29.03.2021

Rechtsschutz der Aktionäre bei Widerruf der Zulassung der Aktien zum regulierten Markt (Delisting)

Der Rechtsschutz für Aktionäre ist zweigleisig ausgestaltet; sie haben die Möglichkeit, die Unangemessenheit des Angebots des Emittenten zum Erwerb der Aktien vor den Zivilgerichten geltend zu machen oder eine öffentlich-rechtliche Anfechtungsklage gegen den Widerrufsbescheid vor den Verwaltungsgerichten zu erheben. Der Ausschluss des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes gem. § 39 Abs. 6 BörsG gilt dabei nicht nur für die Angemessenheit der Gegenleistung für den Erwerb der Aktien, sondern für sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 39 Abs. 3 BörsG.

VGH Hessen v. 22.2.2021 - 6 B 2656/20
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheids der Frankfurter Wertpapierbörse vom 27.10.2020, mit dem auf Antrag der Emittentin die Zulassung der "X...-Aktien" zum regulierten Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse widerrufen wurde.

Der Antragsteller ist Eigentümer von Aktien, die die Emittentin ausgegeben hat. Im Oktober 2020 beantragte die Emittentin den Widerruf der Zulassung und veröffentlichte zeitgleich eine Unterlage über ein freiwilliges Angebot zum Erwerb aller X...-Aktien nach den Vorschriften des WpÜG. Dementsprechend wurde die Zulassung der Aktien zum regulierten Markt durch Bescheid der Frankfurter Wertpapierbörse widerrufen.

Der Antragsteller legte gegen diesen Widerrufsbescheid Widerspruch ein und beantragte vor dem VerwG die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gemäß § 80 Abs. 5 und § 80a VwGO. Er ist der Ansicht, das Erwerbsangebot sei nicht "unbedingt" i.S.d. § 39 Abs. 3 Satz 1 BörsG, da er eine aktienrechtliche Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen Hauptversammlungsbeschlüsse der Emittentin erhoben habe. Das VerwG hat die Anträge als unzulässig abgelehnt.

Der VGH hat nun auch die Beschwerde gegen die Ablehnung der Anträge zurückgewiesen. Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Die Gründe:
Das VerwG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die in erster Instanz gestellten Anträge unzulässig sind, da der Antragsteller sich für sein Begehren nicht auf die analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis stützen konnte.

Mit der Neufassung von § 39 Abs. 2 bis 6 BörsG haben die Aktionäre die Möglichkeit, die Unangemessenheit der Gegenleistung vor den Zivilgerichten geltend zu machen oder eine öffentlich-rechtliche Anfechtungsklage gegen den Widerrufsbescheid vor den Verwaltungsgerichten zu erheben.

Soweit sich der Antragsteller auf das Fehlen der Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 BörsG beruft, kann er daraus seine Antragsbefugnis nicht herleiten. Die für einen Widerruf der Zulassung von Amts wegen in § 39 Abs. 1 BörsG normierten Voraussetzungen, dass ein ordnungsgemäßer Börsenhandel auf Dauer nicht mehr gewährleistet ist und die Geschäftsführung die Notierung im regulierten Markt eingestellt hat oder der Emittent seine Pflichten aus der Zulassung auch nach einer angemessenen Frist nicht erfüllt, gelten für den Widerruf auf Antrag des Emittenten gemäß § 39 Abs. 2 Satz 1 BörsG nicht.

Der Antragsteller kann seine Antragsbefugnis auch nicht darauf stützen, dass er geltend macht, das Erwerbsangebot sei nicht "unbedingt" i.S.d. § 39 Abs. 3 Satz 1 BörsG, da er eine aktienrechtliche Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen Hauptversammlungsbeschlüsse der X... SE vor dem LG Berlin erhoben habe. Insoweit greift die in § 39 Abs. 6 BörsG enthaltene Regelung, die klarstellt, dass die Anforderungen des Absatzes 3 nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes sind. Dass der Ausschluss des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nicht nur für die Angemessenheit der Gegenleistung i.S.d. § 39 Abs. 3 Satz 2 BörsG, sondern für sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 39 Abs. 3 BörsG gilt, ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut des Absatzes 6 ("...die Anforderungen des Absatzes 3 ...") als auch aus den Gesetzesmaterialien.
Justiz Hessen online
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