Bargebot nach Zwangsversteigerung eines Grundstücks nicht erbracht: Wiederversteigerung durch jeden Gesellschafter
BGH v. 8.7.2021 - V ZB 94/20
Der Sachverhalt:
Das betroffene Grundstück gehörte ursprünglich einer aus den Beteiligten bestehenden GbR. In einer Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft wurde es der Beteiligten zu 1 im August 2017 zu einem bar zu zahlenden Betrag von 851.000 € zugeschlagen. Die Beteiligte zu 1 zahlte das Bargebot mit Ausnahme eines Betrags von 34.000 € nicht.
Deshalb ließ das Vollstreckungsgericht an dem Grundstück eine Sicherungshypothek in Höhe von ca. 830.00 € zugunsten der GbR eintragen. Die Beteiligte zu 1 wurde als neue Eigentümerin eingetragen. Nach dem Scheitern von Einigungsversuchen luden die Beteiligten zu 2 und zu 3 zu einer Gesellschafterversammlung der GbR im Februar 2018 ein, zu der die Beteiligte zu 1 nicht erschien. Die Beteiligten zu 2 und zu 3 beschlossen in der Gesellschafterversammlung die Auflösung der Gesellschaft, eine Auseinandersetzungsbilanz sowie die Aufteilung der Forderung der GbR gegen die Beteiligte zu 1.
Auf Antrag der Beteiligten zu 2 und 3 ordnete das Vollstreckungsgericht die Wiederversteigerung des Grundstücks aus der Sicherungshypothek an. Die Beteiligte zu 1 beantragte, den Versteigerungstermin aufzuheben und das Zwangsversteigerungsverfahren nach § 28 Abs. 2 ZVG vorläufig einzustellen. Sie vertrat die Auffassung, die Beteiligten zu 2 und 3 seien infolge der von ihnen ausgesprochenen Kündigungen der Gesellschaft aus dieser ausgeschieden, mit der Folge, dass deren Vermögen ihr als Alleingesellschafterin zugefallen sei.
Im April 2020 hat das Vollstreckungsgericht das Wiederversteigerungsverfahren gemäß § 28 ZVG einstweilen eingestellt. Es hat den Gläubigern aufgegeben, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen OLG in einem Rechtsstreit der Beteiligten über die Voraussetzungen für die Auseinandersetzung und Teilung des Gesellschaftsvermögens vorzulegen, und für den Fall der Nichterfüllung der Auflage die Aufhebung des Verfahrens angekündigt. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 hat das LG diesen Beschluss aufgehoben.
Der BGH hat die dagegen erhobene Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die Voraussetzungen für eine Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 28 Abs. 1 ZVG liegen nicht vor. Zwar sind die Beteiligten zu 2 und 3 nicht deshalb berechtigt gewesen, die Wiederversteigerung des Grundstücks zu betreiben, weil die GbR durch ihre in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse beendet ist. Ihre Antragsbefugnis besteht aber aufgrund ihrer Stellung als Gesellschafter der GbR, zu deren Gunsten aufgrund des Zuschlagsbeschlusses die Sicherungshypothek eingetragen worden ist. Die Gesellschafter einer GbR können die Teilungsversteigerung eines im Eigentum der Gesellschaft stehenden Grundstücks beantragen, ohne zuvor in einem gerichtlichen Verfahren die Zustimmung der übrigen Gesellschafter erstreiten zu müssen.
Das Wiederversteigerungsverfahren ist im Grundsatz ein eigenständiges Zwangsversteigerungsverfahren, für das lediglich die in § 133 ZVG bestimmten Erleichterungen gelten. Eine Besonderheit gilt aber, wenn sich die Wiederversteigerung an eine Teilungsversteigerung des Grundstücks zwecks Auseinandersetzung der Gesellschaft anschließt, weil der Ersteher das Bargebot nicht entrichtet hat. Infolge der Nichtentrichtung des Gebots hat das Teilungsversteigerungsverfahren sein eigentliches Ziel, das Grundstück in Geld umzusetzen und so eine Auseinandersetzung der Gesellschaft zu ermöglichen, nicht erreicht. Es lässt sich in dieser Verfahrenslage sachgerecht nur erreichen, wenn jeder Gesellschafter berechtigt ist, auch ohne die Zustimmung der übrigen Gesellschafter die Wiederversteigerung des Grundstücks zu betreiben.
Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die Anordnung und Durchführung einer Teilungsversteigerung nach § 180 ZVG auch zur Auseinandersetzung des Vermögens einer gekündigten GbR zulässig ist.
