Zweitwohnungsteuer für Kanzleiräume nach dem hamburgischen Zweitwohnungsteuerrecht
FG Hamburg v. 5.2.2020 - 3 K 233/19
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten über die Zweitwohnungssteuerpflicht von Kanzleiräumen. Der Kläger und seine Ehefrau hatten bis zum 31.12.2018 ihren ersten Wohnsitz in A. Ab Oktober 2015 waren sie unter einer Adresse in Hamburg mit einer Nebenwohnung gemeldet. Die angemietete Nebenwohnung weist zwei Nutzungseinheiten auf: Im vorderen 43,35 qm großen Teil befinden sich zwei Kanzleiräume nebst einer Kundentoilette, die der Kläger für seine Tätigkeit als Rechtsanwalt und Steuerberater und seine Ehefrau für ihre Tätigkeit als Steuerberaterin nutzen, im hinteren 51,55 qm großen Teil befinden sich zwei Wohnräume inkl. Küchenzeile und ein Bad. Die Tür zu den Kanzleiräumen sowie die Tür zu den Wohnräumen gehen von einer gemeinsamen Diele ab, die sich hinter der (einzigen) Wohnungseingangstür befindet. Die Wohn- und Kanzleiräume sind durch keine Tür verbunden.
In seiner im März 2019 eingereichten Erklärung zur Zweitwohnungsteuer erklärte der Kläger, wir hoch sein monatlicher Mietanteil für die mit seiner Ehefrau gemeinsam genutzte Wohneinheit sei. Das Finanzamt setzte für 2016 bis 2018 Zweitwohnungsteuer, dabei setzte er als Bemessungsgrundlage die - auf den Kläger entfallende - Hälfte der gesamten Nettokaltmiete an. Zur Begründung führte es aus, Büroräume innerhalb einer zu Wohnzwecken bewohnten Wohnung seien in den Begriff der Wohnung i.S.d. Hamburgischen Zweitwohnungsteuergesetzes (HmbZWStG) eingeschlossen. Dagegen legte der Kläger erfolglos Einspruch ein und beantragte ebenfalls ohne Erfolg Aussetzung der Vollziehung (AdV).
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen. Die dort anhängige Nichtzulassungsbeschwerde wird unter dem Az. VIII B 36/20 geführt.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Recht die Zweitwohnungsteuer auch für die Kanzleiräume erhoben. Es liegt insgesamt nur eine Wohnung i.S.d. § 2 HmbZWStG vor, eine Trennung in einen Wohnungsanteil und einen Kanzleianteil kommt vorliegend nicht in Betracht.
Das Innehaben einer Zweitwohnung in Hamburg unterliegt der Zweitwohnungsteuer, wobei nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HmbZWStG als Zweitwohnung jede Wohnung i.S.d. Abs. 3 der Vorschrift aufzufassen ist, die dem Eigentümer oder Hauptmieter als Nebenwohnung i.S.d. Hamburgischen Meldegesetzes (HmbMG) dient. Eine Wohnung ist nach § 2 Abs. 3 ZwStG jede rechtlich zulässig bewohnbare Gesamtheit von Räumen, die eine selbständige Haushaltsführung ermöglicht und mit einer Küche oder Kochgelegenheit, einem mit Bad- oder Duscheinrichtung versehenen Waschraum und einer in der Wohnung befindlichen Toilette mit Wasserspülung ausgestattet ist. Dieser Gesetzeswortlaut zeigt, dass unter Wohnung nicht einzelne Räume oder ein Anteil an einer Wohnung zu verstehen ist. Aus der Gesetzesbegründung zu der Änderung des Wohnungsbegriffs des HmbZWStG ergibt sich, dass der für steuerliche Bewertungszwecke definierte Wohnungsbegriff, wie er in den gleichlautenden Erlassen der Länder vom 15.5.1985 zum Ausdruck kommt, die Grundlage des Wohnungsbegriffes des HmbZWStG bildet. Daraus folgt das Erfordernis, dass die Zusammenfassung von Räumen eine von anderen Wohnungen oder Räumen, insbesondere Wohnräumen, baulich getrennte, in sich abgeschlossene Wohneinheit bildet und über einen eigenen Zugang verfügt, der nicht durch einen anderen Wohnbereich führt.
