15.05.2023

Auslegung einer Schlichtungsklausel einer Partnerschaftsgesellschaft von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern

Der BGH hat über die Auslegung einer Schlichtungsklausel einer Partnerschaftsgesellschaft von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern geurteilt. Dabei verwarf er die Entscheidungen der Vorinstanzen, die die Klage mangels Durchführung des Schlichtungsverfahrens für unzulässig gehalten hatten. Laut BGH war die Klausel jedoch anders zu interpretieren.

BGH v. 14.3.2023 - II ZR 152/21
Der Sachverhalt:
Die Parteien sind als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in einer Partnerschaftsgesellschaft (im Folgenden: Partnerschaft) miteinander verbunden. Der Partnerschaftsvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

§ 17 PartV:
Im Falle von Streitigkeiten aus diesem Vertrag muss jeder Vertragspartner innerhalb von 4 Wochen die Steuerberaterkammer oder den Steuerberaterverband zwecks Vermittlung anrufen. Kommt innerhalb eines Zeitraumes von 4 Wochen nach dem Schlichtungsversuch keine Einigung zustande, kann sofort das ordentliche Gericht angerufen werden.


Über die Auslegung des Partnerschaftsvertrags kam es zwischen den Parteien zum Streit. Im Mai 2016 fand ein erfolgloser Schlichtungsversuch des Schlichtungsausschusses der Steuerberaterkammer Schleswig-Holstein statt.

Die Klägerin hat von den Beklagten u.a. Einsicht in die Bücher und Schriften der Partnerschaft begehrt. Während des erstinstanzlichen Verfahrens wurden in der Gesellschafterversammlung der Partnerschaft im August 2018 jeweils gegen die Stimme der Klägerin nach Namen der Kunden bzw. Leistungsempfänger spezifizierte Tätigkeiten der Beklagten außerhalb der Partnerschaft durch Beschluss genehmigt, weshalb die Klägerin weiter beantragt hat, die Nichtigkeit dieser Beschlüsse festzustellen.

Die Klägerin beantragte im März 2019 weiter, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Mietzahlungen der Partnerschaft an den Beklagten zu 2 und seine Ehefrau als Vermieter i.H.v. ca. 60.000 € an die Partnerschaft zurückzuzahlen. Die Beklagten haben gegen diese Klageerweiterungen im Juni 2019 die Einrede der Schlichtungsvereinbarung aus § 17 PartV erhoben.

Das LG wies die Klage ab. Mangels Durchführung eines Vermittlungsverfahrens der Steuerberaterkammer sei die Klage unzulässig. Das Berufungsgericht wies die Berufung zurück.

Die Revision der Klägerin vor dem BGH hatte Erfolg. Sie führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Die Gründe:

Das Berufungsgericht hätte das Rechtsmittel der Klägerin nicht mit der Begründung zurückweisen dürfen, die Klägerin habe das nach § 17 PartV vorgesehene Schlichtungsverfahren nicht durchgeführt. Der Zulässigkeit dieser Klageanträge steht nicht entgegen, dass die Klägerin für diese Streitigkeiten entgegen § 17 Satz 1 PartV nicht innerhalb von vier Wochen die Steuerberaterkammer oder den Steuerberaterverband zwecks Vermittlung angerufen hat.

Zutreffend ist der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts, demzufolge es sich bei § 17 PartV um eine sogenannte Schlichtungs- oder Güteklausel handele, durch die die Anrufung der staatlichen Gerichte so lange ausgeschlossen wird, bis die vertraglich bestimmte Schlichtungsstelle den Versuch unternommen hat, zwischen den Parteien eine einvernehmliche Regelung herbeizuführen.

Durch eine solche Schlichtungsklausel wird die Durchführung der Schlichtung zur Prozessvoraussetzung erhoben, die bereits bei der Erhebung der Klage vorliegen muss, so dass damit regelmäßig die sofortige Klagbarkeit ausgeschlossen ist. Die Nichteinhaltung der Schlichtungsvereinbarung ist nur auf die Einrede des Beklagten hin zu beachten, welche die Beklagten hier schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung vor dem LG erhoben haben.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts konnten sich die Beklagten aber auf diese Einrede nicht (mehr) mit Erfolg berufen. Auch bei Anlegung eines eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfungsmaßstabs ist die Auffassung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft, die Zulässigkeit der klageerweiternd erhobenen Anträge hänge von der von der Klägerin versäumten zeitnahen Durchführung des im Partnerschaftsvertrag vorgesehenen Vermittlungsverfahrens ab.

Das Berufungsgericht hat hier wesentlichen Auslegungsstoff außer Acht gelassen: Die in § 17 Satz 1 PartV vorgesehene Frist von vier Wochen zur Anrufung der Schlichtung ist eine Ausschlussfrist, nach deren fruchtlosem Ablauf der vereinbarte dilatorische Klageverzicht (sanktionslos) entfällt (vgl. BGH v. 16.8.2018 - III ZR 267/16, GesR 2018, 677 Rn. 10 ff.).

Die Klägerin kann daher ihre behaupteten Ansprüche unmittelbar gerichtlich geltend machen. Ob diese begründet sind, wird sich nach neuer Verhandlung und ggf. Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht ergeben.

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