Außenhaftung des Kommanditisten für Altverbindlichkeiten
BGH v. 4.5.2021 - II ZR 38/20
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Verwalter des im November 2016 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH & Co. KG (Fondsgesellschaft), deren Unternehmensgegenstand der Erwerb und der Betrieb eines Containerschiffs ist. Die Beklagte war seit 2009 als Sonderrechtsnachfolgerin mit einer Haftsumme von zunächst 500.000 € im Handelsregister eingetragen. Der im Mai 2005 beigetretene Rechtsvorgänger der Beklagten hatte 2006 und 2007 Ausschüttungen i.H.v. 90.000 € erhalten. Der Kläger behauptete, die Kapitalkonten der Kommanditisten seien bereits im Beitrittsjahr unter den Betrag der jeweiligen Hafteinlage herabgemindert worden. Zu einer Auffüllung sei es nicht gekommen.
Am 14.12.2012 wurde von den Gesellschaftern der Fondsgesellschaft im Rahmen einer als "Fortführungskonzept 2012" bezeichneten Sanierungsplanung der Beschluss gefasst, die Einlagen der Kommanditisten um die Summe der erhaltenen Ausschüttungen zu verringern und die Hafteinlagen sodann auf 10 % des verringerten Betrags herabzusetzen. Die Herabsetzung der Hafteinlagen wurde am 16.7.2013 in das Handelsregister eingetragen, für die Beklagte auf 41.000 €. Die Beschlussfassung über die Herabsetzung des Haftkapitals der Kommanditisten war den beiden Hauptgläubigern der Fondsgesellschaft, der K. GmbH und der H. GmbH & Co. KG, die in die Entwicklung der Sanierungsplanungen einbezogen worden waren, im Dezember 2012 bekannt.
Zur Insolvenztabelle wurden Gläubigerforderungen i.H.v. insgesamt über 14,5 Mio. € angemeldet. Die von der K. GmbH angemeldete Darlehensforderung von rund 13,4 Mio.€ wurde vom Insolvenzverwalter für den Ausfall festgestellt. Die von der H. GmbH & Co. KG angemeldete Darlehensforderung von rund 1,1 Mio. € wurde vom Kläger bestritten. Zwei weitere Forderungen i.H.v. 239 € und 490 € wurden zur Insolvenztabelle festgestellt.
Der Kläger nahm die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der nach Rückgewähr von Ausschüttungen wiederaufgelebten Außenhaftung auf Zahlung von 90.000 € in Anspruch. Das LG hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers blieb vor dem BGH erfolglos.
Gründe:
Die Beklagte kann gegenüber den vom Kläger geltend gemachten Gesellschaftsgläubigeransprüchen erfolgreich einwenden, es sei entsprechend § 160 Abs. 1 HGB Enthaftung eingetreten. Die Beklagte haftet den Altgläubigern gegenüber, deren Forderungen der Kläger geltend macht, infolge der Herabsetzung ihrer Haftsumme deshalb nicht mehr, weil in diesem Verhältnis die fünfjährige Nachhaftungsfrist entsprechend § 160 Abs. 1 HGB vor Klageerhebung abgelaufen ist.
Im Fall der Herabsetzung der Haftsumme wird die Außenhaftung des Kommanditisten für Altverbindlichkeiten im Umfang des die neue Haftsumme übersteigenden Betrags entsprechend § 160 Abs. 1 und 2, § 161 Abs. 2 HGB zeitlich begrenzt. Bei der entsprechenden Anwendung der § 160 Abs. 1 und 2, § 161 Abs. 2 HGB auf die Herabsetzung der Hafteinlage eines Kommanditisten beginnt die fünfjährige Nachhaftungsfrist unabhängig von der Eintragung der Kapitalherabsetzung in das Handelsregister bereits mit dem Ende des Tages, an dem der Gesellschaftsgläubiger positive Kenntnis von dem Herabsetzungsbeschluss erlangt. Mit Ablauf der Nachhaftungsfrist des § 160 HGB entfällt in entsprechender Anwendung des § 217 BGB nicht nur die Haftung für den geltend gemachten Hauptanspruch, sondern auch die Haftung für die von ihm abhängenden Nebenleistungen.
Ohne Erfolg bleibt der Einwand, es könne deshalb für den Beginn der Enthaftungsfrist nicht auf die positive Kenntnis des Gesellschaftsgläubigers von der Herabsetzung des Haftkapitals abgestellt werden, weil anders als für das Ausscheiden des Gesellschafters die Eintragung im Handelsregister für die Her-absetzung der Hafteinlage gemäß § 174 Halbs. 1 HGB konstitutiv ist. Der Einwand verkennt, dass die Eintragung keine konstitutive Wirkung für die Altgläubiger entfaltet. Im Innenverhältnis der Gesellschaft wird eine Haftsummenherabsetzung bereits mit der Änderung des Gesellschaftsvertrags wirksam. Die Eintragung der Herabsetzung der Hafteinlage entfaltet konstitutive Wirkung nur im Außenverhältnis.
