Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters
BGH v. 7.5.2020 - IX ZB 29/18Das Insolvenzgericht bestellte den weiteren Beteiligten zu 1 in einem Insolvenzverfahren über das Vermögen einer KG und ihrer Komplementärin, der Schuldnerin, jeweils zum Insolvenzverwalter. Dieser meldete für die KG eine Forderung gegen die Schuldnerin in Höhe von 1.500.000 € zur Insolvenztabelle an. Mit der Prüfung dieser Forderung beauftragte das Insolvenzgericht die weitere Beteiligte zu 2 als Sonderinsolvenzverwalterin. Die Forderung wurde in Höhe von rd. 1.200.000 € zur Tabelle festgestellt; wegen des darüberhinausgehenden Betrages nahm der weitere Beteiligte zu 1 die Anmeldung zurück. Auf die Insolvenzgläubiger entfällt nach den Berichten des weiteren Beteiligten zu 1 voraussichtlich eine Befriedigungsquote in Höhe von 1%.
Die Sonderinsolvenzverwalterin beantragte, ihre Vergütung auf rd. 8.000 € festzusetzen. Das Insolvenzgericht hat ein Entgelt in Höhe von rd. 400 € festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde hat das LG die Vergütung auf rd. 1.000 € festgesetzt. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgte die Sonderinsolvenzverwalterin den bisher erfolglosen Teil ihres Festsetzungsantrags weiter.
Der BGH hat ihren Festsetzungsantrag im Ergebnis abgwiesen, den Beschluss des LG jedoch wegen nicht gewährter Auslagenerstattung teilweise aufgehoben und an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Die Gründe:
Die Sonderinsolvenzverwalterin kann als angemessene Vergütung eine 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG aus einem Gegenstandswert von 15.000 € verlangen. Ihre Tätigkeit, die nicht über die Tätigkeit einer Rechtsanwältin hinausgegangen ist, unterliegt den Regelungen der Sondervergütung gemäß § 5 Abs. 1 InsVV und daraus folgend den Bestimmungen des RVG. Der zugrunde zu legende Gegenstandswert bemisst sich nicht nach der Höhe der zu prüfenden Forderung, sondern nach der hierauf zu erwartenden Befriedigungsquote von eins vom Hundert.
Das Beschwerdegericht hat zwar rechtsfehlerhaft als Vergütung eine 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG festgesetzt. Denn die Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters bemisst sich in entsprechender Anwendung der §§ 63 ff InsO und der Insolvenzrechtlichen Vergütungsordnung. Sie ist nur dann unmittelbar nach den Bestimmungen des RVG zu berechnen, wenn die vom Sonderinsolvenzverwalter übernommene Aufgabe gemäß § 5 Abs. 1 InsVV angemessener Weise einem Rechtsanwalt zu übertragen war. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Die Prüfung der zur Aufnahme in die Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen gehört zu den Kernaufgaben, die ein Insolvenzverwalter in der Regel selbst auszuführen in der Lage sein muss, auch wenn er nicht als Rechtsanwalt zugelassen ist. Er wird diese Tätigkeit deshalb angemessener Weise nicht einem Rechtsanwalt übertragen, wenn nicht ausnahmsweise besondere rechtliche Schwierigkeiten mit der Prüfung einer Forderung verbunden sind. Dafür ist im Streitfall nichts festgestellt.
Die Sonderinsolvenzverwalterin ist durch diesen Rechtsfehler jedoch nicht beschwert. Eine höhere Festsetzung ihrer Vergütung kommt nicht in Betracht. Die Vergütung, welche sie unter den Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 InsVV nach dem RVG beanspruchen könnte, bildet die obere Grenze ihrer Vergütung als Sonderinsolvenzverwalterin, weil ihre Aufgabe ausschließlich darin bestand, einen einzelnen Anspruch zu prüfen, den der weitere Beteiligte zu 1 als Insolvenzverwalter über das Vermögen der KG zur Insolvenztabelle angemeldet hatte. Sie beträgt entsprechend der vom Beschwerdegericht festgesetzten Vergütung rd. 1.000 €.
