Geschäftsführer müssen dem Registergericht die Wohnanschrift mitteilen
AG Bonn v. 4.7.2024 - 19 HRB 25835
Der Sachverhalt:
Die die Beschwerdeführer hatten mit Anmeldung vom 26.4.2004 unter Mitwirkung einer Notarin die Eintragung des Beschwerdeführers zu 1) als Geschäftsführer sowie die Eintragung einer Satzungsänderung in das Handelsregister beantragten. Mit Zwischenverfügung vom 22.5.2024 beanstandete das AG die fehlende Mitteilung der Anschrift des Geschäftsführers und wies darauf hin, dass diese nicht veröffentlicht werde, wenn dies nicht gewünscht sei. Vielmehr könne die Anschrift auch in einem separaten Schreiben oder über die Strukturdaten mitgeteilt werden und diene nur zur Verwendung im Rahmen der ordnungsgemäßen Verfahrensführung durch das Gericht.
Die Beschwerdeführer legten hiergegen Beschwerde ein. Sie meinten, dass die fehlende Mitteilung der Anschrift der Eintragung nicht entgegenstehe. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
Die Gründe:
Ungeachtet etwaiger Zulässigkeitsfragen ist die zur Entscheidung stehende streitige und soweit ersichtlich bisher nicht obergerichtlich geklärte materielle Rechtsfrage in der registergerichtlichen und notariellen Praxis bezirksübergreifend von erheblicher praktischer Relevanz. An einer obergerichtlichen Klärung besteht - auch um für die registergerichtliche Praxis künftig Rechtssicherheit herzustellen - ein dringendes praktisches Interesse.
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Eintragung kann derzeit nicht erfolgen, da dem Gericht die Anschrift des neu angemeldeten Geschäftsführers trotz entsprechender Beanstandung nicht innerhalb der gesetzten Frist mitgeteilt worden ist. Nach § 23 FamFG sind die Personen, die als Beteiligte eines Verfahrens in Betracht kommen, von dem Antragsteller möglichst genau zu bezeichnen, so dass diese eindeutig identifizierbar sind. Zudem ist sicherzustellen, dass die Beteiligten für das Gericht zur ordnungsgemäßen Verfahrensführung unter ihrer Anschrift erreichbar sind. Die Geschäftsführer einer GmbH sind bei der Anmeldung als organschaftliche Vertreter wegen der nach §§ 8 Abs. 3, 39 Abs. 3 GmbHG abzugebenden Versicherung Beteiligte und daher gegenüber dem Gericht mit der Anschrift zu benennen. Eine Veröffentlichung ist nicht erforderlich.
Es ist unverhältnismäßig, dem Gericht über die Nachfrage bei den Beteiligten hinaus die Ermittlung der Daten der Verfahrensbeteiligten durch zeit- und personalkostenintensive Einwohnermeldeamtsanfragen aufzuerlegen, wenn diese den Beteiligten bekannt sind und dem Gericht in einem nicht zur Veröffentlichung freizugebenden einfachen Schreiben oder über die systemseitigen Strukturdaten mitgeteilt werden können. Der vorliegende Sachverhalt zeigt, dass die Angabe der aktuellen Anschrift des Geschäftsführers bezogen auf die aktuelle, fallbezogene Anmeldung erforderlich ist. Denn dem Beschwerdeführer zu 1) konnte der Beschluss nicht zugestellt werden. Das von der Justiz zur Verfügung gestellte Programm RegisStar findet bei der Eingabe von Verfahrensbeteiligten durch die Serviceeinheit bei der Anlage des Falles ein - von der Abteilungsrichterin nicht zu beeinflussender - Datenabgleich mit Bestandsdaten des Systems statt. Die Daten, die zu dem Beschwerdeführer zu 1) hinterlegt waren, waren jedoch offensichtlich nicht (mehr) zutreffend.
Dies zeigt, dass es erforderlich ist, bei jeder Anmeldung aktuelle Daten anzugeben, um die Erreichbarkeit für das Gericht sicher zu stellen. Infolgedessen hat die Serviceeinheit, um die Zustellung zu ermöglichen, und nicht etwa - wie die Beschwerdeführer meinen - um anlasslos Daten zu sammeln, eine zulässige Einwohnermeldeamtsanfrage veranlasst. Erst nach Mitteilung der aktuellen Anschrift des Geschäftsführers durch die Meldebehörde konnte der Beschluss mit erheblicher zeitlicher Verzögerung zugestellt werden. Allein in diesem Einzelfall sind durch die nicht erfolgte Angabe der Anschrift des Geschäftsführers sowohl unnötig Kosten entstanden durch die Versendung des Beschlusses an die falsche, nicht in der Anmeldung aktualisierte Anschrift, als auch in nicht unerheblichem Umfang Personal gebunden worden. Diese kosten- und personalintensive sowie zeitlich unwirtschaftliche Vorgehensweise auf die bei den Registergerichten anfallende Vielzahl von Verfahren zu übertragen, ist nicht verhältnismäßig.
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Justiz NRW
Die die Beschwerdeführer hatten mit Anmeldung vom 26.4.2004 unter Mitwirkung einer Notarin die Eintragung des Beschwerdeführers zu 1) als Geschäftsführer sowie die Eintragung einer Satzungsänderung in das Handelsregister beantragten. Mit Zwischenverfügung vom 22.5.2024 beanstandete das AG die fehlende Mitteilung der Anschrift des Geschäftsführers und wies darauf hin, dass diese nicht veröffentlicht werde, wenn dies nicht gewünscht sei. Vielmehr könne die Anschrift auch in einem separaten Schreiben oder über die Strukturdaten mitgeteilt werden und diene nur zur Verwendung im Rahmen der ordnungsgemäßen Verfahrensführung durch das Gericht.
Die Beschwerdeführer legten hiergegen Beschwerde ein. Sie meinten, dass die fehlende Mitteilung der Anschrift der Eintragung nicht entgegenstehe. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
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