Zur Steuerpflicht eines Kanzleiabwicklers
BFH v. 29.4.2020 - XI R 18/19
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Rechtsanwalt. Vom 2.12.2013 bis zum 12.4.2018 war er von der Rechtsanwaltskammer zum Abwickler der einer Rechtsanwaltskanzlei bestellt worden. Das Finanzamt war der Ansicht, der Kläger sei verpflichtet, als Abwickler Umsatzsteuererklärungen und Einnahmenüberschussrechnungen abzugeben.
Der Kläger war anderer Ansicht. Das FG entschied, dass der Kläger Vermögensverwalter i.S.d. § 34 Abs. 3 AO sei. Dies ergebe sich aus dem Zweck der Regelung. Wer anstelle des originären Steuerschuldners einen diesen verdrängenden Zugriff auf dessen Vermögenswerte habe, solle auch für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten verantwortlich sein. Der BFH bestätigte diese Ansicht.
Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger als Kanzleiabwickler die streitige Umsatzsteuer schuldet.
Der Kanzleiabwickler ist ein Vermögensverwalter gem. § 34 Abs. 3 AO. Er ist zwar nicht Verwalter des Vermögens des früheren Rechtsanwalts. Hinsichtlich der ihm nach § 55 BRAO obliegenden Aufgaben ist er aber Vermögensverwalter für den früheren Kanzleiinhaber und insoweit vergleichbar mit einem Zwangsverwalter eines Grundstücks, der nach der Rechtsprechung ein Vermögensverwalter ist. Wie beim Zwangsverwalter ist die Verfügungsbefugnis des Abwicklers auf den Teilbereich des Vermögens des von der Abwicklung betroffenen Rechtsanwalts begrenzt, der zu den von ihm abzuwickelnden Angelegenheiten gehört.
Der Abwickler hat sowohl die Hauptaufgabe, die laufenden Mandate abzuwickeln, als auch die Aufgabe, das in der abzuwickelnden Kanzlei gebundene Vermögen zu verwalten. Dies betrifft insbesondere den Mandantenstamm (§ 55 Abs. 2 BRAO), der einen Vermögenswert darstellt, aber auch weitere Vermögenswerte, insbesondere das Treugut (§ 55 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 53 Abs. 10 Satz 1 BRAO). Er ist ausdrücklich gem. § 53 Abs. 10 Satz 2 BRAO gegenüber dem ehemaligen Rechtsanwalt nicht weisungsgebunden.
Soweit seine Vermögensverwaltung reicht, hat er die steuerrechtlichen Pflichten zu erfüllen. Neben den Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten, die sich auch aus § 55 BRAO ergeben, ist er insbesondere zur Abgabe von Umsatzsteuererklärungen und Abführung der Umsatzsteuer verpflichtet, die sich aus Umsätzen aufgrund der abgewickelten Mandate ergeben. Das betrifft die Eingangs- wie auch die Ausgangsumsätze, die seiner Abwicklung unterliegen. Dies entspricht auch der Ansicht der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und der überwiegenden Meinung in der Literatur
Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass der Testamentsvollstrecker anstelle des Erben nicht zur Abgabe von Steuererklärungen verpflichtet sei, bleibt unbeachtet, dass der BFH diese Einschränkung auf die Einkommensteuer- und Vermögensteuererklärungen bezogen hat, weil insoweit die Erklärungspflichten dem Erben auferlegt und diese der Beschaffung aller (nicht nur der mit dem Nachlass zusammenhängenden) erforderlichen Grundlagen dienen. Die steuerrechtlichen Pflichten des Vermögensverwalters bestehen nur insoweit, als er sie erfüllen kann. Die für die Umsatzsteuererklärungen erforderlichen Grundlagen (Belege zu den Eingangs- und Ausgangsumsätzen) befinden sich aber im Zugriff des Abwicklers der Kanzlei.
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Der Kläger ist Rechtsanwalt. Vom 2.12.2013 bis zum 12.4.2018 war er von der Rechtsanwaltskammer zum Abwickler der einer Rechtsanwaltskanzlei bestellt worden. Das Finanzamt war der Ansicht, der Kläger sei verpflichtet, als Abwickler Umsatzsteuererklärungen und Einnahmenüberschussrechnungen abzugeben.
Der Kläger war anderer Ansicht. Das FG entschied, dass der Kläger Vermögensverwalter i.S.d. § 34 Abs. 3 AO sei. Dies ergebe sich aus dem Zweck der Regelung. Wer anstelle des originären Steuerschuldners einen diesen verdrängenden Zugriff auf dessen Vermögenswerte habe, solle auch für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten verantwortlich sein. Der BFH bestätigte diese Ansicht.
Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger als Kanzleiabwickler die streitige Umsatzsteuer schuldet.
Der Kanzleiabwickler ist ein Vermögensverwalter gem. § 34 Abs. 3 AO. Er ist zwar nicht Verwalter des Vermögens des früheren Rechtsanwalts. Hinsichtlich der ihm nach § 55 BRAO obliegenden Aufgaben ist er aber Vermögensverwalter für den früheren Kanzleiinhaber und insoweit vergleichbar mit einem Zwangsverwalter eines Grundstücks, der nach der Rechtsprechung ein Vermögensverwalter ist. Wie beim Zwangsverwalter ist die Verfügungsbefugnis des Abwicklers auf den Teilbereich des Vermögens des von der Abwicklung betroffenen Rechtsanwalts begrenzt, der zu den von ihm abzuwickelnden Angelegenheiten gehört.
Der Abwickler hat sowohl die Hauptaufgabe, die laufenden Mandate abzuwickeln, als auch die Aufgabe, das in der abzuwickelnden Kanzlei gebundene Vermögen zu verwalten. Dies betrifft insbesondere den Mandantenstamm (§ 55 Abs. 2 BRAO), der einen Vermögenswert darstellt, aber auch weitere Vermögenswerte, insbesondere das Treugut (§ 55 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 53 Abs. 10 Satz 1 BRAO). Er ist ausdrücklich gem. § 53 Abs. 10 Satz 2 BRAO gegenüber dem ehemaligen Rechtsanwalt nicht weisungsgebunden.
Soweit seine Vermögensverwaltung reicht, hat er die steuerrechtlichen Pflichten zu erfüllen. Neben den Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten, die sich auch aus § 55 BRAO ergeben, ist er insbesondere zur Abgabe von Umsatzsteuererklärungen und Abführung der Umsatzsteuer verpflichtet, die sich aus Umsätzen aufgrund der abgewickelten Mandate ergeben. Das betrifft die Eingangs- wie auch die Ausgangsumsätze, die seiner Abwicklung unterliegen. Dies entspricht auch der Ansicht der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und der überwiegenden Meinung in der Literatur
Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass der Testamentsvollstrecker anstelle des Erben nicht zur Abgabe von Steuererklärungen verpflichtet sei, bleibt unbeachtet, dass der BFH diese Einschränkung auf die Einkommensteuer- und Vermögensteuererklärungen bezogen hat, weil insoweit die Erklärungspflichten dem Erben auferlegt und diese der Beschaffung aller (nicht nur der mit dem Nachlass zusammenhängenden) erforderlichen Grundlagen dienen. Die steuerrechtlichen Pflichten des Vermögensverwalters bestehen nur insoweit, als er sie erfüllen kann. Die für die Umsatzsteuererklärungen erforderlichen Grundlagen (Belege zu den Eingangs- und Ausgangsumsätzen) befinden sich aber im Zugriff des Abwicklers der Kanzlei.