Richtig ist auch die weitere Annahme des Beschwerdegerichts, dass der einzelne Gesellschafter einer GbR ohne Zustimmung der übrigen die Teilungsversteigerung eines Grundstücks der GbR nur auf Grund seiner Eintragung als Gesellschafter und des Nachweises des Zugangs einer Kündigung der Gesellschaft beantragen kann. Der Gesellschafter ist nach § 731 Satz 2, § 753 Abs. 1 BGB wie der Teilhaber einer Gemeinschaft zu behandeln. Dieser wiederum bedarf nach § 181 ZVG zur Einleitung des Verfahrens keines Titels. Er kann vielmehr ohne Weiteres auf Grund seiner Eintragung im Grundbuch die Teilungsversteigerung beantragen. Dieser Voraussetzung entsprechen bei dem Gesellschafter einer GbR seine Eintragung als Gesellschafter (vgl. § 47 Abs. 2 GBO), die Erklärung der Kündigung und der Nachweis von deren Zugang.
Das Fehlen anderer Voraussetzungen als der Eintragung des Antragstellers als Gesellschafter der GbR, der Erklärung der Kündigung der Gesellschaft und deren Zugang können die übrigen Gesellschaft einer GbR nach der Rechtsprechung des Senats nicht mit versteigerungsrechtlichen Rechtsbehelfen, sondern nur mit einer Widerspruchsklage analog § 771 ZPO vor dem Prozessgericht geltend machen; dieses kann das Zwangsversteigerungsverfahren analog § 769 ZPO durch eine einstweilige Anordnung vorläufig einstellen.
Diese Grundsätze gelten auch für den Antrag auf Anordnung der Wiederversteigerung gemäß § 133 ZVG. Erbringt der Ersteher nach einer Teilungsversteigerung des Grundstücks einer GbR das Bargebot nicht, kann jeder Gesellschafter mit dem Ziel einer Auskehr des Erlöses an die Gesellschaft allein und ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter nach Maßgabe von § 133 ZVG die Wiederversteigerung aus dem nach § 118 Abs. 1 ZVG übertragenen Anspruch der GbR gegen den Ersteher oder der nach § 128 Abs. 1 Satz 1 ZVG zu Gunsten der GbR eingetragenen Sicherungshypothek betreiben.
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Das betroffene Grundstück gehörte ursprünglich einer aus den Beteiligten bestehenden GbR. In einer Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft wurde es der Beteiligten zu 1 im August 2017 zu einem bar zu zahlenden Betrag von 851.000 € zugeschlagen. Die Beteiligte zu 1 zahlte das Bargebot mit Ausnahme eines Betrags von 34.000 € nicht.
Deshalb ließ das Vollstreckungsgericht an dem Grundstück eine Sicherungshypothek in Höhe von ca. 830.00 € zugunsten der GbR eintragen. Die Beteiligte zu 1 wurde als neue Eigentümerin eingetragen. Nach dem Scheitern von Einigungsversuchen luden die Beteiligten zu 2 und zu 3 zu einer Gesellschafterversammlung der GbR im Februar 2018 ein, zu der die Beteiligte zu 1 nicht erschien. Die Beteiligten zu 2 und zu 3 beschlossen in der Gesellschafterversammlung die Auflösung der Gesellschaft, eine Auseinandersetzungsbilanz sowie die Aufteilung der Forderung der GbR gegen die Beteiligte zu 1.
Auf Antrag der Beteiligten zu 2 und 3 ordnete das Vollstreckungsgericht die Wiederversteigerung des Grundstücks aus der Sicherungshypothek an. Die Beteiligte zu 1 beantragte, den Versteigerungstermin aufzuheben und das Zwangsversteigerungsverfahren nach § 28 Abs. 2 ZVG vorläufig einzustellen. Sie vertrat die Auffassung, die Beteiligten zu 2 und 3 seien infolge der von ihnen ausgesprochenen Kündigungen der Gesellschaft aus dieser ausgeschieden, mit der Folge, dass deren Vermögen ihr als Alleingesellschafterin zugefallen sei.
Im April 2020 hat das Vollstreckungsgericht das Wiederversteigerungsverfahren gemäß § 28 ZVG einstweilen eingestellt. Es hat den Gläubigern aufgegeben, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen OLG in einem Rechtsstreit der Beteiligten über die Voraussetzungen für die Auseinandersetzung und Teilung des Gesellschaftsvermögens vorzulegen, und für den Fall der Nichterfüllung der Auflage die Aufhebung des Verfahrens angekündigt. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 hat das LG diesen Beschluss aufgehoben.
