Zur Tarifermäßigung bei Auszahlung des Rückkaufswertes einer Versicherung der betrieblichen Altersversorgung nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG
Kurzbesprechung
BFH v. 6.5.2020 - X R 24/19
EStG § 3 Nr. 63, § 22 Nr. 5 S. 1, § 34 Abs. 1 u. Abs. 2 Nr. 4,
BetrAVG § 3
Der Steuerpflichtige erzielte im Streitjahr 2016 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Außerdem erhielt er von einer Pensionskasse eine Einmalzahlung in Höhe von 25.956 €, die das FA als sonstige Einkünfte in vollem Umfang gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG der Besteuerung unterwarf.
Der Einmalzahlung lagen zwei Rentenversicherungsverträge zugrunde, die die früheren Arbeitgeber des Steuerpflichtige in den Jahren 2002 und 2006 im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge als Versicherungsnehmer bei der Pensionskasse abgeschlossen hatten und die durch Bruttoentgeltumwandlung finanziert wurden. Die monatlichen Beiträge waren gemäß § 3 Nr. 63 EStG als steuerfrei behandelt worden. Die Auszahlung der Altersrenten zugunsten des versicherten Steuerpflichtigen sollte im Februar 2032 beginnen.
Im Jahr 2015 wurden die Verträge wegen eines finanziellen Engpasses des Steuerpflichtigen zunächst beitragsfrei gestellt, nachfolgend vom damaligen Arbeitgeber auf Wunsch des Steuerpflichtigen gekündigt und mit Wirkung zum 01.01.2016 aufgelöst. Die aus Versicherungswerten und Überschussanteilen bestehenden Auszahlungsbeträge leitete der Arbeitgeber an den Steuerpflichtigen weiter.
Dem Begehren des Steuerpflichtigen, die Einmalzahlung ermäßigt nach der sog. Fünftel-Regelung gemäß § 34 Abs. 1 EStG zu besteuern, kam das FA nicht nach.
Nachdem das FG dem Klagebegehren stattgegeben hatte, hob der BFH im Revisionsverfahren die Entscheidung der Vorinstanz wieder auf und verwies den Streitfall zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an das FG zurück.
Die einmalige Kapitalabfindung eines Anspruchs auf laufende Altersbezüge ist grundsätzlich als Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten anzusehen.
Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes erfordert jedoch sowohl nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 1 EStG als auch nach dem Einleitungssatz des § 34 Abs. 2 EStG zusätzlich die "Außerordentlichkeit" dieser Einkünfte; dies dient der Einschränkung des eher weit geratenen Wortlauts des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG. Hierbei ist das Kriterium der Atypik entscheidend. In den Fällen, in denen es um die Begünstigung einer Einmalzahlung nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG geht, setzt dies voraus, dass eine solche Einmalzahlung für den betreffenden Lebens-, Wirtschafts- und Regelungsbereich atypisch ist.
Die Kündigung bzw. Aufhebung nach eingetretener Unverfallbarkeit der Anwartschaft widersprach nicht den Regelungen des BetrAVG. Die Außerordentlichkeit der Einmalzahlung folgte auch nicht aus der weiteren Erwägung des FG, die Kündigung und vorzeitige Auszahlung des Rückkaufswertes widerspreche dem Zweck von Altersvorsorgeverträgen. Nach Auffassung des BFH ist die Frage der Atypik im Rahmen der vorliegend betroffenen zweiten Schicht des Drei-Schichten-Modells auf der Grundlage empirisch-statistischer Daten wertend zu beantworten.
Im Streitfall konnte der BFH nicht zu erkennen, dass vor Erreichen der Altersgrenze vorgenommene Kapitalauszahlungen im Bereich der betrieblichen Altersversorgung --anders als (generell) bei der Basisversorgung bereits im Hinblick auf die Charakteristik der zweiten Schicht des Drei-Schichten-Modells als atypisch anzusehen wären.
Die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen müssen nun im zweiten Rechtsgang nachgeholt werden. Für die vorzunehmende wertende Beurteilung der Einmalzahlung ist dabei auf sämtliche Versicherungsverträge abzustellen, die zu gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zu versteuernden Leistungen aus Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen führen und die während der Geltung der im Streitjahr maßgebenden Rechtslage (d.h. ab Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes --AltEinkG-- am 01.01.2005 bis gegenwärtig) durch eine einmalige Kapitalabfindung bei Rentenbeginn oder vorzeitig durch Kündigung bzw. durch sonstige Vertragsauflösung mit der Folge einer Auszahlung des Rückkaufswertes beendet worden sind.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 3 Nr. 63, § 22 Nr. 5 S. 1, § 34 Abs. 1 u. Abs. 2 Nr. 4,
BetrAVG § 3
Der Steuerpflichtige erzielte im Streitjahr 2016 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Außerdem erhielt er von einer Pensionskasse eine Einmalzahlung in Höhe von 25.956 €, die das FA als sonstige Einkünfte in vollem Umfang gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG der Besteuerung unterwarf.
