Ist der Gesellschafterbeschluss einer GmbH beurkundungsbedürftig?
OLG Celle v. 30.6.2021, 3 U 72/21
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war Eigentümerin eines Grundstücks, das ihr wesentliches Gesellschaftsvermögen darstellte und das sie im Dezember 2019 an die S. verkaufen wollte. Der beklagte Notar entwarf hierfür im Auftrag der Käuferin einen Grundstückskaufvertrag und stellte den Entwurf auch der Klägerin als Verkäuferin zur Verfügung. Die Beurkundung fand am 23.12.2019 am Amtssitz des Beklagten statt. Alleinige Gesellschafter der Klägerin waren zum Zeitpunkt der Beurkundung deren Geschäftsführer M. sowie die A-GmbH mit ihrem Alleingesellschafter und Geschäftsführer A. Für die Klägerin waren beide vorgenannten Herren zum Beurkundungstermin erschienen und brachten den Entwurf des Protokolls einer Gesellschafterversammlung nebst zu fassendem Beschluss über den Verkauf der Immobilie mit, um dieses Protokoll in Gegenwart des Beklagten zu unterschreiben.
Es kam zu einem Gespräch mit im Einzelnen streitigem Inhalt zwischen dem Beklagten und den Vertragsparteien über die Notwendigkeit der notariellen Beurkundung auch des zu fassenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Klägerin. Der Beklagte empfahl den Urkundsbeteiligten als sichersten Weg die notarielle Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses der GmbH, mit dem die Gesellschafter der Übertragung des Gesellschaftsvermögens oder eines wesentlichen Teils davon zustimmen würden. Der Klägerin stellte der Beklagte am 17.2.2020 für diese Leistung 7.030 € zzgl. 19 % Umsatzsteuer in Rechnung, woraufhin diese auch zahlte.
Später machte die Klägerin die Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 7.030 € geltend. Sie war der Ansicht, der Beklagte habe seine aus § 17 Abs. 1, 2 BeurkG folgende Pflicht zur gestaltenden Beratung verletzt, indem er die notarielle Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses für notwendig erachtet und - wie die Klägerin behauptet hat - sich außerstande gesehen habe, den Grundstückskaufvertrag wie im Entwurf vorgesehen zu beurkunden. Nach Auffassung der Klägerin habe es einer solchen zusätzlichen Beurkundung jedenfalls nach dem BGH-Urteil vom 8.1.2019 (Az.: II ZR 364/18) nicht mehr bedurft.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG hat diese Entscheidung im Berufungsverfahren bestätigt.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen den Beklagten schon deshalb keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO, weil der Beklagte im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Beurkundung des Grundstückskaufvertrages vom 23.12.2019 keine ihm obliegende notarielle Amtspflicht verletzt hat. Insbesondere liegt entgegen der Auffassung der Klägerin kein Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG vor.
Entgegen der Auffassung der Klägerin handelte es sich bei der gewählten Vertragsgestaltung unter Einbeziehung des notariell beurkundeten Gesellschafterbeschlusses um den sichersten Weg zur wirksamen Errichtung der Urkunde, zu dessen Wahl der Beklagte verpflichtet war. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der BGH-Entscheidung vom 8.1.2019 (Az.: II ZR 364/18). Diese betrifft lediglich die - vom BGH verneinte - analoge Anwendbarkeit des § 179a AktG auf die GmbH. Sie verhält sich jedoch nicht zu einer notariellen Beurkundungsbedürftigkeit eines Gesellschafterbeschlusses, der die Zustimmung zu der Übertragung des Gesellschaftsvermögens - bzw. hier unstreitig des wesentlichen Teils davon - beinhaltet.
Deshalb lässt sich aus dieser Rechtsprechung nicht mit der notwendigen Gewissheit ableiten, dass es fehlerhaft und damit pflichtwidrig gewesen wäre, eine notarielle Beurkundung zu empfehlen bzw. als sichersten Weg zu wählen. Vielmehr wurde und wird in der Literatur auch nach dem vorgenannten "Januar-Urteil" das Erfordernis der notariellen Beurkundung kontrovers diskutiert und aus Gründen der Vorsicht die Einhaltung der notariellen Form empfohlen, da mangels ausdrücklicher Stellungnahme des BGH zu dieser Frage in der Praxis weiterhin Rechtsunsicherheit herrscht.
Dieser Unsicherheit musste der Beklagte gem. § 17 BeurkG durch die Aufnahme der entsprechenden Änderungen in den Kaufvertrag begegnen. Eben diese Empfehlung des Beklagten zur Wahl des sichersten Weges, die dem Interesse der Vertragsparteien an der Wirksamkeit des Kaufvertrages entsprach, ergibt sich auch aus dem im Sachverhalt zitierten Passus in der Präambel des Vertrages.
