Zurückweisung eines Bevollmächtigten im Steuerverwaltungsverfahren
BFH 18.1.2017, II R 33/16Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft britischen Rechts, die u.a. in den Niederlanden eine Niederlassung hat und von dort in Deutschland ansässige Mandanten berät. Außerdem tritt sie für diese vor deutschen Behörden und Gerichten auf. Die beiden Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin gehören nicht bzw. nicht mehr zum Personenkreis des § 3 Nr. 1 StBerG (Steuerberater, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer). Eine Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft besitzt die Klägerin nicht, auch ist sie nicht zur vorübergehenden Hilfeleistung in Steuersachen gem. § 3a StBerG befugt.
Die Klägerin hatte als Bevollmächtigte der Z-Ltd. beim Finanzamt Ende 2015 u.a. den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung eingereicht. Die Behörde wies die Klägerin gem. § 80 Abs. 5 AO a.F. als Bevollmächtigte in Steuersachen mit Wirkung für alle anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren der Z-Ltd. in deren Zuständigkeitsbereich zurück. Das FG wies den Hauptantrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Zurückweisung mit der Begründung zurück, dass ein besonders schwerer und offenkundiger Fehler selbst dann nicht vorliege, wenn man einen möglichen Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV annehmen würde. Eine Nichtigkeit i.S.d. § 125 AO sei deshalb nicht gegeben.
Den hilfsweise geltend gemachten Antrag auf Aufhebung des Bescheids aufgrund des weiten Umfangs der Zurückweisung für alle anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren sah das FG hingegen als begründet an. § 80 Abs. 5 AO a.F. sehe eine derartige weite Rechtsfolge nicht vor. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH die Vorentscheidung auf, soweit das FG der Klage stattgegeben hatte, und wies die Sache insoweit an das FG zurück. Die Revision der Klägerin wurde als unzulässig verworfen.
Gründe:
Die Klägerin hatte den beim BFH bestehenden Vertretungszwang nicht beachtet. Sie konnte sich nicht nach § 62 Abs. 4 S. 5 FGO beim BFH selbst vertreten. Sie erfüllte nicht die Voraussetzungen des § 62 Abs. 4 S. 3 i.V.m. Abs. 2 S. 1 FGO. Eine ausländische Steuerberatungsgesellschaft, die nach deutschem Recht nicht befugt ist, sich beim BFH selbst zu vertreten, kann diese Befugnis insbesondere nicht aus der Dienstleistungsfreiheit herleiten.
Das FG hatte zu Unrecht angenommen, § 80 Abs. 5 AO lasse die Zurückweisung nur für das jeweilige Verfahren und den jeweiligen Verfahrensabschnitt zu, nicht aber für alle anhängigen und künftigen Verwaltungsverfahren eines Steuerpflichtigen im Zuständigkeitsbereich eines Finanzamtes. § 80 Abs. 5 AO enthält in seinem Wortlaut nicht die vom FG vorgenommene Einschränkung. Nach der Vorschrift sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein; dies gilt nicht für Notare und Patentanwälte.
Entgegen der Auffassung des FG kann eine einschränkende Auslegung auch nicht aus der systematischen Stellung der Vorschrift im ersten Abschnitts des Dritten Teils der AO, der die Überschrift "Verfahrensgrundsätze" trägt, hergeleitet werden. Dem Steuerpflichtigen steht die Möglichkeit offen, die Vollmacht auf bestimmte Steuerarten oder einen bestimmten Veranlagungszeitraum zu beschränken. Insoweit ist es nur konsequent, dass sich die Zurückweisung aufgrund der uneingeschränkt erteilten Vollmacht auf alle anhängigen und zukünftigen Verfahren des Steuerpflichtigen beziehen muss, da die Klägerin ansonsten in anderen Verfahren des identischen Steuerpflichtigen hätte tätig werden können.
Dieses Ergebnis wird auch vom Sinn und Zweck der Regelung getragen, der darin liegt der unbefugten geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen entgegenzuwirken. Würde sich die Zurückweisung nur auf einen bestimmten Verfahrensabschnitt bzw. ein konkretes Verfahren beziehen, hätte dies zwingend zur Folge, dass trotz der einmal erteilten Zurückweisung Verfahrenshandlungen in anderen Verfahren und Verfahrensabschnitten vorgenommen werden könnten, was einer effektiven Bekämpfung der unbefugten geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen entgegenstehen würde. § 7 StBerG, der eine Untersagung der Hilfeleistung in Steuersachen durch das Finanzamt ermöglicht, führt zu keiner anderen Bewertung.
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