Der Einmalzahlung lagen zwei Rentenversicherungsverträge zugrunde, die die früheren Arbeitgeber des Steuerpflichtige in den Jahren 2002 und 2006 im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge als Versicherungsnehmer bei der Pensionskasse abgeschlossen hatten und die durch Bruttoentgeltumwandlung finanziert wurden. Die monatlichen Beiträge waren gemäß § 3 Nr. 63 EStG als steuerfrei behandelt worden. Die Auszahlung der Altersrenten zugunsten des versicherten Steuerpflichtigen sollte im Februar 2032 beginnen.
Im Jahr 2015 wurden die Verträge wegen eines finanziellen Engpasses des Steuerpflichtigen zunächst beitragsfrei gestellt, nachfolgend vom damaligen Arbeitgeber auf Wunsch des Steuerpflichtigen gekündigt und mit Wirkung zum 01.01.2016 aufgelöst. Die aus Versicherungswerten und Überschussanteilen bestehenden Auszahlungsbeträge leitete der Arbeitgeber an den Steuerpflichtigen weiter.
Dem Begehren des Steuerpflichtigen, die Einmalzahlung ermäßigt nach der sog. Fünftel-Regelung gemäß § 34 Abs. 1 EStG zu besteuern, kam das FA nicht nach.
Nachdem das FG dem Klagebegehren stattgegeben hatte, hob der BFH im Revisionsverfahren die Entscheidung der Vorinstanz wieder auf und verwies den Streitfall zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an das FG zurück.
Die einmalige Kapitalabfindung eines Anspruchs auf laufende Altersbezüge ist grundsätzlich als Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten anzusehen.
Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes erfordert jedoch sowohl nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 1 EStG als auch nach dem Einleitungssatz des § 34 Abs. 2 EStG zusätzlich die "Außerordentlichkeit" dieser Einkünfte; dies dient der Einschränkung des eher weit geratenen Wortlauts des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG. Hierbei ist das Kriterium der Atypik entscheidend. In den Fällen, in denen es um die Begünstigung einer Einmalzahlung nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG geht, setzt dies voraus, dass eine solche Einmalzahlung für den betreffenden Lebens-, Wirtschafts- und Regelungsbereich atypisch ist.
Die Kündigung bzw. Aufhebung nach eingetretener Unverfallbarkeit der Anwartschaft widersprach nicht den Regelungen des BetrAVG. Die Außerordentlichkeit der Einmalzahlung folgte auch nicht aus der weiteren Erwägung des FG, die Kündigung und vorzeitige Auszahlung des Rückkaufswertes widerspreche dem Zweck von Altersvorsorgeverträgen. Nach Auffassung des BFH ist die Frage der Atypik im Rahmen der vorliegend betroffenen zweiten Schicht des Drei-Schichten-Modells auf der Grundlage empirisch-statistischer Daten wertend zu beantworten.
Im Streitfall konnte der BFH nicht zu erkennen, dass vor Erreichen der Altersgrenze vorgenommene Kapitalauszahlungen im Bereich der betrieblichen Altersversorgung --anders als (generell) bei der Basisversorgung bereits im Hinblick auf die Charakteristik der zweiten Schicht des Drei-Schichten-Modells als atypisch anzusehen wären.
Die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen müssen nun im zweiten Rechtsgang nachgeholt werden. Für die vorzunehmende wertende Beurteilung der Einmalzahlung ist dabei auf sämtliche Versicherungsverträge abzustellen, die zu gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zu versteuernden Leistungen aus Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen führen und die während der Geltung der im Streitjahr maßgebenden Rechtslage (d.h. ab Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes --AltEinkG-- am 01.01.2005 bis gegenwärtig) durch eine einmalige Kapitalabfindung bei Rentenbeginn oder vorzeitig durch Kündigung bzw. durch sonstige Vertragsauflösung mit der Folge einer Auszahlung des Rückkaufswertes beendet worden sind.