Zur Unternehmensidentität bei Verschmelzung einer atypisch still beteiligten GmbH auf eine still beteiligte Personengesellschaft
BFH 11.10.2012, IV R 38/09Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG und betreibt ein gewerbliches Unternehmen, dessen Gegenstand die Herstellung von Mappen und Büchern, die buchbinderisch-industrielle Fertigung von Büro- und Industriebedarfsartikeln sowie der Vertrieb dieser Erzeugnisse und der Handel mit branchenverwandten Waren ist. Sie war zudem Alleingesellschafterin der X-GmbH. Deren Unternehmensgegenstand war der Handel mit hochwertigen Büchern.
Im Oktober 1992 hatte die X-GmbH mit D. einen Vertrag über eine stille Gesellschaft geschlossen. D. hatte sich bereits seit September 1987 als atypischer stiller Gesellschafter beteiligt. Der stille Gesellschafter erhielt von dem Gewinn oder Verlust der GmbH 80 % und war mit einem entsprechenden Anteil auch an den stillen Reserven beteiligt. Im November 1992 verkaufte D. seine stille Beteiligung an der X-GmbH an die Klägerin und übertrug im Juni 1998 ihr Vermögen unter Ausschluss der Abwicklung gem. §§ 4 ff., 46 ff. UmwG auf die Klägerin. Die Verschmelzung wurde im Oktober 1998 in das Handelsregister eingetragen.
Die Klägerin machte gegenüber der Steuerbehörde geltend, dass der festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust der X-GmbH & atypisch still bei der Festsetzung ihres Gewerbesteuermessbetrags zu berücksichtigen sei. Das Finanzamt berücksichtigte den atypisch still festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust allerdings nicht, da es an der für eine Berücksichtigung erforderlichen Unternehmensidentität fehle.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage im vollen Umfang ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Die Gründe:
Zwar war das FG zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin der begehrte Verlustabzug nicht bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen zu gewähren war. Insbesondere kam dem Verlustfeststellungsbescheid nicht die von der Klägerin begehrte Bindungswirkung zu. Denn die Regelungswirkung eines Bescheids, der einen vortragsfähigen Gewerbeverlust zum 31.12. eines Jahres feststellt, kann sich nicht auf Umstände beziehen, die sich erst im Folgejahr ereignen. Insoweit trifft der Bescheid auch keine Feststellungen, die für Folgebescheide Bindung entfalten könnten.
Rechtsfehlerhaft hatte das FG jedoch der kapitalmäßigen Beteiligung des atypisch still an einer Gesellschaft Beteiligten entscheidende Bedeutung beigemessen für die Frage, ob die nach § 10a GewStG erforderliche Unternehmensidentität zwischen dem Betrieb der X-GmbH & atypisch still und dem Betrieb der Klägerin gegeben war. Gem. § 10a S. 1 GewStG wird der maßgebende Gewerbeertrag um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt wurden. Die Kürzung des Gewerbeertrags setzt sowohl Unternehmeridentität als auch Unternehmensidentität voraus.
Infolgedessen muss die von § 10a GewStG geforderte Unternehmensidentität im vorliegenden Fall zwischen dem Gewerbebetrieb bestehen, den die X-GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts bis zu ihrer Verschmelzung auf die Klägerin geführt hat, und dem Gewerbebetrieb, den die Klägerin nach der Verschmelzung (fort-)geführt hat, auch wenn es um die Berücksichtigung des für die X-GmbH & atypisch still festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlustes geht. Der für die Klägerin atypisch still festgestellte Gewerbeverlust geht mangels Unternehmeridentität in dem Umfang unter, in dem er nach der gesellschaftsinternen Verteilung auf die verschmolzene GmbH entfiel.
Das FG war von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Es hat - aus seiner Sicht zutreffend - bislang keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die erforderliche Unternehmensidentität zwischen dem Gewerbebetrieb besteht, den die X-GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts bis zu ihrer Verschmelzung auf die Klägerin geführt hat, und dem Gewerbebetrieb, den die Klägerin nach dieser Verschmelzung (fort-)geführt hat. Es muss im weiteren Verfahren die erforderlichen Feststellungen nachholen.
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