17.02.2020

Zur steuerlichen Behandlung von Aufwendungen zur Sanierung eines Entwässerungskanals

Aufwendungen für die (Erst- oder Zweit-)Herstellung von Zuleitungsanlagen eines Gebäudes zum öffentlichen Kanal gehören zu den Herstellungskosten des Gebäudes, soweit die Kosten für Anlagen auf privatem Grund und nicht für Anlagen der Gemeinde außerhalb des Grundstücks entstanden sind. Aufwendungen für die Ersetzung, Modernisierung oder (ggf. teilweise) Instandsetzung einer vorhandenen und funktionsfähigen Kanalisation sind demgegenüber --als Werbungskosten oder Betriebsausgaben-- sofort abziehbar, da sie weder zu den Anschaffungs- noch zu den Herstellungskosten zählen, sondern lediglich der Erhaltung des Grundstücks dienen.

BFH v. 3.9.2019 - IX R 2/19
Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob der Kläger Aufwendungen für die von der zuständigen Gemeinde angeordnete Erneuerung eines durch Wurzeleinwuchs beschädigten Anschlusskanals für Mischwasser als sofort abziehbare Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen kann oder ob es sich insoweit um Herstellungskosten eines von ihm auf dem Grundstück neu errichteten Gebäudes handelt.

Auf dem mit einem Erbbaurecht zugunsten des Klägers belasteten Grundstück war ein Abwasserkanal vorhanden, der den später abgerissenen Altbestand mit dem öffentlichen Abwassernetz verbunden hatte. Dieser - teilweise auf dem Erbbaugrundstück und teilweise unter öffentlichem Straßengrund verlaufende - Abwasserkanal war auch funktionsfähig, da der Kläger in der Bauphase über die bestehende Abwasserleitung Grundwasser in die öffentliche Kanalisation geleitet hat.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger u.a. die Kosten für die Beseitigung des Kanalschadens i.H.v. rd. 10.000 € als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr nicht an.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage teilweise statt.

Die Gründe:
Für die steuerliche Zuordnung von Erschließungsaufwand zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. zu den Werbungskosten hat die höchstrichterliche Rechtsprechung folgende Grundsätze entwickelt. Aufwendungen für eine erstmalige Erschließungsmaßnahme sind regelmäßig den Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 HGB) von Grund und Boden zuzurechnen, weil der erstmalige Anschluss an öffentliche Einrichtungen die (abstrakte) Nutzbarkeit des Grundstücks und damit dessen Wert erhöht. Solche Aufwendungen beziehen sich in erster Linie auf das Grundstück, weil sie dazu dienen, es baureif - und damit betriebsbereit i.S.d. § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB - zu machen; sie gehören als Voraussetzung für die Bebaubarkeit des Grundstücks nicht zu den Herstellungskosten des Gebäudes.

Voraussetzung der Zuordnung solcher Aufwendungen zu den Anschaffungskosten für Grund und Boden ist mithin, dass die Erschließungsmaßnahme das Grundstück auch tatsächlich "erschließt" und damit nicht lediglich seine konkrete Nutzung, sondern seinen Zustand - welcher bestimmt wird durch Größe, Lage, Zuschnitt, Grad der Bebaubarkeit sowie durch den Umfang seiner Erschließung - verändert. Vor diesem Hintergrund können Aufwendungen für eine (nachträgliche) Erschließungsmaßnahme und Aufwendungen für eine (zusätzliche) Zweiterschließung im Einzelfall auch sofort als Werbungskosten (bzw. Betriebsausgaben) abziehbar sein, wenn der Zustand des Grundstücks durch die neue Erschließungsmaßnahme nicht verändert wird, weil er sich nicht wesentlich von der bisherigen Erschließung unterscheidet. Führt die Maßnahme zu einer Werterhöhung des Grundstücks, steht dies einem Sofortabzug des Aufwands nicht entgegen.

Aufwendungen für die (Erst- oder Zweit-)Herstellung von Zuleitungsanlagen eines Gebäudes zum öffentlichen Kanal (sog. Hausanschlusskosten) einschließlich der sog. Kanalanstichgebühr gehören zu den Herstellungskosten des Gebäudes, soweit die Kosten für Anlagen auf privatem Grund und nicht für Anlagen der Gemeinde außerhalb des Grundstücks entstanden sind. Abweichend hiervon sind Aufwendungen für die Ersetzung, Modernisierung oder (ggf. teilweise) Instandsetzung einer vorhandenen Kanalisation - als Werbungskosten oder Betriebsausgaben - sofort abziehbar, da sie weder zu den Anschaffungs- noch zu den Herstellungskosten zählen, sondern lediglich der Erhaltung des Grundstücks dienen.

Vorliegend waren die Aufwendungen für die Instandsetzung und teilweise Erneuerung des vorhandenen und funktionsfähigen Abwasserrohrsystems als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung sofort abziehbar, da sie lediglich der Erhaltung des Grundstücks dienten. Sie waren nicht als Herstellungskosten zu qualifizieren, da sie weder der Herstellung eines neuen, bisher nicht vorhandenen Abwasserrohrsystems noch der Wiedererstellung eines zerstörten oder unbrauchbar gewordenen Rohrsystems dienten und auch nicht das Grundstück in seiner Funktion bzw. seinem Wesen verändert haben. Lediglich die Aufwendungen für die Verbindung des - sanierten - Abwasserkanals mit dem neuen Gebäude dienten insoweit der Herstellung des auf dem Erbbaugrundstück errichteten Zweifamilienhauses. Sie sind als Herstellungskosten lediglich im Rahmen der AfA zu berücksichtigen und mithin nicht sofort abziehbar. Ein Abzug von AfA ist im Streitjahr jedoch (noch) nicht möglich, da das maßgebliche Immobilienobjekt zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertig gestellt war.
BFH online
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