Zum rechtlichen Interesse der Nebenintervenientin bei der Wiederklage
OLG München v. 2.6.2022, 7 W 578/22
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist zusammen mit der Nebenintervenientin Gesellschafter der Beklagten, deren Satzung keine Regelung zum Ausschluss eines Gesellschafters und/oder zur Einziehung eines Gesellschaftsanteils enthält. Der Kläger war - jedenfalls bis zum 26.5.2020 - neben der R. Geschäftsführer der Beklagten. In einer Gesellschafterversammlung der Beklagten am 26.5.2020 war u.a. der Beschluss gefasst worden, die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer (TOP 1), die außerordentliche fristlose Kündigung seines Geschäftsführeranstellungsvertrages (TOP 2), die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Kläger durch die Beklagte (TOP 9 und 10) und seinen Ausschluss als Gesellschafter der Beklagten (TOP 11) zu veranlassen.
Nach Ansicht des Klägers waren die oben genannten Beschlüsse nichtig. Infolgedessen hat er sie angefochten. Die Beklagte machte widerklagend Schadensersatzansprüche gegen den Kläger wegen der Verletzung seiner Pflichten als Geschäftsführer geltend und verlangte die Zahlung von 53.116 €. Die Nebenintervenientin erklärte ihren Beitritt zum Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten und kündigte an, im Termin zur mündlichen Verhandlung, sich dem von der Beklagten gestellten Widerklageantrag anzuschließen.
Das LG ließ mit Zwischenurteil die Nebenintervention hinsichtlich der Widerklage zu. Da die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen ihren Geschäftsführer gem. § 46 Nr. 8 GmbHG eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung bedürfe, sei durch die streitgegenständliche Widerklage, mit der solche Schadensersatzansprüche gegen den Kläger geltend gemacht würden, die (Mit-)Gesellschafterstellung der Nebenintervenientin zumindest mittelbar betroffen, was ein rechtliches Interesse i.S.d. § 66 Abs. 1 ZPO begründe.
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hat das OLG das Zwischenurteil aufgehoben und die Nebenintervention zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die sofortige Beschwerde ist begründet, da es an einem rechtlichen Interesse der Nebenintervenientin i.S.d. § 66 Abs. 1 ZPO fehlt.
Prüfungsgegenstand war ausschließlich, ob die Nebenintervenientin ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Beklagten hinsichtlich der Widerklage hat, nicht aber, ob ein solches rechtliches Interesse der Nebenintervenientin bezüglich der Klage besteht. Ein derartiges rechtliches Interesse ist nach ständiger BGH-Rechtsprechung nur anzunehmen, wenn der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder zu dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt. Der bloße Wunsch eines Nebenintervenienten, der Rechtsstreit möge zugunsten einer Partei entschieden werden, stellt dagegen lediglich einen Umstand dar, der ein tatsächliches Interesse am Obsiegen einer Partei zu erklären vermag.
Im vorliegenden Fall lag das Interesse der Nebenintervenientin allerdings nur darin, durch den Erfolg der Widerklage, d.h. der Titulierung der geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegen den Kläger, die Vermögenssituation der Beklagten zu verbessern, um dadurch eine Erhöhung des Wertes ihres Gesellschaftsanteils und/oder eine höhere Gewinnausschüttung zu erreichen. Das aber ist ein rein wirtschaftliches Interesse und kein die Nebenintervention rechtfertigendes rechtliches Interesse.
Ein rechtliches Interesse kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass der Kläger nicht nur Geschäftsführer der Beklagten war bzw. ist, sondern - jedenfalls bis zur etwaigen Rechtskraft eines Ausschlussurteils - auch Gesellschafter der Beklagten ist, sodass aufgrund des Gesellschaftsvertrages, deren Partei sowohl der Kläger als auch die Nebenintervenientin sind, ein Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Nebenintervenientin besteht. Denn mit der Widerklage wird der Kläger ausweislich ihrer Begründung gerade nicht als Gesellschafter der Beklagten, sondern allein als deren Geschäftsführer aufgrund der von ihm in seiner Funktion als Geschäftsführer (unterstellt) begangenen Pflichtverletzungen in Anspruch genommen.
Auch, dass die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der Beklagten gegen den Kläger als ihren Geschäftsführer eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 8 GmbHG bedurfte und die Widerklage auf der Grundlage eines solchen Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 26.5.2020 erhoben worden war, genügte entgegen der Ansicht des LG nicht, um ein rechtliches Interesse der Nebenintervenientin am Erfolg der Widerklage zu begründen. Denn der Beschluss der Gesellschafterversammlung ist in seinem Bestand unabhängig vom Ausgang der Widerklage. Selbst wenn die Widerklage - aus welchem Grund auch immer - abgewiesen werden sollte, berührt dies den Bestand des Beschlusses der Gesellschafterversammlung nicht. Dieser kann durch eine Entscheidung über die Widerklage weder aus der Welt geschafft noch bestätigt werden.
