05.07.2016

Zuschätzung im Rahmen der Außenprüfung eines Dönerrestaurants

Im Rahmen einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen können die im Zeitpunkt der Außenprüfung festgestellten Umsätze den zurückliegenden Prüfungsjahren zugrunde gelegt werden, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse zwischenzeitlich nicht wesentlich geändert haben. Den Steuerpflichtigen trifft insoweit die Beweislast dafür, dass etwa ein "Döner-Krieg" die Preisgestaltung wesentlich beeinflusst hat.

FG Hamburg 23.2.2016, 2 K 31/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger betrieb in den Streitjahren 2005 bis 2008 einen Imbissbetrieb an einer U-Bahnstation in Hamburg. Ausgelöst durch eine anonyme Anzeige, wonach der Kläger immer nur die Hälfte der bei einem türkischen Großhändler eingekauften Fleischwaren erkläre, fand ab April 2009 eine Außenprüfung beim Kläger statt. Danach änderte das Finanzamt die Steuerbescheide für die Vorjahre. Aufgrund der Ermittlungsergebnisse für die Zeit während der Außenprüfung schätzte es erhebliche Mehrerlöse. Das Strafverfahren ist gegenwärtig noch nicht abgeschlossen.

Der Kläger war der Ansicht, seine vermeintlich nicht erklärten Wareneinkäufe im Jahr der Außenprüfung dürften nicht zur Grundlage von Zuschätzungen für die Vorjahre gemacht werden. Die Situation habe sich nämlich infolge einer von ihm initiierten Preiskampagne gegenüber den Vorjahren wesentlich geändert. Er habe seine Döner zu einem gegenüber der Speisekarte viel niedrigeren "Kampfpreis" angeboten und damit seinen Absatz erheblich erhöht. Seine Fleischeinkäufe hätten sich während des sog. "Dönerkrieges" im Verhältnis zu den Vorjahren fast verdoppelt, in denen überdies der Gammelfleisch-Skandal zu erheblichen Umsatzeinbußen gegenüber früheren Jahren geführt habe.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen. Der Kläger hat allerdings Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Das verfahren ist beim BFH unter dem Az. X B 32/16 anhängig.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte in den Streitjahren zu Recht Zuschätzungen im Zusammenhang mit Warenlieferungen vorgenommen.

Nach § 145 Abs. 1 AO muss die Buchführung so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen täglich festgehalten werden (§ 146 Abs. 1 S. 2 AO). Bücher, Aufzeichnungen, Buchungsbelege und sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind, sind geordnet aufzubewahren (§ 147 Abs. 1 Nr. 1, 4 u. 5 AO). Diese Bedingungen waren hier nicht erfüllt.

Die Außenprüfung hatte gravierende Mängel der Kassenbuchführung festgestellt. Es waren nur handgeschriebene Einnahmeaufzeichnungen vorhanden, die ebenso wie das mittels eines EDV gestützten Journals geführte "Kassenbuch" nicht nachprüfbar und jederzeit veränderbar waren. Bonrollen, Tagesendsummenbons und Kassenberichte waren nicht vorgelegt worden. Zwar berechtigen formelle Buchführungsmängel nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur insoweit zur Schätzung, als sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln. Werden allerdings - wie hier - vorwiegend Bargeschäfte getätigt, können Mängel der Kassenführung der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen. Zudem waren im vorliegenden Fall nach den Erkenntnissen der Steuerfahndung und der Außenprüfung auch Manipulationen an den Kassen vorgenommen worden, die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht widerlegt wurden.

Infolgedessen konnten die wegen der Mängel der Kassenführung veranlassten, im Zeitpunkt der Außenprüfung festgestellten Umsätze auch den zurückliegenden Prüfungsjahren im Rahmen einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen zugrunde gelegt werden, da sich die wirtschaftlichen Verhältnisse zwischenzeitlich nicht wesentlich geändert hatten. Soweit sich der Kläger darauf berufen hatte, 2009 hätte sich der Bezug der Ware infolge des Preiskampfes in der Dönerbranche verdoppelt, so ließ sich ein derartiger Preiskampf nicht verlässlich feststellen. Den Steuerpflichtigen trifft insoweit aber die Beweislast dafür, dass etwa ein "Döner-Krieg" die Preisgestaltung wesentlich beeinflusst hat.

Linkhinweis:

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FG Hamburg Newsletter v. 5.7.2016
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