Genussrechtsbeteiligung an österreichischer Gesellschaft
OLG Köln v. 2.3.2023 - 18 U 188/21
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte im Mai 2006 eine Genussrechtsbeteiligung i.H.v. 40.000 € an der F. Vermögensanlagen AG (im Folgenden: F.) mit Sitz in Wien gezeichnet. Im Mai 2007 erklärte die Klägerin ihre Zustimmung zur Neufassung der Genussrechtsbedingungen ("Q. Global High Yield Fund 425" (im Folgenden: GRB) und den Emittentenwechsel von der F. auf deren Rechtsnachfolgerin, die Q. Investments AG mit Sitz in Wien. § 13 Nr. 1 GRB sah die ausschließliche Geltung des Rechts der Republik Österreich vor. Rechtsnachfolgerin der Q. Investments AG wurde im Jahr 2013 die ebenfalls in Österreich ansässige Q. Investments GmbH, die mit Wirkung zum 31.12.2018 grenzüberschreitend auf die in England ansässige Beklagte verschmolzen wurde.
Die Klägerin, die die Genussrechte zum 31.12.2017 ordentlich gekündigt hatte, begehrte von der Beklagten, deren Rechtsvorgängerin die Kündigung bestätigt hatte, im Wesentlichen die Rückzahlung der getätigten Einlage sowie die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten - jeweils nebst Zinsen. Hilfsweise beansprucht sie im Wege der Stufenklage die Abrechnung ihrer Genussrechtsbeteiligung und die Auszahlung des abgerechneten Auseinandersetzungsguthabens.
Das LG hat dem Klagebegehren i.H.v. 36.532 € nebst Zinsen entsprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Klägerin könne von der Beklagten nicht die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangen. Mangels vorheriger Fristsetzung habe zum Zeitpunkt der Mandatierung der klägerischen Prozessbevollmächtigten eine Verzögerung i.S.v. § 1333 Abs. 2, § 1334 östABGB noch nicht vorgelegen. Auf die Berufungen beider Parteien hat das OLG die Entscheidung teilweise abgeändert und und die Beklagte verurteilt, für die Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 1.410 € aufzukommen.
Die Gründe:
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergab sich vorliegend aus dem für Verbrauchersachen vorgesehenen Gerichtsstand der Art. 17 Abs. 1 lit. c), Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO. Zwar ist der Verbraucherbegriff eng auszulegen, so dass für die Frage, ob eine Person als Verbraucher gehandelt hat, maßgeblich die Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrags in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung und nicht ihre subjektive Stellung ist. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bei Zeichnung der Genussrechtsbeteiligung zu einem Zweck gehandelt haben könnte, der zumindest teilweise ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zuzurechnen sein könnte, waren hier nicht ersichtlich. Insofern handelte es sich bei der Klägerin um eine Verbraucherin i.S.d. Art. 17 Abs. 1 EuGVVO.
Ferner stand hier der in § 13 Nr. 2 GRB vereinbarte Gerichtsstand am "Sitz der Gesellschaft" der Klage vor deutschen Gerichten nicht entgegen. Denn der - unterstellt wirksam vereinbarte - Gerichtsstand ist kein ausschließlicher. Dies ergibt sich aus Satz 2 des § 13 Nr. 2 GRB, der ausdrücklich vorsieht, dass "Die Gerichtsstandsvereinbarung ... nicht das Recht eines Genussrechtsinhabers [beschränkt], Verfahren vor einem anderen zuständigen Gericht anzustrengen". Ein solcher Vorbehalt war gem. Art. 17 Nr. 2 EuGVVO aF (jetzt Art. 19 Nr. 2 EuGVVO) nur für eine Gerichtsstandsvereinbarung im Rahmen eines Verbrauchervertrages auch zwingend geboten, was wiederum impliziert, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten selbst davon ausgegangen ist, dass die Anleger Verbraucher sein würden.
