Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 41)
Keine Ausnahme vom Gesellschafterdarlehensrecht für "faktischen Nichtgesellschafter"
1. Erlangt die Anfechtungsgegnerin eine Gesellschafterstellung an der späteren Insolvenzschuldnerin, bevor zu ihren Gunsten eine Grundschuld an einer der Schuldnerin gehörenden Eigentumswohnung zur Sicherung eines titulierten Darlehensrückzahlungsanspruchs ins Grundbuch eingetragen wird, kann die Rückzahlung zur Ablösung der Grundschuld gem. §§ 129, 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO angefochten werden.
2. Die Argumentation der Anfechtungsgegnerin, sie sei als "faktische Nichtgesellschafterin" nicht Gesellschafterin der Schuldnerin gewesen, weil ihr in tatsächlicher Hinsicht keine Gesellschafterrechte eingeräumt worden seien, führt nicht zu einer Unanwendbarkeit von § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
(alle nicht amtl.)
LG München I 25.8.2023, 5 HKO 4013/22
Typische stille Beteiligung an einer AG als Teil-Gewinnabführungsvertrag
1. Bei einer zweigliedrigen stillen Gesellschaft richtet sich die Auslegung des Gesellschaftsvertrages nach den allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB. Ein juristischer Fachbegriff wie Jahresabschluss ist im Sinne des einschlägigen, von Wissenschaft und Praxis geprägten Sprachgebrauchs auszulegen.
2. Ein Vertrag über eine (typisch) stille Beteiligung an einer Aktiengesellschaft ist ein Teil-Gewinnabführungsvertrag i.S.d. § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG. Bei der Änderung des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinn- oder Verlustanteils handelt es sich um eine Vertragsänderung, die gem. § 295 Abs. 1 AktG der Zustimmung der Hauptversammlung und der Eintragung in das Handelsregister gem. §§ 293, 294 AktG bedarf.
3. Bei fehlender Eintragung in das Handelsregister können die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf den geänderten Vertrag nicht zur Anwendung gelangen.
4. Die Überbewertung eines Bilanzpostens [führt] dann zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses, wenn eine den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung widersprechende Bilanzierung ihrem Umfang nach nicht bedeutungslos ist. Dies ist bei einer Abweichung vom ausgewiesenen Jahresüberschuss von knapp 22,8 % zu bejahen.
(alle amtl.)
OLG Frankfurt 21.9.2023, WpÜG 1/21
Kosten des zweistufigen Enforcementverfahrens
1. Eine bestandskräftige Kostenlastentscheidung, die dem Grunde nach bereits mit dem Fehlerfeststellungsbescheid ergangen ist, kann in dem Verfahren der Beschwerde gegen die mit einem weiteren Bescheid erfolgte Festsetzung gesondert zu erstattender Kosten nach § 17c FinDAG nicht mehr auf Rechtmäßigkeit überprüft werden.
2. Der Zeitraum, für den nach § 17c FinDAG eine gesonderte Erstattung von Kosten bei einer gesonderten Prüfung zu erfolgen hat, beginnt mit der Mitteilung der DPR nach § 108 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WpHG und endet mit dem Erlass eines Fehlerfeststellungsbescheids durch die BaFin.
3. Der Ansatz, der für die Prüfung durch die BaFin auf der zweiten Stufe des Enforcements angefallenen nach den Erstattungsrichtlinien des Bundesministeriums der Finanzen berechneten Personalkosten in voller Höhe widerspricht auch dann nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn die Prüfung der BaFin lediglich einen bereits auf der ersten Stufe festgestellten Fehler der Bewertung einer Unternehmensbeteiligung bestätigt und keine weiteren Beanstandungen ergibt.
(alle amtl.)
BFH 14.12.2023, V R 28/21
Zum Zweckbetrieb "Krankenhaus" i.S.d. § 67 AO
1. Einnahmen eines Krankenhauses aus der Personal- und Sachmittelgestellung an nach § 116 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ermächtigte Ärzte - und demgemäß die diesen Einnahmen zuzuordnenden Ausgaben - hängen nicht mit dem Zweckbetrieb "Krankenhaus" (§ 67 Abs. 1 AO) zusammen, sondern gehören zu den Besteuerungsgrundlagen, die einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind (§ 64 Abs. 1 AO).
2. Zur Anwendung der §§ 64, 67 AO auf Mitarbeitercafeterien, die aus arbeitsrechtlichen Gründen defizitär betrieben werden.
(alle amtl.)