Zur Steuerfreiheit von Raucherentwöhnungsseminaren
BFH 26.8.2014, XI R 19/12Die Beteiligten streiten darüber, ob die von der Klägerin erbrachten Leistungen als Umsätze der Heilbehandlung steuerfrei sind. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin, das in der Rechtsform einer GbR betrieben wird, ist die Durchführung von Seminaren zur Raucherentwöhnung und Gewichtsreduktion sowie zum Stress-Management. Gesellschafter der GbR sind die klinische Psychologin A (Beteiligung von 1 Prozent) - und der Psychotherapeut B (Beteiligung von 99 Prozent). Die Umsätze der Klägerin im Jahr 2005 (Streitjahr) entfielen überwiegend auf die Durchführung von Seminaren zur Raucherentwöhnung.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die von ihr ausgeführten Umsätze nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei seien. Dementsprechend hatte sie im streitbefangenen Zeitraum über ihre Leistungen keine Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis erteilt. Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung versagte das Finanzamt die begehrte Steuerbefreiung und setzte die Umsatzsteuer unter Berücksichtigung der nunmehr von der Klägerin erklärten Vorsteuer mit Umsatzsteuer-Jahresbescheid neu fest.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Die Gründe:
Die bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen des FG tragen nicht dessen Entscheidung, die von der Klägerin im Rahmen der Durchführung der Raucherentwöhnungsseminare erbrachten Leistungen seien keine Heilbehandlungen i.S.v. § 4 Nr. 14 UStG, und erlauben dem Senat keine abschließende Entscheidung in der Sache.
Das Rauchen gilt nach inzwischen einhelliger Auffassung als gesundheitsschädlich. Bei den streitbefangenen Raucherentwöhnungsseminaren kann es sich daher um dem Schutz der Gesundheit dienende Dienstleistungen handeln - sei es nur vorbeugend oder sei es zur Wiederherstellung der bereits geschädigten Gesundheit. Dem steht auch nicht entgegen, dass die genannten Leistungen Präventionsmaßnahmen i.S.d. § 20 SGB V sind, die wegen des fehlenden unmittelbaren Krankheitsbezugs grundsätzlich nicht zu den von der Steuer befreiten Heilbehandlungen gehören.
Denn nach § 4 Nr. 14 S. 1 UStG gehören zu den steuerfreien Heilbehandlungen auch Leistungen, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht werden. Darunter fallen insbesondere Maßnahmen, die dem Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit dienen. Derartige Präventionsmaßnahmen fallen unter die Steuerbefreiung, wenn sie im Rahmen einer medizinischen Behandlung - aufgrund ärztlicher Anordnung oder mithilfe einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme - durchgeführt werden. Dabei können auch die im Streitfall von Betriebsärzten vorgenommenen Sammelüberweisungen von Arbeitnehmern zur Teilnahme an Raucherentwöhnungsseminaren den Anforderungen an die gebotene medizinische Indikation genügen, wenn sie auf medizinischen Feststellungen der Betriebsärzte beruhen.
Die Sache ist nicht spruchreif, weil das FG bislang u.a. noch nicht festgestellt hat, in welchem Umfang die Klägerin neben den nicht begünstigten Seminaren zur Gewichtsreduktion und zum Stress-Management tatsächlich Raucherentwöhnungsseminare durchgeführt hat und ob die Sammelüberweisungen der Betriebsärzte auf entsprechenden medizinischen Feststellungen beruhten. Die noch fehlende Aufklärung des Sachverhalts wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.
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