Da nur der konsumtive Aufwand für den persönlichen Lebensbedarf Gegenstand der Besteuerung nach HmbZWStG sein soll, scheiden solche Zweitwohnungen als Gegenstand einer Steuer aus, die nicht der Befriedigung des persönlichen Lebensbedarfs dienen, sondern von ihrem Inhaber als reine Geld- oder Vermögensanlage in der Form des Immobilienbesitzes - also ausschließlich zur Einkommenserzielung - gehalten werden. Es ist aber grundsätzlich zulässig, eine als Jahressteuer konzipierte Zweitwohnungsteuer in vollem Umfang auch dann zu erheben, wenn der steuerpflichtige Zweitwohnungsinhaber innerhalb des Besteuerungszeitraums die Wohnung zeitweise einem Dritten ganz überlassen hat. Eine Grenze besteht lediglich bei einem eklatanten Missverhältnis. Diese Grundsätze, die zu einem teilweisen zeitlichen Ausschluss des steuerpflichtigen Zweitwohnungsinhabers von der privaten Nutzung der Wohnung aufgrund einer von ihm eingegangenen vertraglichen Verpflichtung entwickelt worden sind, gelten entsprechend auch für eine teilweise räumliche Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit der Wohnung durch den steuerpflichtigen Zweitwohnungsinhaber aufgrund einer von ihm eingegangenen vertraglichen Verpflichtung.
Dadurch wird zwar die der privaten Lebensführung dienende Nutzungsmöglichkeit der Wohnung eingeschränkt. Der verfassungsrechtliche Begriff der Aufwandsteuer verlangt jedoch nicht, dass deswegen die an das Innehaben der Zweitwohnung geknüpfte Steuerlast entsprechend vermindert wird. Eine Grenze besteht auch hier erst bei einem eklatanten Missverhältnis. Diese Erwägungen gelten für jede Art der anderweitigen (Mitbe-)Nutzung der Zweitwohnung, und damit auch für eine Mitbenutzung zu freiberuflichen Zwecken. Danach steht es einer Heranziehung des Klägers zur Zweitwohnungsteuer nicht entgegen, dass die Wohnung nicht gänzlich von ihm bewohnt, sondern zu einem Teil für die Kanzlei zur Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit genutzt wird. Die Wohn- und Kanzleiräume sind nicht derart voneinander getrennt, dass vorliegend die Wohnräume isoliert als Steuergegenstand des HmbZWStG angesehen werden könnten. Vielmehr handelt es sich um eine insgesamt als Wohnung zu beurteilende Einheit, die durch eine Wohnungseingangstür mit dem Hausflur verbunden ist. Die Kanzleiräume verfügen nicht über einen direkten Zugang zum Hausflur, sondern können nur über den Wohnungsflur betreten werden, so dass sie ihrerseits nicht als separat zu beurteilende Einheit angesehen werden können. Damit liegt innerhalb der Wohnung eine Mitbenutzung zu freiberuflichen Zwecken vor, ohne dass es darauf ankommt, ob die Kanzleiräume auch Wohnzwecken dienen oder nicht.
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Die Beteiligten streiten über die Zweitwohnungssteuerpflicht von Kanzleiräumen. Der Kläger und seine Ehefrau hatten bis zum 31.12.2018 ihren ersten Wohnsitz in A. Ab Oktober 2015 waren sie unter einer Adresse in Hamburg mit einer Nebenwohnung gemeldet. Die angemietete Nebenwohnung weist zwei Nutzungseinheiten auf: Im vorderen 43,35 qm großen Teil befinden sich zwei Kanzleiräume nebst einer Kundentoilette, die der Kläger für seine Tätigkeit als Rechtsanwalt und Steuerberater und seine Ehefrau für ihre Tätigkeit als Steuerberaterin nutzen, im hinteren 51,55 qm großen Teil befinden sich zwei Wohnräume inkl. Küchenzeile und ein Bad. Die Tür zu den Kanzleiräumen sowie die Tür zu den Wohnräumen gehen von einer gemeinsamen Diele ab, die sich hinter der (einzigen) Wohnungseingangstür befindet. Die Wohn- und Kanzleiräume sind durch keine Tür verbunden.
In seiner im März 2019 eingereichten Erklärung zur Zweitwohnungsteuer erklärte der Kläger, wir hoch sein monatlicher Mietanteil für die mit seiner Ehefrau gemeinsam genutzte Wohneinheit sei. Das Finanzamt setzte für 2016 bis 2018 Zweitwohnungsteuer, dabei setzte er als Bemessungsgrundlage die - auf den Kläger entfallende - Hälfte der gesamten Nettokaltmiete an. Zur Begründung führte es aus, Büroräume innerhalb einer zu Wohnzwecken bewohnten Wohnung seien in den Begriff der Wohnung i.S.d. Hamburgischen Zweitwohnungsteuergesetzes (HmbZWStG) eingeschlossen. Dagegen legte der Kläger erfolglos Einspruch ein und beantragte ebenfalls ohne Erfolg Aussetzung der Vollziehung (AdV).
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen. Die dort anhängige Nichtzulassungsbeschwerde wird unter dem Az. VIII B 36/20 geführt.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Recht die Zweitwohnungsteuer auch für die Kanzleiräume erhoben. Es liegt insgesamt nur eine Wohnung i.S.d. § 2 HmbZWStG vor, eine Trennung in einen Wohnungsanteil und einen Kanzleianteil kommt vorliegend nicht in Betracht.
