24.02.2015

Zur Tarifbegünstigung für den Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils

Der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils unterliegt nicht der Tarifbegünstigung, wenn der Steuerpflichtige zuvor aufgrund einheitlicher Planung und im zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung einen Teil des ursprünglichen Mitunternehmeranteils ohne Aufdeckung der stillen Reserven übertragen hat.

BFH 9.12.2014, IV R 36/13
Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob der Gewinn aus der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen durch den Beigeladenen tarifbegünstigt ist. Der Beigeladene war mit einem Kommanditanteil i.H.v. 130.000 DM an der Klägerin und mit einem Geschäftsanteil i.H.v. 18.200 DM an der Komplementär-GmbH beteiligt. Mit notariellen Verträgen von September 2003 übertrug der Beigeladene einen Teil-Kommanditanteil i.H.v. 80.000 DM an der Klägerin und einen Teil-Geschäftsanteil i.H.v. 11.200 DM an der Komplementär-GmbH unentgeltlich auf seine Ehefrau.

Mit weiteren notariellen Verträgen von September 2003 veräußerte der Beigeladene den verbliebenen Kommanditanteil an der Klägerin i.H.v. 50.000 DM und den verbliebenen Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH i.H.v. 7.000 DM an die X Ltd. Nach einer Außenprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass durch die Veräußerung der Kommanditanteile an die Ltd. ein Veräußerungsgewinn entstanden sei. Diesen erfasste das Finanzamt daraufhin nicht als einen nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 EStG begünstigten, sondern als laufenden (Veräußerungs-)Gewinn nach § 16 Abs. 1 S. 2 EStG.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab.

Die Gründe:
Das FG ist in zu Recht davon ausgegangen, dass für den Gewinn aus der Veräußerung des verbliebenen Mitunternehmeranteils, bestehend aus dem Kommanditanteil an der Klägerin i.H.v. 50.000 DM und dem Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH i.H.v. 7.000 DM, die Tarifbegünstigung gem. § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG nicht zu gewähren ist.

Der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils gem. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG unterliegt nicht der Tarifbegünstigung gem. § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG, wenn der Steuerpflichtige zuvor aufgrund einheitlicher Planung und im zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung des Mitunternehmeranteils einen Teil des ursprünglichen Mitunternehmeranteils gem. § 6 Abs. 3 EStG unentgeltlich auf einen Angehörigen übertragen hat. Der Beigeladene hat vorliegend zunächst den Teil eines Mitunternehmeranteils, bestehend aus einem Teil-Kommanditanteil und einem Teil-Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH, unentgeltlich auf seine Ehefrau übertragen. Daraufhin hat er den verbliebenen, aber verkleinerten Mitunternehmeranteil i.S.d. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG und nicht einen Teil eines Mitunternehmeranteils i.S.d. § 16 Abs. 1 S. 2 EStG veräußert.

Die unentgeltliche Übertragung des Teils des Mitunternehmeranteils auf die Ehefrau gem. § 6 Abs. 3 S. 1 EStG ist zwingend zum Buchwert erfolgt; insoweit ist kein Veräußerungsgewinn entstanden. Der Gewinn aus der im Anschluss an die unentgeltliche Teilanteilsübertragung erfolgten Veräußerung des verbliebenen, verkleinerten Mitunternehmeranteils gem. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG ist nicht tarifbegünstigt gem. § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG. Ein Veräußerungsgewinn i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG unterliegt der Tarifbegünstigung nur, wenn er auch "außerordentlich" ist. Dies setzt bei allen Tatbeständen des § 34 Abs. 2 EStG eine atypische Zusammenballung voraus. Die Tarifbegünstigung gem. § 34 EStG setzt voraus, dass alle stillen Reserven, die in den wesentlichen Grundlagen einer betrieblichen Sachgesamtheit angesammelt wurden, in einem einheitlichen Vorgang aufgelöst werden.

Ausgehend davon ist für die Tarifbegünstigung eines Gewinns aus der Veräußerung einer der unter den Tatbestand des § 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1 bis 3 EStG fallenden Sachgesamtheiten gem. § 34 Abs. 1 und Abs. 2 EStG grundsätzlich eine zeitraumbezogene Betrachtung geboten, wenn aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung der betrieblichen Sachgesamtheit eine dieser Sachgesamtheit zugeordnete wesentliche Betriebsgrundlage ohne Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven aus deren Betriebsvermögen ausgeschieden ist. Umfasst ein "Veräußerungsplan" mehrere Teilakte, so gebietet der Zweck der Tarifbegünstigung, sämtliche Teilakte miteinander zu verklammern und als einen einheitlichen Vorgang im Hinblick auf die Zusammenballung der Einkünfte zu betrachten. Außerordentliche Einkünfte liegen daher nicht vor, wenn durch einzelne Teilakte des einheitlich zu betrachtenden Vorgangs nicht alle stillen Reserven aufgedeckt werden.

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall unterliegt der hier streitige Veräußerungsgewinn nicht der Tarifbegünstigung gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 2 EStG. Zwar hat der Beigeladene durch die Veräußerung des verkleinerten, gesamten Mitunternehmeranteils einen Veräußerungsgewinn i.S.d. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG erzielt. Auch unterfällt dieser Veräußerungsgewinn der Regelung in § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Der Veräußerungsgewinn ist aber nicht außerordentlich i.S.d. § 34 Abs. 2 Halbs. 1 EStG, weil der Beigeladene vor der Veräußerung einen Teil des ursprünglichen Mitunternehmeranteils gem. § 6 Abs. 3 EStG unentgeltlich und damit ohne Aufdeckung der darin enthaltenen anteiligen stillen Reserven auf seine Ehefrau übertragen hat.

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