BGH online
Der Kläger ist Verwalter des im November 2016 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH & Co. KG (Fondsgesellschaft), deren Unternehmensgegenstand der Erwerb und der Betrieb eines Containerschiffs ist. Die Beklagte war seit 2009 als Sonderrechtsnachfolgerin mit einer Haftsumme von zunächst 500.000 € im Handelsregister eingetragen. Der im Mai 2005 beigetretene Rechtsvorgänger der Beklagten hatte 2006 und 2007 Ausschüttungen i.H.v. 90.000 € erhalten. Der Kläger behauptete, die Kapitalkonten der Kommanditisten seien bereits im Beitrittsjahr unter den Betrag der jeweiligen Hafteinlage herabgemindert worden. Zu einer Auffüllung sei es nicht gekommen.
Am 14.12.2012 wurde von den Gesellschaftern der Fondsgesellschaft im Rahmen einer als "Fortführungskonzept 2012" bezeichneten Sanierungsplanung der Beschluss gefasst, die Einlagen der Kommanditisten um die Summe der erhaltenen Ausschüttungen zu verringern und die Hafteinlagen sodann auf 10 % des verringerten Betrags herabzusetzen. Die Herabsetzung der Hafteinlagen wurde am 16.7.2013 in das Handelsregister eingetragen, für die Beklagte auf 41.000 €. Die Beschlussfassung über die Herabsetzung des Haftkapitals der Kommanditisten war den beiden Hauptgläubigern der Fondsgesellschaft, der K. GmbH und der H. GmbH & Co. KG, die in die Entwicklung der Sanierungsplanungen einbezogen worden waren, im Dezember 2012 bekannt.
Zur Insolvenztabelle wurden Gläubigerforderungen i.H.v. insgesamt über 14,5 Mio. € angemeldet. Die von der K. GmbH angemeldete Darlehensforderung von rund 13,4 Mio.€ wurde vom Insolvenzverwalter für den Ausfall festgestellt. Die von der H. GmbH & Co. KG angemeldete Darlehensforderung von rund 1,1 Mio. € wurde vom Kläger bestritten. Zwei weitere Forderungen i.H.v. 239 € und 490 € wurden zur Insolvenztabelle festgestellt.
Der Kläger nahm die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der nach Rückgewähr von Ausschüttungen wiederaufgelebten Außenhaftung auf Zahlung von 90.000 € in Anspruch. Das LG hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers blieb vor dem BGH erfolglos.
Gründe:
Die Beklagte kann gegenüber den vom Kläger geltend gemachten Gesellschaftsgläubigeransprüchen erfolgreich einwenden, es sei entsprechend § 160 Abs. 1 HGB Enthaftung eingetreten. Die Beklagte haftet den Altgläubigern gegenüber, deren Forderungen der Kläger geltend macht, infolge der Herabsetzung ihrer Haftsumme deshalb nicht mehr, weil in diesem Verhältnis die fünfjährige Nachhaftungsfrist entsprechend § 160 Abs. 1 HGB vor Klageerhebung abgelaufen ist.
Im Fall der Herabsetzung der Haftsumme wird die Außenhaftung des Kommanditisten für Altverbindlichkeiten im Umfang des die neue Haftsumme übersteigenden Betrags entsprechend § 160 Abs. 1 und 2, § 161 Abs. 2 HGB zeitlich begrenzt. Bei der entsprechenden Anwendung der § 160 Abs. 1 und 2, § 161 Abs. 2 HGB auf die Herabsetzung der Hafteinlage eines Kommanditisten beginnt die fünfjährige Nachhaftungsfrist unabhängig von der Eintragung der Kapitalherabsetzung in das Handelsregister bereits mit dem Ende des Tages, an dem der Gesellschaftsgläubiger positive Kenntnis von dem Herabsetzungsbeschluss erlangt. Mit Ablauf der Nachhaftungsfrist des § 160 HGB entfällt in entsprechender Anwendung des § 217 BGB nicht nur die Haftung für den geltend gemachten Hauptanspruch, sondern auch die Haftung für die von ihm abhängenden Nebenleistungen.
Ohne Erfolg bleibt der Einwand, es könne deshalb für den Beginn der Enthaftungsfrist nicht auf die positive Kenntnis des Gesellschaftsgläubigers von der Herabsetzung des Haftkapitals abgestellt werden, weil anders als für das Ausscheiden des Gesellschafters die Eintragung im Handelsregister für die Her-absetzung der Hafteinlage gemäß § 174 Halbs. 1 HGB konstitutiv ist. Der Einwand verkennt, dass die Eintragung keine konstitutive Wirkung für die Altgläubiger entfaltet. Im Innenverhältnis der Gesellschaft wird eine Haftsummenherabsetzung bereits mit der Änderung des Gesellschaftsvertrags wirksam. Die Eintragung der Herabsetzung der Hafteinlage entfaltet konstitutive Wirkung nur im Außenverhältnis.