Was muss bei der Vertretung einer eingetragenen Genossenschaft beachtet werden?
OLG Bamberg v. 25.3.2020 - 4 W 21/20
Der Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 3) und Notarin hatte mit Schreiben vom 4.2.2020 dem Amtsgericht - Grundbuchamt - gem. § 15 GBO eine Löschungsbewilligung der Beteiligten zu 1) sowie eine Löschungsbewilligung der Beteiligten zu 2) vorgelegt und den grundbuchlichen Vollzug dieser Urkunden beantragt.
Bei der Beteiligten zu 2) handelt es sich um eine eingetragene Genossenschaft. Nach dem Eintrag im Register wird die Genossenschaft vertreten durch zwei Vorstandsmitglieder oder einem Vorstandsmitglied gemeinsam mit einem Prokuristen. Vorstandsmitglieder sind A und B. Die Löschungsbewilligung war von B unterzeichnet worden. Dieser handelte aufgrund einer Vollmacht. In der Vollmachtsurkunde vom 27.9.2019 ermächtigt A gemäß § 25 Abs. 3 Satz 1 GenG B. zur Vertretung der Beteiligten zu 2) in bestimmten Grundbuchsachen.
Mit Zwischenverfügung vom 10.2.2020 teilte die zuständige Rechtspflegerin des AG der Notarin mit, dass ein Eintragungshindernis bestehe, weil die Löschung des Grundpfandrechts nur durch ein Vorstandsmitglied bewilligt und die vorgelegte Vollmacht nur durch ein Vorstandsmitglied erteilt worden sei. Sie setzte eine Frist zur Behebung des Hindernisses bis 10.03.2020. Mit Schreiben vom 13.2.2020 legte die Notarin gegen die Zwischenverfügung Erinnerung ein. Eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung sei gegeben. Herr B könne und müsse sich nicht selbst ermächtigen, so dass die Bevollmächtigung durch Herrn A. ausreichend sei.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Das OLG hat sie zurückgewiesen.
Die Gründe:
Es fehlt an einer wirksamen Ermächtigung des B für die Erteilung der Löschungsbewilligung. Dessen wäre von beiden Vorstandsmitgliedern gemeinsam zu erteilen gewesen, § 25 Abs. 3 S. 1 GenG.
Danach können zur Gesamtvertretung befugte Vorstandsmitglieder einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen. Es besteht Einigkeit, dass die Vorstandsmitglieder die Ermächtigung in jeweils vertretungsberechtigter Anzahl aussprechen müssen. Daraus folgt, dass bei einem mit mehr als zwei Personen besetzten Vorstand die Ermächtigung zwar nicht zwingend durch alle, aber immer durch so viele Mitglieder zu erfolgen hat, wie für eine wirksame Vertretung erforderlich sind, wobei nach überwiegender Meinung der zu Ermächtigende selbst mitwirken kann. Im Falle einer echten Gesamtvertretung muss das zu ermächtigende Vorstandsmitglied daher mitwirken, wenn der Vorstand ohne es nicht vertretungsbefugt ist, insbesondere dann, wenn der Vorstand nur aus zwei Mitgliedern besteht.
Die Gegenauffassung argumentiert, dass niemand sich selbst ermächtigen könne und dass nicht die Genossenschaft oder ihr Gesamtvorstand ermächtige. Vielmehr würden die einzelnen Vorstandsmitglieder dadurch ermächtigen, dass sie dem zu Ermächtigenden die ihnen jeweils zustehende organschaftliche Befugnis zur Ausübung überließen. Es müssten daher nur so viele Vorstandsmitglieder ermächtigen, dass der Ermächtigte neben seiner eigenen (bereits vorhandenen) Vertretungsmacht so viel abgeleitete Vertretungsmacht auf sich vereinigt, wie im Normalfall der Gesamtvertretung vertretungsberechtigter Vorstandsmitglieder tätig werden müssten.
Dem ist jedoch nicht zu folgen. Denn aus dem Wortlaut der Regelung des § 25 Abs. 3 Satz 1 GenG lässt sich kein Hinderungsgrund für eine Mitwirkung des zu Ermächtigenden ableiten. Zudem ist zu sehen, dass die Regelung zu einer Abschwächung des Grundsatzes der Gesamtvertretung zugunsten des Verkehrs führt. Ursprünglich war daher im Aktienrecht, das eine identische Regelung kennt, die Ermächtigung durch den "Vorstand" zu erteilen. Nachdem es aber von der h.M. als ausreichend angesehen wurde, wenn eine zur Vertretung genügende Zahl von Vorstandsmitgliedern die Ermächtigung erteilte, fasste der Gesetzgeber die Vorschrift entsprechend der heute gültigen Fassung des § 78 Abs. 4 AktG bzw. des § 25 Abs. 3 GenG neu und bestätigte die bisherige Auslegung.
Im vorliegenden Fall gibt es neben dem Vorstandsvorsitzenden A nur ein weiteres Vorstandsmitglied. Der Vorsitzende kann laut Registereintrag entweder gemeinsam mit diesem oder mit dem Prokuristen die Genossenschaft nach außen vertreten. Es ist ein Fall der Gesamtvertretung gegeben, der eine Mitwirkung des B an der Ermächtigung erforderlich macht. Die Vollmachtsurkunde vom 27.9.2018 war daher nicht geeignet, eine wirksame Vertretungsberechtigung des B nachzuweisen.
