28.08.2024

Partnerschaftsgesellschaft: Nichtigkeit der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bei Einberufung durch Unbefugten

Bei der Partnerschaftsgesellschaft führt die Einberufung durch einen Unbefugten zur Unwirksamkeit der Einladung und zur Nichtigkeit der auf der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse.

BGH v. 16.7.2024 - II ZR 100/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist neben dem Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 4) Gründungspartner der am 1.1.2007 gegründeten B. Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB in Frankfurt a.M., der zwischenzeitlich auch die Beklagten zu 2) und zu 3) als Partner angehören. § 4 Nr. 4 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags der Partnerschaftsgesellschaft lautet wie folgt: "Die Partnerversammlung wird vom Managing Partner einberufen."

Mit einem auch an den Kläger gerichteten Schreiben vom 30.7.2020 lud der Beklagte zu 4) zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 7.8.2020 ein. Die Einladung sah als Tagesordnungspunkt den Ausschluss des Klägers vor. Der Beschuss über den Ausschluss des Klägers mit sofortiger Wirkung wurde mit den Stimmen der Beklagten zu 1) bis 4) in Abwesenheit des Klägers gefasst. Der Kläger begehrte u.a. die Feststellung, dass der in der Gesellschafterversammlung vom 7.8.2020 gefasste Beschluss über seinen Ausschluss nichtig ist.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Urteil des OLG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Das OLG meint zu Unrecht, es sei unerheblich, ob der Managing Partner der Gesellschaft zur Gesellschafterversammlung am 7.8.2020 eingeladen habe. Bei der Partnerschaftsgesellschaft führt die Einberufung durch einen Unbefugten zur Unwirksamkeit der Einladung und zur Nichtigkeit der auf der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse.

In der Partnerschaftsgesellschaft gelten für die Behandlung von Beschlussmängeln die zum Personengesellschaftsrecht entwickelten Grundsätze. Bei der Personengesellschaft führt die Einberufung durch einen Unbefugten zur Nichtigkeit der auf der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse. Zu Unrecht verneint das OLG die Nichtigkeit des Beschlusses mit der Begründung, es sei weder dargetan noch ersichtlich, dass der Beschlussinhalt ein anderer gewesen wäre, wenn der Managing Partner, wie nach dem Gesellschaftsvertrag vorgesehen, eingeladen hätte und nicht der Beklagte zu 4). Darauf, ob die Einladung durch einen Unbefugten das Zustandekommen des auf der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlusses beeinflusst hat, kommt es nicht an.

Abweichend von dem im Personengesellschaftsrecht vor der Reform durch das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz allgemein vorherrschenden Grundsatz der Nichtigkeit mangelhafter Beschlüsse, können Verstöße gegen Form, Frist und Inhalt der Einberufung einer Gesellschafterversammlung zwar nur dann zur Nichtigkeit des Beschlusses führen, wenn der mit den gesellschaftsvertraglichen oder gesetzlichen Ladungsbestimmungen verfolgte Zweck, dem einzelnen Gesellschafter die Vorbereitung auf die Tagesordnungspunkte und die Teilnahme an der Versammlung zu ermöglichen, vereitelt wird. Wird dieser "Dispositionsschutz" verletzt, liegt ein zur Nichtigkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse führender schwerwiegender Mangel vor. Der Verfahrensmangel führt aber nur zur Nichtigkeit des Beschlusses, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sein Zustandekommen durch den Fehler beeinflusst ist.

Diese Rechtsprechung ist jedoch auf die Einberufung durch einen Unbefugten nicht übertragbar. Die Einberufung der Gesellschafterversammlung durch einen Unbefugten führt nach ständiger BGH-Rechtsprechung rechtsformübergreifend zur Unwirksamkeit der Einladung und zur Nichtigkeit der auf der Versammlung gefassten Beschlüsse. Bei der Einberufung durch einen Unbefugten liegt kein bloßer Formmangel vor. In diesem Fall fehlt vielmehr ein Mindesterfordernis der Gesellschafterversammlung. Die Ladung durch einen Unbefugten kommt einer Nichtladung gleich und kann vom Geladenen unbeachtet bleiben, ohne dass ihm hieraus nachteilige Rechtsfolgen erwachsen dürfen. Die Beachtung der Ladungsbefugnis dient damit der Sicherung eines für jeden Gesellschafter unverzichtbaren Gesellschafterrechts, seines Teilnahmerechts an der Gesellschafterversammlung und der damit verbundenen Einflussmöglichkeit auf die Willensbildung der Gesellschaft.

Hinsichtlich des Gewichts der drohenden Rechtsbeeinträchtigung bei Ladung durch einen Unbefugten ist auch dann kein Grund für eine andere Beurteilung ersichtlich, wenn es sich, wie vorliegend, um eine personalistisch geprägte Gesellschaft handelt. Dies wird bestätigt durch einen vergleichenden Blick in das Kapitalgesellschaftsrecht. Bei der Aktiengesellschaft und bei der GmbH, auf welche die aktienrechtlichen Grundsätze in ständiger Rechtsprechung übertragen werden, hat die Nichtigkeit eines auf einer durch einen Unbefugten einberufenen Gesellschafterversammlung gefassten Beschlusses ihren Niederschlag in § 241 Nr. 1, § 121 Abs. 2 AktG gefunden, ohne dass danach differenziert wird, ob es sich um eine Gesellschaft mit einem kleinen oder einem großen Gesellschafterkreis handelt.

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