ist und den gesetzlich vorgegebenen Rahmen nicht überschreitet.
2. Geldwerter Vorteil
Im Streitfall hatte das FG zutreffend entschieden, dass die Garagen-AfA nicht den geldwerten Vorteil des Steuerpflichtigen aus der Überlassung der beiden Dienstwagen zur außerdienstlichen Nutzung bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit mindert.
An einem steuerbaren Vorteil des Arbeitnehmers fehlt es, soweit der Arbeitnehmer im Rahmen der privaten Nutzung einzelne (nutzungsabhängige) Kraftfahrzeug-Kosten übernimmt. Hierunter fallen zum Beispiel nach der tatsächlichen Nutzung des Kraftfahrzeugs bemessene Kilometerpauschalen und Leasingraten, Treibstoffkosten und Versicherungsbeiträge. Auch wird der geldwerte Vorteil aus der Nutzungsüberlassung gemindert, wenn der Arbeitnehmer zeitraumbezogene Einmalzahlungen für die außerdienstliche Nutzung leistet oder einen Teil oder die gesamten Anschaffungskosten für den betrieblichen PKW übernimmt.
Im Streitfall hatte die Garagen-AfA den geldwerten Vorteil des Steuerpflichtigen aus der Überlassung der betrieblichen Fahrzeuge nicht mindert, weil es an einer rechtlichen Verpflichtung des Steuerpflichtigen gegenüber dem Arbeitgeber fehlte, die Fahrzeuge in der Garage unterstellen zu müssen.
Außerdem stellt die Garagen-AfA auch keine vorteilsmindernde Einzelausgabe dar. Denn vorteilsmindernde einzelne Aufwendungen außerhalb eines Nutzungsentgelts müssen ebenfalls nutzungsabhängig sein, d.h. dem Betrieb des Fahrzeugs oder der Durchführung konkreter außerdienstlicher Fahrten dienen. Für die Anerkennung vorteilsmindernder Einzelausgaben und Fahrzeugkosten ist wie bei Nutzungsentgelten zusätzlich erforderlich, dass diese Kosten vom Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber "übernommen" werden, was eine arbeitsvertragliche oder andere arbeits- oder dienstrechtliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Kostentragung erfordert, die im Streitfall jedoch nicht vorlag.