Zurechnung des Kirchensteuer-Erstattungsüberhangs auch bei fehlender steuerlicher Auswirkung in früheren Jahren
FG Münster v. 7.7.2020 - 6 K 2090/17 E
Der Sachverhalt:
Die gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagten Kläger zahlten im Jahr 2014 hohe Kirchensteuern für 2013, die zu einem erheblichen Teil auf einen Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG entfielen. Für 2014 wirkten sich die Zahlungen nicht in vollem Umfang auf den Sonderausgabenabzug aus, weil der Gesamtbetrag der Einkünfte niedriger war als die Kirchensteuern. Im Streitjahr 2015 waren die Erstattungen der in 2014 gezahlten Kirchensteuern höher als die in 2015 gezahlten Kirchensteuern. Den Erstattungsüberhang rechnete das Finanzamt nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzu.
Hiergegen wandten die Kläger ein, dass solche Kirchensteuern, die sich steuerlich nicht ausgewirkt haben, nach dem Zweck des Gesetzes nicht hinzugerechnet werden dürften. Die Vorschrift sei insoweit teleologisch zu reduzieren, hilfsweise verfassungskonform auszulegen.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Es liegt unstreitig ein nach dem Gesetzeswortlaut hinzuzurechnender Kirchensteuer-Erstattungsüberhang vor. Eine Korrektur im Wege der teleologischen Reduktion kommt nicht in Betracht. Das Gesetz verfolgt den Zweck, den Steuervollzug dadurch zu vereinfachen, dass Steuerfestsetzungen für frühere Jahre nicht wieder aufgerollt werden. Von diesem Zweck ist es nicht gedeckt, dass zunächst geprüft werden muss, ob sich die Kirchensteuern in früheren Jahren ausgewirkt haben oder nicht.
Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG bestehen ebenfalls nicht. Zwar liegt im Streitfall eine Ungleichbehandlung der Kläger im Vergleich zu solchen Steuerpflichtigen vor, die nur über regelmäßige, nicht stark schwankende Einkünfte verfügen. Diese Ungleichbehandlung ist allerdings gerechtfertigt. Dies folgt zum einen daraus, dass das Ausmaß der Benachteiligung dadurch abgemildert wird, dass die Kirchensteuerzahlungen im Jahr 2014 zu einer erheblichen Steuerersparnis, nämlich zur Festsetzung der Einkommensteuer auf 0,- €, geführt haben und dass die für das Streitjahr 2015 neu festgesetzten Kirchensteuern im Zahlungsjahr wieder als Sonderausgabe zu berücksichtigen sind.
Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die Kirchensteuerzahlungen im Jahr 2014 auf einem nach dem Teileinkünfteverfahren teilweise steuerfreien Gewinn nach § 17 EStG beruhen. Zudem haben den Klägern steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden, mit denen das belastende Ergebnis hätte verhindert oder zumindest abgemildert werden können, etwa wenn sie bereits im Jahr 2013 Kirchensteuer-Vorauszahlungen geleistet hätten. An die Rechtfertigungsgründe sind keine hohen Anforderungen zu stellen, weil es sich bei § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG um eine zulässige Typisierung zur Vereinfachung des Steuervollzugs handelt.
FG Münster NL vom 15.9.2020
Die gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagten Kläger zahlten im Jahr 2014 hohe Kirchensteuern für 2013, die zu einem erheblichen Teil auf einen Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG entfielen. Für 2014 wirkten sich die Zahlungen nicht in vollem Umfang auf den Sonderausgabenabzug aus, weil der Gesamtbetrag der Einkünfte niedriger war als die Kirchensteuern. Im Streitjahr 2015 waren die Erstattungen der in 2014 gezahlten Kirchensteuern höher als die in 2015 gezahlten Kirchensteuern. Den Erstattungsüberhang rechnete das Finanzamt nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzu.
Hiergegen wandten die Kläger ein, dass solche Kirchensteuern, die sich steuerlich nicht ausgewirkt haben, nach dem Zweck des Gesetzes nicht hinzugerechnet werden dürften. Die Vorschrift sei insoweit teleologisch zu reduzieren, hilfsweise verfassungskonform auszulegen.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Es liegt unstreitig ein nach dem Gesetzeswortlaut hinzuzurechnender Kirchensteuer-Erstattungsüberhang vor. Eine Korrektur im Wege der teleologischen Reduktion kommt nicht in Betracht. Das Gesetz verfolgt den Zweck, den Steuervollzug dadurch zu vereinfachen, dass Steuerfestsetzungen für frühere Jahre nicht wieder aufgerollt werden. Von diesem Zweck ist es nicht gedeckt, dass zunächst geprüft werden muss, ob sich die Kirchensteuern in früheren Jahren ausgewirkt haben oder nicht.
Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG bestehen ebenfalls nicht. Zwar liegt im Streitfall eine Ungleichbehandlung der Kläger im Vergleich zu solchen Steuerpflichtigen vor, die nur über regelmäßige, nicht stark schwankende Einkünfte verfügen. Diese Ungleichbehandlung ist allerdings gerechtfertigt. Dies folgt zum einen daraus, dass das Ausmaß der Benachteiligung dadurch abgemildert wird, dass die Kirchensteuerzahlungen im Jahr 2014 zu einer erheblichen Steuerersparnis, nämlich zur Festsetzung der Einkommensteuer auf 0,- €, geführt haben und dass die für das Streitjahr 2015 neu festgesetzten Kirchensteuern im Zahlungsjahr wieder als Sonderausgabe zu berücksichtigen sind.
Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die Kirchensteuerzahlungen im Jahr 2014 auf einem nach dem Teileinkünfteverfahren teilweise steuerfreien Gewinn nach § 17 EStG beruhen. Zudem haben den Klägern steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden, mit denen das belastende Ergebnis hätte verhindert oder zumindest abgemildert werden können, etwa wenn sie bereits im Jahr 2013 Kirchensteuer-Vorauszahlungen geleistet hätten. An die Rechtfertigungsgründe sind keine hohen Anforderungen zu stellen, weil es sich bei § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG um eine zulässige Typisierung zur Vereinfachung des Steuervollzugs handelt.