Zur verdeckten Gewinnausschüttung wegen vorzeitiger Kapitalabfindung einer Pensionszusage
BFH 23.10.2013, I R 89/12Die Klägerin ist eine GmbH. Sie hatte ihren beiden Gesellschafter-Geschäftsführern im August 1984 inhaltsgleiche Versorgungszusagen erteilt. Danach sollten diese u.a. eine einmalige Kapitalzahlung i.H.v. 750.000 DM erhalten, wenn sie nach vollendetem 60. Lebensjahr aus dem Dienst ausschieden. Mit Nachtrag aus Februar 1996 wurde in Anpassung an das allgemeine Gehaltsniveau die einmalige Kapitalzahlung auf 850.000 DM erhöht.
Die zur Absicherung des Pensionsanspruchs des Geschäftsführers H. abgeschlossene Rückdeckungsversicherung wurde aufgrund des Vertragsablaufs am 30.12.2005 i.H.v. 798.256 € auf ein Konto der Klägerin überwiesen, die die Pensionsleistung von 850.000 DM (434.598 €) im Januar 2006 an H., der weiterhin bei ihr als Geschäftsführer tätig war, auszahlte. Die Klägerin buchte die erhaltene Versicherungsleistung gegen die bilanzierte Forderung (Rückdeckungsversicherung); den darüber hinausgehenden Betrag berücksichtigte sie gewinnerhöhend. Die Auszahlung des Pensionsbetrages an H. buchte sie gegen die in der Bilanz vorhandene Pensionsrückstellung. Der die Rückstellung übersteigende Betrag i.H.v. 130.299 € (Rückstellung zum 30.9.2005: 304.299 €) wurde im Ergebnis gewinnmindernd behandelt.
Das Finanzamt gelangte zur Annahme von verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA): Die den Gesellschafter-Geschäftsführern im Jahre 1996 zugesagte Erhöhung der Kapitalbeträge um 100.000 DM könne steuerrechtlich nicht anerkannt werden, weil sie im Erhöhungszeitpunkt nicht mehr erdienbar gewesen sei. Die Auszahlung von 434.598 € im Streitjahr 2006 habe gegen den eindeutigen Wortlaut der Vereinbarung aus August 1984 verstoßen, die für den Pensionsanspruch nicht nur die Vollendung des 60. Lebensjahres, sondern auch das Ausscheiden des Begünstigten aus den Diensten der Klägerin vorausgesetzt habe. Letztlich könne die durch die Auszahlung bedingte Vermögensminderung nicht mit der gleichzeitig erfolgten Auflösung der Pensionsrückstellung saldiert werden.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilwiese statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage insgesamt ab.
Die Gründe:
Zwar war der Vorinstanz darin zuzustimmen, dass jedenfalls die Kapitalauszahlung durch das Gesellschaftsverhältnis im Streitjahr 2006 veranlasst war; die Klägerin hatte den Kapitalbetrag ausgezahlt, obschon der vereinbarte Leistungsfall noch nicht eingetreten war. Dass sie damit einhergehend die bis dato gebildete Pensionsrückstellung aufgelöst hatte, ließ die infolge der Kapitalauszahlung bewirkte Vermögensminderung allerdings nicht entfallen. Das FG hatte deshalb im Ergebnis zu Unrecht das Vorliegen einer vGA auch im Umfang der getätigten Kapitalauszahlung verneint.
Findet eine GmbH die einem beherrschenden - oder infolge gleichgelagerter Interessen steuerrechtlich als beherrschend behandelten - Gesellschafter-Geschäftsführer erteilte Zusage auf laufende Rentenzahlungen entgegen der zugrundeliegenden Versorgungsvereinbarung vor der Beendigung des Dienstverhältnisses in einem Einmalbetrag durch Auszahlung der fälligen Beträge aus einer Rückdeckungsversicherung ab, indiziert das die im Gesellschaftsverhältnis liegende Veranlassung der Kapitalabfindung. Die vorzeitige Auszahlung dürfte sich - wie das FG zutreffend ausführte - nur durch die gesellschaftsrechtliche Verbundenheit des Geschäftsführers erklären lassen: Bei einem fremden Dritten wäre überprüft worden, ob und wann die Zahlung zu erfolgen hat.
Die daraus abzuleitende Konsequenz - das Vorliegen einer vGA - scheiterte allerdings nicht an dem Fehlen einer hierfür erforderlichen Vermögensminderung. Denn die Kapitalabfindung führt bei der GmbH auch dann zu einer Vermögensminderung als Voraussetzung einer verdeckten Gewinnausschüttung, wenn zeitgleich die für die Pensionszusage gebildete Pensionsrückstellung aufgelöst wird. Es gilt insofern eine geschäftsvorfallbezogene, nicht aber eine handelsbilanzielle Betrachtungsweise.
Das Senatsurteil vom 28.4.2010 (Az.: I R 78/08) widerspricht dem nicht. In jener Entscheidung wurden zwar die getätigten Rentenzahlungen nach Eintritt des Versorgungsfalls mit der gegenläufigen entsprechenden Minderung der Pensionsrückstellung verrechnet. Doch betraf das nur die Situation, dass die außerbilanzielle Hinzurechnung der als vGA zu beurteilenden Zuführungen zur Pensionsrückstellung in der Anwartschaftsphase unterblieben war und sie infolge zwischenzeitlicher Bestandskraft der betreffenden Steuerbescheide auch nicht mehr nachgeholt werden konnte. So verhielt es sich im vorliegenden Fall, in dem die Abfindung als solche ein durch das Gesellschaftsverhältnis mitveranlasster Geschäftsvorfall war, jedoch nicht.
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