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Bayern.Recht
Der Kläger ist zusammen mit der Nebenintervenientin Gesellschafter der Beklagten, deren Satzung keine Regelung zum Ausschluss eines Gesellschafters und/oder zur Einziehung eines Gesellschaftsanteils enthält. Der Kläger war - jedenfalls bis zum 26.5.2020 - neben der R. Geschäftsführer der Beklagten. In einer Gesellschafterversammlung der Beklagten am 26.5.2020 war u.a. der Beschluss gefasst worden, die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer (TOP 1), die außerordentliche fristlose Kündigung seines Geschäftsführeranstellungsvertrages (TOP 2), die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Kläger durch die Beklagte (TOP 9 und 10) und seinen Ausschluss als Gesellschafter der Beklagten (TOP 11) zu veranlassen.
Nach Ansicht des Klägers waren die oben genannten Beschlüsse nichtig. Infolgedessen hat er sie angefochten. Die Beklagte machte widerklagend Schadensersatzansprüche gegen den Kläger wegen der Verletzung seiner Pflichten als Geschäftsführer geltend und verlangte die Zahlung von 53.116 €. Die Nebenintervenientin erklärte ihren Beitritt zum Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten und kündigte an, im Termin zur mündlichen Verhandlung, sich dem von der Beklagten gestellten Widerklageantrag anzuschließen.
Das LG ließ mit Zwischenurteil die Nebenintervention hinsichtlich der Widerklage zu. Da die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen ihren Geschäftsführer gem. § 46 Nr. 8 GmbHG eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung bedürfe, sei durch die streitgegenständliche Widerklage, mit der solche Schadensersatzansprüche gegen den Kläger geltend gemacht würden, die (Mit-)Gesellschafterstellung der Nebenintervenientin zumindest mittelbar betroffen, was ein rechtliches Interesse i.S.d. § 66 Abs. 1 ZPO begründe.
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hat das OLG das Zwischenurteil aufgehoben und die Nebenintervention zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die sofortige Beschwerde ist begründet, da es an einem rechtlichen Interesse der Nebenintervenientin i.S.d. § 66 Abs. 1 ZPO fehlt.
Prüfungsgegenstand war ausschließlich, ob die Nebenintervenientin ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Beklagten hinsichtlich der Widerklage hat, nicht aber, ob ein solches rechtliches Interesse der Nebenintervenientin bezüglich der Klage besteht. Ein derartiges rechtliches Interesse ist nach ständiger BGH-Rechtsprechung nur anzunehmen, wenn der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder zu dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt. Der bloße Wunsch eines Nebenintervenienten, der Rechtsstreit möge zugunsten einer Partei entschieden werden, stellt dagegen lediglich einen Umstand dar, der ein tatsächliches Interesse am Obsiegen einer Partei zu erklären vermag.
Im vorliegenden Fall lag das Interesse der Nebenintervenientin allerdings nur darin, durch den Erfolg der Widerklage, d.h. der Titulierung der geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegen den Kläger, die Vermögenssituation der Beklagten zu verbessern, um dadurch eine Erhöhung des Wertes ihres Gesellschaftsanteils und/oder eine höhere Gewinnausschüttung zu erreichen. Das aber ist ein rein wirtschaftliches Interesse und kein die Nebenintervention rechtfertigendes rechtliches Interesse.
Ein rechtliches Interesse kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass der Kläger nicht nur Geschäftsführer der Beklagten war bzw. ist, sondern - jedenfalls bis zur etwaigen Rechtskraft eines Ausschlussurteils - auch Gesellschafter der Beklagten ist, sodass aufgrund des Gesellschaftsvertrages, deren Partei sowohl der Kläger als auch die Nebenintervenientin sind, ein Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Nebenintervenientin besteht. Denn mit der Widerklage wird der Kläger ausweislich ihrer Begründung gerade nicht als Gesellschafter der Beklagten, sondern allein als deren Geschäftsführer aufgrund der von ihm in seiner Funktion als Geschäftsführer (unterstellt) begangenen Pflichtverletzungen in Anspruch genommen.
Auch, dass die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der Beklagten gegen den Kläger als ihren Geschäftsführer eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 8 GmbHG bedurfte und die Widerklage auf der Grundlage eines solchen Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 26.5.2020 erhoben worden war, genügte entgegen der Ansicht des LG nicht, um ein rechtliches Interesse der Nebenintervenientin am Erfolg der Widerklage zu begründen. Denn der Beschluss der Gesellschafterversammlung ist in seinem Bestand unabhängig vom Ausgang der Widerklage. Selbst wenn die Widerklage - aus welchem Grund auch immer - abgewiesen werden sollte, berührt dies den Bestand des Beschlusses der Gesellschafterversammlung nicht. Dieser kann durch eine Entscheidung über die Widerklage weder aus der Welt geschafft noch bestätigt werden.
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