Der BGH hat die dagegen erhobene Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die Voraussetzungen für eine Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 28 Abs. 1 ZVG liegen nicht vor. Zwar sind die Beteiligten zu 2 und 3 nicht deshalb berechtigt gewesen, die Wiederversteigerung des Grundstücks zu betreiben, weil die GbR durch ihre in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse beendet ist. Ihre Antragsbefugnis besteht aber aufgrund ihrer Stellung als Gesellschafter der GbR, zu deren Gunsten aufgrund des Zuschlagsbeschlusses die Sicherungshypothek eingetragen worden ist. Die Gesellschafter einer GbR können die Teilungsversteigerung eines im Eigentum der Gesellschaft stehenden Grundstücks beantragen, ohne zuvor in einem gerichtlichen Verfahren die Zustimmung der übrigen Gesellschafter erstreiten zu müssen.
Das Wiederversteigerungsverfahren ist im Grundsatz ein eigenständiges Zwangsversteigerungsverfahren, für das lediglich die in § 133 ZVG bestimmten Erleichterungen gelten. Eine Besonderheit gilt aber, wenn sich die Wiederversteigerung an eine Teilungsversteigerung des Grundstücks zwecks Auseinandersetzung der Gesellschaft anschließt, weil der Ersteher das Bargebot nicht entrichtet hat. Infolge der Nichtentrichtung des Gebots hat das Teilungsversteigerungsverfahren sein eigentliches Ziel, das Grundstück in Geld umzusetzen und so eine Auseinandersetzung der Gesellschaft zu ermöglichen, nicht erreicht. Es lässt sich in dieser Verfahrenslage sachgerecht nur erreichen, wenn jeder Gesellschafter berechtigt ist, auch ohne die Zustimmung der übrigen Gesellschafter die Wiederversteigerung des Grundstücks zu betreiben.
Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die Anordnung und Durchführung einer Teilungsversteigerung nach § 180 ZVG auch zur Auseinandersetzung des Vermögens einer gekündigten GbR zulässig ist.
Richtig ist auch die weitere Annahme des Beschwerdegerichts, dass der einzelne Gesellschafter einer GbR ohne Zustimmung der übrigen die Teilungsversteigerung eines Grundstücks der GbR nur auf Grund seiner Eintragung als Gesellschafter und des Nachweises des Zugangs einer Kündigung der Gesellschaft beantragen kann. Der Gesellschafter ist nach § 731 Satz 2, § 753 Abs. 1 BGB wie der Teilhaber einer Gemeinschaft zu behandeln. Dieser wiederum bedarf nach § 181 ZVG zur Einleitung des Verfahrens keines Titels. Er kann vielmehr ohne Weiteres auf Grund seiner Eintragung im Grundbuch die Teilungsversteigerung beantragen. Dieser Voraussetzung entsprechen bei dem Gesellschafter einer GbR seine Eintragung als Gesellschafter (vgl. § 47 Abs. 2 GBO), die Erklärung der Kündigung und der Nachweis von deren Zugang.
Das Fehlen anderer Voraussetzungen als der Eintragung des Antragstellers als Gesellschafter der GbR, der Erklärung der Kündigung der Gesellschaft und deren Zugang können die übrigen Gesellschaft einer GbR nach der Rechtsprechung des Senats nicht mit versteigerungsrechtlichen Rechtsbehelfen, sondern nur mit einer Widerspruchsklage analog § 771 ZPO vor dem Prozessgericht geltend machen; dieses kann das Zwangsversteigerungsverfahren analog § 769 ZPO durch eine einstweilige Anordnung vorläufig einstellen.
Diese Grundsätze gelten auch für den Antrag auf Anordnung der Wiederversteigerung gemäß § 133 ZVG. Erbringt der Ersteher nach einer Teilungsversteigerung des Grundstücks einer GbR das Bargebot nicht, kann jeder Gesellschafter mit dem Ziel einer Auskehr des Erlöses an die Gesellschaft allein und ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter nach Maßgabe von § 133 ZVG die Wiederversteigerung aus dem nach § 118 Abs. 1 ZVG übertragenen Anspruch der GbR gegen den Ersteher oder der nach § 128 Abs. 1 Satz 1 ZVG zu Gunsten der GbR eingetragenen Sicherungshypothek betreiben.