05.02.2016

Zur verfahrensrechtlichen Rückabwicklung einer Kindergelddoppelzahlung

Die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung kann im Falle einer parallelen Zahlung durch die Familienkasse des öffentlichen Dienstes auch gem. § 70 Abs. 2 EStG erfolgen. Ein erheblicher Umstand im Sinne der Vorschrift ist auch der Wegfall der sachlichen Zuständigkeit der das Kindergeld festsetzenden Stelle.

Schleswig-Holsteinisches FG 17.6.2015, 1 K 213/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger, Vater eines Kindes, war zunächst zeitlich befristet im öffentlichen Dienst beschäftigt, später wurde er verbeamtet. Das Kindergeld wurde für die Zeit des Angestelltenverhältnisses auf Antrag des Klägers von der Familienkasse des Arbeitsamtes gezahlt. Nach seiner Verbeamtung zahlte auch das Landesbesoldungsamt Kindergeld, ohne dass der Kläger einen entsprechenden Antrag gestellt hatte.

Durch einen vom Bundesrechnungshof initiierten Datenabgleich wurde die Doppelzahlung aufgedeckt. Die Familienkasse der Arbeitsagentur hob daraufhin die Kindergeldfestsetzung auf und forderte den Kläger auf, das Kindergeld für den Zeitraum der Doppelzahlung zurückzuzahlen. Der Kläger folgte dem für die Zeiträume, die der Regelverjährung unterlagen, im Übrigen wandte er zunächst Festsetzungsverjährung ein. Später wandte er zudem ein, dass es an einer Rechtsgrundlage für die Rückforderung fehle.

Das FG wies die Klage ab. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Revision zum BFH wurde zugelassen und ist dort unter dem Az. VI R 46/15 anhängig.

Die Gründe:
Die durch die Familienkasse der Agentur für Arbeit 1996 erfolgte (unbefristete) Festsetzung des Kindergeldes ist mit Wegfall der sachlichen Zuständigkeit rechtswidrig geworden. Der rechtswidrig gewordene Festsetzungsbescheid konnte rückwirkend gem. § 70 Abs. 2 EStG korrigiert werden. Einer rückwirkenden Korrektur der Festsetzung stand auch nicht der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen.

Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid lässt sich jedenfalls auf § 70 Abs. 2 EStG stützen. Danach ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern, soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten. Ein solcher erheblicher Umstand ist auch der Wegfall der sachlichen Zuständigkeit der das Kindergeld festsetzenden Stelle.

Denn anders als bei der örtlichen Zuständigkeit geht es bei der Frage der sachlichen Zuständigkeit darum, gegen welchen Rechtsträger ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Hierbei handelt es sich, ebenso wie bei der Frage, wem ein Anspruch auf Kindergeld zusteht, um einen für den Kindergeldanspruch wesentlichen Umstand.

Auch der erhobene Verjährungseinwand greift nicht durch. Auf der Grundlage der vom FG festgestellten tatsächlichen Umstände ist davon auszugehen, dass der Kläger den Tatbestand einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung verwirklicht hat, so dass die verlängerte Verjährungsfrist des § 169 Abs. 2 S. 2, 1. Alt. AO maßgeblich ist.

Linkhinweis:

Schleswig-Holsteinisches FG NL vom 5.2.2016
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