Niedersächsisches Landesjustizportal
Die Klägerin war Eigentümerin eines Grundstücks, das ihr wesentliches Gesellschaftsvermögen darstellte und das sie im Dezember 2019 an die S. verkaufen wollte. Der beklagte Notar entwarf hierfür im Auftrag der Käuferin einen Grundstückskaufvertrag und stellte den Entwurf auch der Klägerin als Verkäuferin zur Verfügung. Die Beurkundung fand am 23.12.2019 am Amtssitz des Beklagten statt. Alleinige Gesellschafter der Klägerin waren zum Zeitpunkt der Beurkundung deren Geschäftsführer M. sowie die A-GmbH mit ihrem Alleingesellschafter und Geschäftsführer A. Für die Klägerin waren beide vorgenannten Herren zum Beurkundungstermin erschienen und brachten den Entwurf des Protokolls einer Gesellschafterversammlung nebst zu fassendem Beschluss über den Verkauf der Immobilie mit, um dieses Protokoll in Gegenwart des Beklagten zu unterschreiben.
Es kam zu einem Gespräch mit im Einzelnen streitigem Inhalt zwischen dem Beklagten und den Vertragsparteien über die Notwendigkeit der notariellen Beurkundung auch des zu fassenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Klägerin. Der Beklagte empfahl den Urkundsbeteiligten als sichersten Weg die notarielle Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses der GmbH, mit dem die Gesellschafter der Übertragung des Gesellschaftsvermögens oder eines wesentlichen Teils davon zustimmen würden. Der Klägerin stellte der Beklagte am 17.2.2020 für diese Leistung 7.030 € zzgl. 19 % Umsatzsteuer in Rechnung, woraufhin diese auch zahlte.
Später machte die Klägerin die Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 7.030 € geltend. Sie war der Ansicht, der Beklagte habe seine aus § 17 Abs. 1, 2 BeurkG folgende Pflicht zur gestaltenden Beratung verletzt, indem er die notarielle Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses für notwendig erachtet und - wie die Klägerin behauptet hat - sich außerstande gesehen habe, den Grundstückskaufvertrag wie im Entwurf vorgesehen zu beurkunden. Nach Auffassung der Klägerin habe es einer solchen zusätzlichen Beurkundung jedenfalls nach dem BGH-Urteil vom 8.1.2019 (Az.: II ZR 364/18) nicht mehr bedurft.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG hat diese Entscheidung im Berufungsverfahren bestätigt.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen den Beklagten schon deshalb keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO, weil der Beklagte im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Beurkundung des Grundstückskaufvertrages vom 23.12.2019 keine ihm obliegende notarielle Amtspflicht verletzt hat. Insbesondere liegt entgegen der Auffassung der Klägerin kein Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG vor.
Entgegen der Auffassung der Klägerin handelte es sich bei der gewählten Vertragsgestaltung unter Einbeziehung des notariell beurkundeten Gesellschafterbeschlusses um den sichersten Weg zur wirksamen Errichtung der Urkunde, zu dessen Wahl der Beklagte verpflichtet war. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der BGH-Entscheidung vom 8.1.2019 (Az.: II ZR 364/18). Diese betrifft lediglich die - vom BGH verneinte - analoge Anwendbarkeit des § 179a AktG auf die GmbH. Sie verhält sich jedoch nicht zu einer notariellen Beurkundungsbedürftigkeit eines Gesellschafterbeschlusses, der die Zustimmung zu der Übertragung des Gesellschaftsvermögens - bzw. hier unstreitig des wesentlichen Teils davon - beinhaltet.
Deshalb lässt sich aus dieser Rechtsprechung nicht mit der notwendigen Gewissheit ableiten, dass es fehlerhaft und damit pflichtwidrig gewesen wäre, eine notarielle Beurkundung zu empfehlen bzw. als sichersten Weg zu wählen. Vielmehr wurde und wird in der Literatur auch nach dem vorgenannten "Januar-Urteil" das Erfordernis der notariellen Beurkundung kontrovers diskutiert und aus Gründen der Vorsicht die Einhaltung der notariellen Form empfohlen, da mangels ausdrücklicher Stellungnahme des BGH zu dieser Frage in der Praxis weiterhin Rechtsunsicherheit herrscht.
Dieser Unsicherheit musste der Beklagte gem. § 17 BeurkG durch die Aufnahme der entsprechenden Änderungen in den Kaufvertrag begegnen. Eben diese Empfehlung des Beklagten zur Wahl des sichersten Weges, die dem Interesse der Vertragsparteien an der Wirksamkeit des Kaufvertrages entsprach, ergibt sich auch aus dem im Sachverhalt zitierten Passus in der Präambel des Vertrages.