Schließlich lag entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung eine innergesellschaftliche Streitigkeit, die eine ausschließliche Zuständigkeit gem. Art. 24 Nr. 2 EuGVVO begründen könnte, nicht vor. Wie sich aus § 9 GRB ergab, hat es sich bei der Genussrechtsbeteiligung, auf deren Kündigung die vorliegende Klage gestützt war, gerade nicht um eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung gehandelt. Ohnedies ist die Beklagte eine Erklärung schuldig geblieben, wie die Klägerin durch die zum 31.12.2018 wirksam gewordene Verschmelzung Aktien an der Beklagten erworben haben soll, nachdem die von der Klägerin erklärte (und von der Beklagten akzeptierte) ordentliche Kündigung der Genussrechtsbeteiligung bereits zum 31.12.2017 wirksam geworden war.
Das LG hat der Klage in der Hauptforderung mit Recht stattgegeben. Jedoch besteht der hierauf bezogene Anspruch auf Verzugszinsen erst ab einem späteren Zeitpunkt als zuerkannt. Vorliegend führte die zwischen der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten gem. Art. 27 Abs. 1 EGBGB aF getroffene Rechtswahl zur Anwendung österreichischen Sachrechts (vgl. Art. 35 Abs. 1 EGBGB aF). Der Zahlungsanspruch ergab sich aus § 6 Abs. 4 Satz 1 GRB. Danach kann im Fall der wirksamen Kündigung der Genussrechtsbeteiligung der Genussrechtsinhaber die Rückzahlung der Genussrechte zu 100 % des Nennbetrags abzüglich eines etwaigen Verlustanteils gem. § 5 GRB (Rückzahlungsbetrag) verlangen.
Außerdem ergab sich ein Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren aus § 1333 Abs. 2 östABGB. Danach kann der Gläubiger u.a. den Ersatz vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen, "insbesondere die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Beitreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen." Und so lag der Fall hier.
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Aufsatz
Dennis Kellmann / Simon Brüggemann
Finales BMF-Schreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung von Genussrechtskapital vom 11.4.2023
Ubg 2023, 262
Justiz NRW
Die Klägerin hatte im Mai 2006 eine Genussrechtsbeteiligung i.H.v. 40.000 € an der F. Vermögensanlagen AG (im Folgenden: F.) mit Sitz in Wien gezeichnet. Im Mai 2007 erklärte die Klägerin ihre Zustimmung zur Neufassung der Genussrechtsbedingungen ("Q. Global High Yield Fund 425" (im Folgenden: GRB) und den Emittentenwechsel von der F. auf deren Rechtsnachfolgerin, die Q. Investments AG mit Sitz in Wien. § 13 Nr. 1 GRB sah die ausschließliche Geltung des Rechts der Republik Österreich vor. Rechtsnachfolgerin der Q. Investments AG wurde im Jahr 2013 die ebenfalls in Österreich ansässige Q. Investments GmbH, die mit Wirkung zum 31.12.2018 grenzüberschreitend auf die in England ansässige Beklagte verschmolzen wurde.
Die Klägerin, die die Genussrechte zum 31.12.2017 ordentlich gekündigt hatte, begehrte von der Beklagten, deren Rechtsvorgängerin die Kündigung bestätigt hatte, im Wesentlichen die Rückzahlung der getätigten Einlage sowie die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten - jeweils nebst Zinsen. Hilfsweise beansprucht sie im Wege der Stufenklage die Abrechnung ihrer Genussrechtsbeteiligung und die Auszahlung des abgerechneten Auseinandersetzungsguthabens.
Das LG hat dem Klagebegehren i.H.v. 36.532 € nebst Zinsen entsprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Klägerin könne von der Beklagten nicht die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangen. Mangels vorheriger Fristsetzung habe zum Zeitpunkt der Mandatierung der klägerischen Prozessbevollmächtigten eine Verzögerung i.S.v. § 1333 Abs. 2, § 1334 östABGB noch nicht vorgelegen. Auf die Berufungen beider Parteien hat das OLG die Entscheidung teilweise abgeändert und und die Beklagte verurteilt, für die Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 1.410 € aufzukommen.