Bei der Bestimmung der Vergütung, die der Sonderinsolvenzverwalter - hypothetisch - unter den Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 InsVV für die Prüfung einer angemeldeten Forderung beanspruchen könnte, ist von einer Geschäftsgebühr für außergerichtliche Tätigkeit nach Nr. 2300 VV RVG auszugehen. Der Ansatz der 1,3-fachen Regelgebühr entspricht dem Antrag der Sonderinsolvenzverwalterin. Daraus errechnet sich bei einem Gegenstandswert von 15.000 € eine Vergütung - wie vom Beschwerdegericht festgesetzt - in Höhe von rd. 1.000 €.
Der maßgebliche Gegenstandswert beträgt 15.000 €. Ist der Auftrag an den Sonderinsolvenzverwalter - wie hier - auf die Prüfung einer angemeldeten Forderung beschränkt, ist der Gegenstandswert für die zu berechnende Geschäftsgebühr gemäß § 28 Abs. 3, § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Beschwerdegericht hat zwar keine Ermessenserwägungen angestellt, sondern "wie bei einem Feststellungsrechtsstreit" die zu erwartende Befriedigungsquote für maßgeblich erachtet. Der Senat kann diesen Ermessensnichtgebrauch jedoch durch eine eigene Ermessensausübung ersetzen, weil die Sache im Blick auf die Vergütung der Sonderinsolvenzverwalterin entscheidungsreif ist. Dabei erweist sich die Bestimmung des Gegenstandswerts durch das Beschwerdegericht im Ergebnis als richtig.
Der Gegenstandswert für die vom Sonderinsolvenzverwalter unter den Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 InsVV für die Prüfung einer Forderungsanmeldung zu beanspruchende Geschäftsgebühr entspricht in der Regel der Befriedigungsquote, die im Zeitpunkt seiner ersten Tätigkeit zu erwarten gewesen ist.
Die Bestimmung des Gegenstandswerts hat gemäß § 28 Abs. 3 RVG unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses, das der Auftraggeber im Verfahren verfolgt, zu erfolgen. Erfüllt der Sonderinsolvenzverwalter eine ihm vom Insolvenzgericht übertragene Aufgabe, fehlt es zwar an einem Auftraggeber in diesem Sinne. Unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 InsVV ist der Sonderinsolvenzverwalter jedoch für seine Tätigkeit wie ein beauftragter Rechtsanwalt zu vergüten. Zur Bestimmung des Gegenstandswerts einer solchen Tätigkeit ist daher im Anwendungsbereich von § 28 Abs. 3 RVG - hypothetisch - auf das wirtschaftliche Interesse abzustellen, das der Insolvenzverwalter mit der entsprechenden Beauftragung eines Rechtsanwalts verfolgt hätte. Dieses Interesse ist bei der Prüfung einer zur Tabelle angemeldeten Forderung in der Regel mit der zu erwartenden Befriedigungsquote gleichzusetzen.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze übt der Senat sein Ermessen dahin aus, dass der Gegenstandswert für die hier zu ermittelnde Geschäftsgebühr 15.000 € beträgt. Dies entspricht der nach den unwidersprochen gebliebenen Berichten des weiteren Beteiligten zu 1 stets erwarteten Befriedigungsquote in Höhe von 1% auf die von der Sonderinsolvenzverwalterin geprüfte Forderung mit einem Nennwert von 1.500.000 €.
Rechtsfehlerhaft hat das Beschwerdegericht allerdings zum Nachteil der Sonderinsolvenzverwalterin entgegen § 63 Abs. 1 Satz 1 InsO, §§ 4, 8 InsVV keine erstattungsfähigen Auslagen festgesetzt. Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG bildet die Obergrenze allein für die Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters. Die Erstattungsfähigkeit von Auslagen wird dadurch nicht berührt. Das Beschwerdegericht wird die Festsetzung der zu erstattenden Auslagen daher nachzuholen haben.