18.03.2014

Zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen

Im Hinblick auf das sich aus dem Unionsrecht ergebende Erfordernis der Rechtssicherheit ist § 13b Abs. 2 S. 2 UStG dahingehend teleologisch einschränkend auszulegen, dass eine Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger nur dann in Betracht kommt, wenn der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet.

BFH 11.12.2013, XI R 21/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger war im Streitjahr 2007 überwiegend als "Bauträger" tätig. Er war zugleich alleiniger Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der X-GmbH, über deren Vermögen im März 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Kläger hatte im Streitjahr von der GmbH Rohbauarbeiten für ein Wohn- und Geschäftshaus bezogen. Dafür erteilte die GmbH zunächst zwischen zwölf Abschlagsrechnungen, in denen sie auf die angeforderten Abschlagszahlungen § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG anwandte und den Kläger auf eine Steuerschuldnerschaft als Leistungsempfänger hinwies. Der Kläger meldete die Umsatzsteuer aus den Umsätzen der GmbH in seinen Umsatzsteuer-Voranmeldungen an und führte diese ab.

In der Schlussrechnung von Dezember 2007 hingegen wies die GmbH Umsatzsteuer offen aus. In seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 4. Quartal 2007 erklärte der Kläger erhaltene Bauleistungen gem. § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG, für die er als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schulde, mit einer negativen Bemessungsgrundlage. Das Finanzamt folgte dem nach Durchführung einer Außenprüfung nicht, sondern ging im Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für das 4. Quartal 2007 davon aus, dass gem. § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG der Kläger als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für die an ihn erbrachten Bauleistungen schulde.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG konnte bei seiner Entscheidung noch nicht berücksichtigen, dass nach der neueren BFH-Rechtsprechung (Urt. v. 22.8.2013, Az.: V R 37/10) § 13b Abs. 2 S. 2 UStG dahingehend einschränkend auszulegen ist, dass es für die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger darauf ankommt, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Dazu sind vom FG weitere Feststellungen zu treffen.

Ausgehend davon ist - wie der V. Senat unter Berufung auf das EuGH-Urteil vom 13.12.2012 (C-395/11 - BLV Wohn- und Gewerbebau GmbH) entschieden hat - im Hinblick auf das sich aus dem Unionsrecht ergebende Erfordernis der Rechtssicherheit § 13b Abs. 2 S. 2 UStG dahingehend teleologisch einschränkend auszulegen, dass eine Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger nur dann in Betracht kommt, wenn der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet.

Der erkennende Senat hat sich dieser Auffassung im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung angeschlossen. Zwar erging das Urteil des V. Senats zur Rechtslage im Jahr 2005 aufgrund einer anderen Rechtsgrundlage. Mit Einführung des Art. 199 der MwStSystRL zum 1.1.2007 wurden jedoch lediglich alle Mitgliedstaaten durch eine unbefristete Bestimmung in die Lage versetzt, in bestimmten Fällen den Leistungsempfänger als Steuerschuldner zu bestimmen, um die Vorschriften zu vereinfachen und die Steuerhinterziehung und -umgehung in bestimmten Sektoren oder bei bestimmten Arten von Umsätzen zu bekämpfen. An § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Abs. 2 S. 2 UStG hat sich dadurch nichts geändert.

Entgegen der Auffassung des Finanzamtes ist jedoch nicht entscheidungserheblich, ob sich die Beteiligten über die Handhabung der Steuerschuldnerschaft ursprünglich einig waren und ob möglicherweise der Leistungsempfänger dem Leistenden eine Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vorgelegt hatte. Denn das Gesetz stellt den Übergang der Steuerschuldnerschaft zur Sicherung des Steueranspruchs nicht zur Disposition der Vertragsparteien.

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