17.07.2017

Zusammenlegung von Kirchengemeinden kann Grunderwerbsteuer auslösen

Die Vereinigung mehrerer Kirchengemeinden zu einer neuen Gemeinde kann Grunderwerbsteuer auslösen. Das gilt etwa dann, wenn zum Vermögen der Kirchengemeinden Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft gehörten und die neue Gemeinde infolge der Zusammenlegung sämtliche Anteile an dieser Kapitalgesellschaft erwirbt.

FG Münster 7.6.2017, 8 K 3992/14 GrE
Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG Anwendung findet und ob - sollte dies der Fall sein - eine Befreiungsvorschrift eingreift. Die klagende Kirchengemeinde wurde durch bischöfliche Urkunde neu errichtet und entstand durch die Zusammenlegung von insgesamt neun Pfarreien und Kirchengemeinden. Zwei dieser Kirchengemeinden waren gemeinsam die einzigen Gesellschafter einer GmbH, zu deren Vermögen Grundbesitz gehörte.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Zusammenlegung der Kirchengemeinden einen grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerbsvorgang darstelle, weil die Klägerin infolgedessen alle Anteile an der grundbesitzenden GmbH erworben habe. Die Klägerin vertritt demgegenüber die Ansicht, ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 GrEStG liege nicht vor. Vielmehr sei die Vorschrift zum Schutz des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften dahin auszulegen, dass der Übergang von Geschäftsanteilen zwischen Kirchengemeinden aus kircheninternen Gründen nicht den Tatbestand dieser Norm erfülle.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Gründe:
Der verwirklichte Lebenssachverhalt fällt unter § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG. Ein Befreiungstatbestand greift nicht ein. Der Feststellungsbescheid ist zudem hinreichend bestimmt.

Durch den Übergang des Vermögens der einzelnen Kirchengemeinden haben sich alle Anteile an der grundbesitzenden GmbH bei der Klägerin vereinigt. Der Erwerb aller Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft ist nach der einschlägigen steuerlichen Regelung (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG) grunderwerbsteuerpflichtig. Eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift dahingehend, dass der Übergang von Gesellschaftsanteilen infolge kirchlicher Organisationsmaßnahmen keine Grunderwerbsteuer auslöst, kommt nicht in Betracht.

Eine solche Ausnahme ist durch das verfassungsrechtlich geschützte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen nicht geboten, denn dieses Recht befreit die Kirchen nicht von den allgemein geltenden (Steuer-)Gesetzen. Auch die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Grunderwerbsteuer liegen nicht vor. Insbesondere kann der Übergang der Kapitalgesellschaftsanteile infolge der Zusammenlegung der Gemeinden einer - steuerfreien - Grundstücks- bzw. Anteilsschenkung nicht gleich gesetzt werden.

Linkhinweis:

FG Münster PM vom 17.7.2017
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