09.02.2017

Zur steuerlichen Behandlung von in einem Verlagsvertrag vereinbarten sog. Vorschusszahlungen

Zahlungen ohne Rückzahlpflicht, die ein Verlag zum Zweck der Vorfinanzierung erwarteter GEMA-Zahlungen an den Urheber erbringt und die mit den Ausschüttungen der GEMA zu verrechnen sind, müssen unabhängig davon, ob sie als vorzeitige Teilerfüllung einer Vergütungspflicht des Verlages anzusehen sind, mit dem Zufluss als Betriebseinnahmen erfasst werden. Es fehlt in diesem Fall an einer darlehenstypischen Vereinbarung über eine unbedingte Rückzahlungsverpflichtung.

BFH 2.8.2016, VIII R 4/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte in den Streitjahren 2005 und 2006 u.a. freiberuflich als Autor/Musikproduzent gearbeitet und seine Einnahmen durch Einnahmenüberschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Er hatte bereits im Jahr 1998 mit der X. einen sog. Autoren-Exklusivvertrag geschlossen, dessen Gegenstand die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Publikation und verlegerischen Auswertung von Werken der Tonkunst war (Verlagsvertrag).

Mit dem Verlagsvertrag verpflichtete sich die X "mit Abschluss des Vertrages an den Autor eine nichtverzinsliche, nicht rückzahlbare, jedoch vollständig verrechenbare Vorauszahlung i.H.v. 30.000 DM zu leisten, die fällig ist mit Unterschrift des Vertrages, jedoch nicht vor Genehmigung der GEMA-Generalzession". Unter der Voraussetzung der Verrechenbarkeit gewährleistete der Kläger, dass diese Vorauszahlung mit seinem ihm jeweils zustehenden Autorenanteil aus der Auswertung seiner Werke verrechnet werden konnte. Zur Sicherung trat der Kläger seine ihm weltweit als Autor zustehenden Auswertungserlöse, die ihm durch Dritte gezahlt werden, bis zur Höhe des Vorschussbetrages an die X ab.

Der Verlagsvertrag aus dem Jahr 1998 wurde mehrfach verlängert, ergänzt bzw. geändert. In diesem Zusammenhang wurden weitere sog. Vorauszahlungen "zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer gegen Rechnungstellung" vereinbart. Der Kläger erfasste in den Streitjahren die von der X gezahlten sog. Vorschüsse nicht als Einnahmen, sondern als Auszahlung von Darlehensmitteln. Als Einnahmen behandelte er lediglich die ihm zustehenden Zahlungen der GEMA (Autorenanteil), die aufgrund der Abtretung allerdings nicht an den Kläger, sondern direkt an die X geleistet wurden. Das Finanzamt war hingegen der Ansicht, die sog. Vorauszahlungen seien bereits mit dem Zufluss als steuerpflichtig zu behandeln. Soweit Vorschüsse später zurückgezahlt würden, stellten sie Betriebsausgaben im Jahr der Rückzahlung dar. Infolgedessen erließ es Einkommensteueränderungsbescheide für die Streitjahre, die Gewinnerhöhungen von 15.081 € (2005) und 71.149 € (2006) auswiesen.

Die hiergegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Gründe:
Die von der X an den Kläger erbrachten Zahlungen waren als Betriebseinnahmen zu erfassen.

Die Zahlungen waren nicht aufgrund eines Darlehensvertrages zugeflossen. Maßgeblich bei der zwischen dem Kläger und der X getroffenen Abreden war neben dem Wortlaut der Vereinbarung, dass die Vorschusszahlung wesentlicher Bestandteil der Gegenleistung der X für die Verwertungsrechte des Klägers und die Mindestablieferungspflicht von Musikstücken war. Berücksichtigt werden konnte dabei auch, dass es an einer klaren Vereinbarung über ein Darlehen fehlte und dass die Vertragsparteien keine gegenüber dem Verlagsvertrag unabhängige Schuld begründen wollten.

Allein der Umstand, dass der Kläger die nicht rückzahlbaren Zahlungen mit seinen Ansprüchen gegenüber der GEMA (Autorenanteil) zu verrechnen hatte, begründete keine - gegenüber den vertraglichen Vereinbarungen - gesonderte Darlehensabrede mit der X. Zum einen löste die Verpflichtung die Vorfinanzierungszusage nicht aus dem Regelungsgeflecht des Verlagsvertrages. Zum anderen war die Erstattungspflicht des Klägers auf die Verrechnung mit den ihm zustehenden Vergütungsansprüchen gegenüber der GEMA (Autorenanteil) beschränkt. Sie führte - abgesehen vom Fall der Beendigung der Mitgliedschaft in der GEMA - nur im Erfolgsfall zur Rückführung der Zahlungen an die X.

Dementsprechend hatten die Beteiligten auf die Vereinbarung fester Rückzahlungstermine oder -beträge verzichtet. Es fehlte somit an einer darlehenstypischen Vereinbarung über eine unbedingte Rückzahlungsverpflichtung des Klägers.

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