Die Gründe:
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergab sich vorliegend aus dem für Verbrauchersachen vorgesehenen Gerichtsstand der Art. 17 Abs. 1 lit. c), Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO. Zwar ist der Verbraucherbegriff eng auszulegen, so dass für die Frage, ob eine Person als Verbraucher gehandelt hat, maßgeblich die Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrags in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung und nicht ihre subjektive Stellung ist. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bei Zeichnung der Genussrechtsbeteiligung zu einem Zweck gehandelt haben könnte, der zumindest teilweise ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zuzurechnen sein könnte, waren hier nicht ersichtlich. Insofern handelte es sich bei der Klägerin um eine Verbraucherin i.S.d. Art. 17 Abs. 1 EuGVVO.
Ferner stand hier der in § 13 Nr. 2 GRB vereinbarte Gerichtsstand am "Sitz der Gesellschaft" der Klage vor deutschen Gerichten nicht entgegen. Denn der - unterstellt wirksam vereinbarte - Gerichtsstand ist kein ausschließlicher. Dies ergibt sich aus Satz 2 des § 13 Nr. 2 GRB, der ausdrücklich vorsieht, dass "Die Gerichtsstandsvereinbarung ... nicht das Recht eines Genussrechtsinhabers [beschränkt], Verfahren vor einem anderen zuständigen Gericht anzustrengen". Ein solcher Vorbehalt war gem. Art. 17 Nr. 2 EuGVVO aF (jetzt Art. 19 Nr. 2 EuGVVO) nur für eine Gerichtsstandsvereinbarung im Rahmen eines Verbrauchervertrages auch zwingend geboten, was wiederum impliziert, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten selbst davon ausgegangen ist, dass die Anleger Verbraucher sein würden.
Schließlich lag entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung eine innergesellschaftliche Streitigkeit, die eine ausschließliche Zuständigkeit gem. Art. 24 Nr. 2 EuGVVO begründen könnte, nicht vor. Wie sich aus § 9 GRB ergab, hat es sich bei der Genussrechtsbeteiligung, auf deren Kündigung die vorliegende Klage gestützt war, gerade nicht um eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung gehandelt. Ohnedies ist die Beklagte eine Erklärung schuldig geblieben, wie die Klägerin durch die zum 31.12.2018 wirksam gewordene Verschmelzung Aktien an der Beklagten erworben haben soll, nachdem die von der Klägerin erklärte (und von der Beklagten akzeptierte) ordentliche Kündigung der Genussrechtsbeteiligung bereits zum 31.12.2017 wirksam geworden war.
Das LG hat der Klage in der Hauptforderung mit Recht stattgegeben. Jedoch besteht der hierauf bezogene Anspruch auf Verzugszinsen erst ab einem späteren Zeitpunkt als zuerkannt. Vorliegend führte die zwischen der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten gem. Art. 27 Abs. 1 EGBGB aF getroffene Rechtswahl zur Anwendung österreichischen Sachrechts (vgl. Art. 35 Abs. 1 EGBGB aF). Der Zahlungsanspruch ergab sich aus § 6 Abs. 4 Satz 1 GRB. Danach kann im Fall der wirksamen Kündigung der Genussrechtsbeteiligung der Genussrechtsinhaber die Rückzahlung der Genussrechte zu 100 % des Nennbetrags abzüglich eines etwaigen Verlustanteils gem. § 5 GRB (Rückzahlungsbetrag) verlangen.
Außerdem ergab sich ein Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren aus § 1333 Abs. 2 östABGB. Danach kann der Gläubiger u.a. den Ersatz vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen, "insbesondere die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Beitreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen." Und so lag der Fall hier.
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Aufsatz
Dennis Kellmann / Simon Brüggemann
Finales BMF-Schreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung von Genussrechtskapital vom 11.4.2023
Ubg 2023, 262
Aktionsmodul Gesellschaftsrecht:
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