15.02.2023

Zivilklage gegen Volkswagen AG wegen Verringerung der CO2-Emissionen erfolglos

Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des Bundesklimaschutzgesetzes (KSG) seinen sich aus den Grundrechten ergebenen Schutzpflichten gegenüber den Bürgern genügt. Die Verpflichtungen eines privatwirtschaftlich handelnden Unternehmens reichen nicht weiter als die dem Staat aus den Grundrechten unmittelbar erwachsenen Schutzpflichten. Die Volkswagen AG hält sich an die geltenden Vorschriften.

LG Braunschweig v. 14.2.2023 - 6 O 3931/21
Der Sachverhalt:
Die Kläger nehmen die beklagte Volkswagen AG in Anspruch. Sie werden dabei vom Greenpeace Deutschland e.V. unterstützt und möchten mit der Klage insbesondere erreichen, dass es der Beklagten ab dem Jahr 2030 untersagt wird, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren in den Verkehr zu bringen. Weiter soll die Beklagte verpflichtet werden sicherzustellen, ihre CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 65 % gegenüber dem Jahr 2018 zu reduzieren.

Die Kläger argumentieren insbesondere mit dem sog. Klimabeschluss des BVerfG vom 24.3.2021 (1 BvR 2656/18) und behaupten, infolge des von der Beklagten mitverursachten Klimawandels in ihrem Eigentum, ihrer Gesundheit und ihrem Recht auf Erhalt treibhausgasbezogener Freiheit verletzt zu sein. Die Beklagte bestreitet insbesondere den von der Klägerin behaupteten Kausalzusammenhang zwischen ihren CO2-Emissionen und dem Klimawandel und den behaupteten Rechtsgutsverletzungen. Eine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage für das Begehren der Kläger sei nicht ersichtlich.

Das LG wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die Kläger müssen die von der Beklagten verursachten CO2-Emissionen dulden.

Es konnte offenbleiben, ob die Kläger bereits hinreichend konkret in ihren Rechtsgütern betroffen sind, ob die Beklagte als verantwortliche Störerin i.S.d. § 1004 BGB anzusehen ist und ob das Verhalten der Beklagten für die von den Klägern behaupteten Beeinträchtigungen ihrer Rechtsgüter kausal ist. Jedenfalls sind die Kläger nach § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung einer etwaigen Beeinträchtigung ihrer Rechtsgüter verpflichtet.

Bei der Auslegung der Vorschrift des § 1004 BGB und der Bestimmung der Reichweite der Duldungspflicht sind die grundrechtlichen Positionen sowohl der Kläger als auch der Beklagten zu berücksichtigen. Grundrechte entfalten als sog. Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat grundsätzlich nur in diesem Verhältnis eine unmittelbare Wirkung. Im vorliegenden Fall, in dem sich die Kläger als Privatpersonen und die Beklagte als privatwirtschaftlich handelndes Unternehmen gegenüberstehen, sind die Grundrechte aber mittelbar im Sinne eines übergeordneten Wertekanons zu berücksichtigen. Die Verpflichtung der Beklagten kann dabei nicht weiterreichen als die dem Staat aus den Grundrechten unmittelbar erwachsenen Schutzpflichten.

Nach den Feststellungen des BVerfG hat der Gesetzgeber mit der Einführung des zum 31.8.2021 in Kraft getretenen Bundesklimaschutzgesetzes (KSG) seinen aus den Grundrechten ergebenen Schutzpflichten gegenüber den Bürgern genügt. Die Beklagte hält sich auch an die geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften.

Mehr zum Thema:

Aufsatz:
Environment Social Governance (ESG)
Marc-Philippe Weller / Vincent Hoppmann, AG 2022, 640

Rechtsprechung:
Klimaschutz als intertemporaler Freiheitsschutz Vorkehrungen zur Abmilderung hoher Emissionsminderungslasten grundrechtlich zur Freiheitssicherung über Zeit und Generationen hinweg geboten, jedoch unzureichend Minderung der Treibhausgasemissionen gem § 3 Abs 1 S 2, § 4 Abs 1 S 3 Bundes-Klimaschutzgesetz (juris: KSG) daher partiell mit GG unvereinbar Pflicht des Gesetzgebers zur Fortschreibung der Minderungsziele für Zeiträume ab 2031, Frist bis 31.12.2022
BVerfG vom 24.03.2021 - 1 BVR 2656/18

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LG Braunschweig PM vom 14.2.2023
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