Das Innehaben einer Zweitwohnung in Hamburg unterliegt der Zweitwohnungsteuer, wobei nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HmbZWStG als Zweitwohnung jede Wohnung i.S.d. Abs. 3 der Vorschrift aufzufassen ist, die dem Eigentümer oder Hauptmieter als Nebenwohnung i.S.d. Hamburgischen Meldegesetzes (HmbMG) dient. Eine Wohnung ist nach § 2 Abs. 3 ZwStG jede rechtlich zulässig bewohnbare Gesamtheit von Räumen, die eine selbständige Haushaltsführung ermöglicht und mit einer Küche oder Kochgelegenheit, einem mit Bad- oder Duscheinrichtung versehenen Waschraum und einer in der Wohnung befindlichen Toilette mit Wasserspülung ausgestattet ist. Dieser Gesetzeswortlaut zeigt, dass unter Wohnung nicht einzelne Räume oder ein Anteil an einer Wohnung zu verstehen ist. Aus der Gesetzesbegründung zu der Änderung des Wohnungsbegriffs des HmbZWStG ergibt sich, dass der für steuerliche Bewertungszwecke definierte Wohnungsbegriff, wie er in den gleichlautenden Erlassen der Länder vom 15.5.1985 zum Ausdruck kommt, die Grundlage des Wohnungsbegriffes des HmbZWStG bildet. Daraus folgt das Erfordernis, dass die Zusammenfassung von Räumen eine von anderen Wohnungen oder Räumen, insbesondere Wohnräumen, baulich getrennte, in sich abgeschlossene Wohneinheit bildet und über einen eigenen Zugang verfügt, der nicht durch einen anderen Wohnbereich führt.
Da nur der konsumtive Aufwand für den persönlichen Lebensbedarf Gegenstand der Besteuerung nach HmbZWStG sein soll, scheiden solche Zweitwohnungen als Gegenstand einer Steuer aus, die nicht der Befriedigung des persönlichen Lebensbedarfs dienen, sondern von ihrem Inhaber als reine Geld- oder Vermögensanlage in der Form des Immobilienbesitzes - also ausschließlich zur Einkommenserzielung - gehalten werden. Es ist aber grundsätzlich zulässig, eine als Jahressteuer konzipierte Zweitwohnungsteuer in vollem Umfang auch dann zu erheben, wenn der steuerpflichtige Zweitwohnungsinhaber innerhalb des Besteuerungszeitraums die Wohnung zeitweise einem Dritten ganz überlassen hat. Eine Grenze besteht lediglich bei einem eklatanten Missverhältnis. Diese Grundsätze, die zu einem teilweisen zeitlichen Ausschluss des steuerpflichtigen Zweitwohnungsinhabers von der privaten Nutzung der Wohnung aufgrund einer von ihm eingegangenen vertraglichen Verpflichtung entwickelt worden sind, gelten entsprechend auch für eine teilweise räumliche Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit der Wohnung durch den steuerpflichtigen Zweitwohnungsinhaber aufgrund einer von ihm eingegangenen vertraglichen Verpflichtung.
Dadurch wird zwar die der privaten Lebensführung dienende Nutzungsmöglichkeit der Wohnung eingeschränkt. Der verfassungsrechtliche Begriff der Aufwandsteuer verlangt jedoch nicht, dass deswegen die an das Innehaben der Zweitwohnung geknüpfte Steuerlast entsprechend vermindert wird. Eine Grenze besteht auch hier erst bei einem eklatanten Missverhältnis. Diese Erwägungen gelten für jede Art der anderweitigen (Mitbe-)Nutzung der Zweitwohnung, und damit auch für eine Mitbenutzung zu freiberuflichen Zwecken. Danach steht es einer Heranziehung des Klägers zur Zweitwohnungsteuer nicht entgegen, dass die Wohnung nicht gänzlich von ihm bewohnt, sondern zu einem Teil für die Kanzlei zur Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit genutzt wird. Die Wohn- und Kanzleiräume sind nicht derart voneinander getrennt, dass vorliegend die Wohnräume isoliert als Steuergegenstand des HmbZWStG angesehen werden könnten. Vielmehr handelt es sich um eine insgesamt als Wohnung zu beurteilende Einheit, die durch eine Wohnungseingangstür mit dem Hausflur verbunden ist. Die Kanzleiräume verfügen nicht über einen direkten Zugang zum Hausflur, sondern können nur über den Wohnungsflur betreten werden, so dass sie ihrerseits nicht als separat zu beurteilende Einheit angesehen werden können. Damit liegt innerhalb der Wohnung eine Mitbenutzung zu freiberuflichen Zwecken vor, ohne dass es darauf ankommt, ob die Kanzleiräume auch Wohnzwecken dienen oder nicht.