Zweifel an BFH-Rechtsprechung zur Arbeitsstätte eines Piloten
FG Rheinland-Pfalz 21.9.2012, 3 K 1740/10Der Kläger ist als Pilot bei einer Fluggesellschaft beschäftigt. Er hatte gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 wegen verschiedener - hier nicht angesprochener - Streitpunkte im Jahr 2010 Klage vor dem FG erhoben. Nachdem der BFH im Jahr 2011 seine bisherige Rechtsprechung zur regelmäßigen Arbeitsstätte eines Arbeitnehmers dahingehend geändert hatte, dass ein Arbeitnehmer nur noch eine regelmäßige Arbeitsstätte haben könne und dass der Heimatflughafen eines Piloten nicht mehr als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen sei, erweiterte der Kläger seine Klage. Infolgedessen beantragte er, den Flughafen Frankfurt nicht mehr als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen.
Der Kläger war der Ansicht, dass im Fall der Annahme, das Cockpit sei als regelmäßige Arbeitsstelle anzusehen, die Fahrten zum Flughafen nach Dienstreisegrundsätzen (0,30 € pro tatsächlich gefahrenem Kilometer) angesetzt werden müssten. Das FG gab der Klage in diesem Streitpunkt statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Verfahrensrechtlich war von einer zulässigen Klageerweiterung auszugehen. Eine Anfechtungsklage gegen einen Einkommensteuerbescheid ist in der Regel auch insoweit möglich, als sie nach Ablauf der Klagefrist erweitert wird. Der Sonderfall, dass ein Kläger eindeutig zu erkennen gegeben hat, dass er von einem weitergehenden Klagebegehren absehen will, lag hier nicht vor.
Außerdem ist der BFH im Jahr 2011 von seiner früheren Rechtsprechung abgerückt, nach der der Heimatflughafen eines Piloten als seine regelmäßige Arbeitstätte anzusehen war. Nach der neuen Rechtsprechung ist bei einem Piloten davon auszugehen, dass dieser im Cockpit des ihm zugewiesen Flugzeuges schwerpunktmäßig tätig wird. Infolgedessen verfügt ein Pilot nicht über einen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt seiner beruflichen Tätigkeit und geht deshalb einer Auswärtstätigkeit nach. Der Abzug der Fahrtkosten des Klägers vom und zum Flughafen sind somit nicht auf die Entfernungspauschale beschränkt.
Dennoch hat der Senat die die Revision zum BFH zugelassen. Schließlich sind Sinn und Zweck der Abzugsbeschränkung durch den Ansatz der Entfernungspauschale dem Umstand geschuldet, dass sich der Arbeitnehmer auf die immer gleichen Wege zu seiner regelmäßigen Arbeitstelle einstellen und auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken kann (etwa durch Fahrgemeinschaften, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, Wohnsitznahme, o.ä.). Im vorliegenden Fall bedurfte es für die Tätigkeit des Klägers jedoch zwingend einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers als ortsgebundenen Ausgangs- und Endpunkt der Flugtätigkeit im Cockpit des ihm zugewiesenen Flugzeuges für Start und Landung.
Schließlich ist der Heimatflughafen - von Besonderheiten einmal abgesehen - auch regelmäßig Ziel und Abschluss der Flugtätigkeit eines Piloten. Hinzu kommt, dass von Piloten durch den Arbeitgeber regelmäßig verlangt wird, im Einzugsbereich des Flughafens über eine Unterkunft zu verfügen. Der Kläger könnte sich auf die immer gleichen Wege von seiner Wohnung zu seinem Heimatflughafen in unterschiedlicher Weise einstellen und auf eine Minderung seiner Kosten hinwirken, so dass es dem Sinn und Zweck der Entfernungspauschale entsprechen würde, den Webungskostenabzug auf die Entfernungskilometer zu beschränken. Infolgedessen bedarf es der höchstrichterlichen Klärung der Frage, ob der Heimatflughafen eines Piloten nicht doch eine regelmäßige Arbeitsstätte im Sinn der Abzugsbeschränkung der Entfernungspauschale darstellt.