Bayern.Recht
Die Beteiligte zu 3) und Notarin hatte mit Schreiben vom 4.2.2020 dem Amtsgericht - Grundbuchamt - gem. § 15 GBO eine Löschungsbewilligung der Beteiligten zu 1) sowie eine Löschungsbewilligung der Beteiligten zu 2) vorgelegt und den grundbuchlichen Vollzug dieser Urkunden beantragt.
Bei der Beteiligten zu 2) handelt es sich um eine eingetragene Genossenschaft. Nach dem Eintrag im Register wird die Genossenschaft vertreten durch zwei Vorstandsmitglieder oder einem Vorstandsmitglied gemeinsam mit einem Prokuristen. Vorstandsmitglieder sind A und B. Die Löschungsbewilligung war von B unterzeichnet worden. Dieser handelte aufgrund einer Vollmacht. In der Vollmachtsurkunde vom 27.9.2019 ermächtigt A gemäß § 25 Abs. 3 Satz 1 GenG B. zur Vertretung der Beteiligten zu 2) in bestimmten Grundbuchsachen.
Mit Zwischenverfügung vom 10.2.2020 teilte die zuständige Rechtspflegerin des AG der Notarin mit, dass ein Eintragungshindernis bestehe, weil die Löschung des Grundpfandrechts nur durch ein Vorstandsmitglied bewilligt und die vorgelegte Vollmacht nur durch ein Vorstandsmitglied erteilt worden sei. Sie setzte eine Frist zur Behebung des Hindernisses bis 10.03.2020. Mit Schreiben vom 13.2.2020 legte die Notarin gegen die Zwischenverfügung Erinnerung ein. Eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung sei gegeben. Herr B könne und müsse sich nicht selbst ermächtigen, so dass die Bevollmächtigung durch Herrn A. ausreichend sei.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Das OLG hat sie zurückgewiesen.
Die Gründe:
Es fehlt an einer wirksamen Ermächtigung des B für die Erteilung der Löschungsbewilligung. Dessen wäre von beiden Vorstandsmitgliedern gemeinsam zu erteilen gewesen, § 25 Abs. 3 S. 1 GenG.
Danach können zur Gesamtvertretung befugte Vorstandsmitglieder einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen. Es besteht Einigkeit, dass die Vorstandsmitglieder die Ermächtigung in jeweils vertretungsberechtigter Anzahl aussprechen müssen. Daraus folgt, dass bei einem mit mehr als zwei Personen besetzten Vorstand die Ermächtigung zwar nicht zwingend durch alle, aber immer durch so viele Mitglieder zu erfolgen hat, wie für eine wirksame Vertretung erforderlich sind, wobei nach überwiegender Meinung der zu Ermächtigende selbst mitwirken kann. Im Falle einer echten Gesamtvertretung muss das zu ermächtigende Vorstandsmitglied daher mitwirken, wenn der Vorstand ohne es nicht vertretungsbefugt ist, insbesondere dann, wenn der Vorstand nur aus zwei Mitgliedern besteht.
Die Gegenauffassung argumentiert, dass niemand sich selbst ermächtigen könne und dass nicht die Genossenschaft oder ihr Gesamtvorstand ermächtige. Vielmehr würden die einzelnen Vorstandsmitglieder dadurch ermächtigen, dass sie dem zu Ermächtigenden die ihnen jeweils zustehende organschaftliche Befugnis zur Ausübung überließen. Es müssten daher nur so viele Vorstandsmitglieder ermächtigen, dass der Ermächtigte neben seiner eigenen (bereits vorhandenen) Vertretungsmacht so viel abgeleitete Vertretungsmacht auf sich vereinigt, wie im Normalfall der Gesamtvertretung vertretungsberechtigter Vorstandsmitglieder tätig werden müssten.
Dem ist jedoch nicht zu folgen. Denn aus dem Wortlaut der Regelung des § 25 Abs. 3 Satz 1 GenG lässt sich kein Hinderungsgrund für eine Mitwirkung des zu Ermächtigenden ableiten. Zudem ist zu sehen, dass die Regelung zu einer Abschwächung des Grundsatzes der Gesamtvertretung zugunsten des Verkehrs führt. Ursprünglich war daher im Aktienrecht, das eine identische Regelung kennt, die Ermächtigung durch den "Vorstand" zu erteilen. Nachdem es aber von der h.M. als ausreichend angesehen wurde, wenn eine zur Vertretung genügende Zahl von Vorstandsmitgliedern die Ermächtigung erteilte, fasste der Gesetzgeber die Vorschrift entsprechend der heute gültigen Fassung des § 78 Abs. 4 AktG bzw. des § 25 Abs. 3 GenG neu und bestätigte die bisherige Auslegung.
Im vorliegenden Fall gibt es neben dem Vorstandsvorsitzenden A nur ein weiteres Vorstandsmitglied. Der Vorsitzende kann laut Registereintrag entweder gemeinsam mit diesem oder mit dem Prokuristen die Genossenschaft nach außen vertreten. Es ist ein Fall der Gesamtvertretung gegeben, der eine Mitwirkung des B an der Ermächtigung erforderlich macht. Die Vollmachtsurkunde vom 27.9.2018 war daher nicht geeignet, eine wirksame Vertretungsberechtigung des B nachzuweisen.