12.12.2016

3. Börsengang der Deutschen Telekom AG: Erneute Entscheidung im Kapitalanleger-Musterverfahren

Das OLG Frankfurt a.M. hat im sog. "Telekom-Verfahren" zum 3. Börsengang der Deutschen Telekom AG einen weiteren Musterentscheid verkündet. Dieser befasst sich mit den nach teilweiser Aufhebung der ersten Entscheidung des OLG und Zurückverweisung durch den BGH noch offenen Fragen.

OLG Frankfurt a.M. 30.11.2016, 23 Kap 1/06
Der Sachverhalt:
Der 3. Börsengang der Telekom erfolgte im Juni 2000, nachdem im Mai ein entsprechender Prospekt veröffentlicht worden war. Der Ausgabepreis der sog. "T-Aktie" lag für Privatanleger bei 63,50 €, der Börsenkurs am 19.6.2000 bei 65,79 €. Er fiel bis Ende 2000 deutlich ab und notierte im September 2002 auf einem Tiefststand von 8,42 €. Über 16.000 Anleger machten daraufhin geltend, der Prospekt sei unrichtig gewesen und klagten auf Schadenersatz.

Das LG erließ einen Vorlagebeschluss nach dem KapMuG an das OLG über bestimmte Tatsachen- und Rechtsfragen, die für alle Schadenersatzklagen relevant sind. Das OLG verkündete in einem ersten Musterentscheid nach umfangreicher Verhandlung und Beweisaufnahme, keine Prospektfehler feststellen zu können. Insbesondere der Erwerb des US-amerikanischen Mobilfunkunternehmens Voicestream habe nicht schon zu einem Zeitpunkt festgestanden, als er in dem Prospekt noch hätte kommuniziert werden müssen. Auch die Bewertung der Immobilien der Telekom nach dem sog. Cluster-Verfahren habe der damaligen Gesetzeslage entsprochen. Die konzerninterne Übertragung der Anteile an der US-amerikanischen Sprint Inc. sei in dem Prospekt in hinreichender Deutlichkeit erläutert.

Der BGH hob den Musterentscheid teilweise auf. Er sah in der Darstellung der Übertragung der Aktien der Sprint Inc., die im Eigentum der Telekom standen, auf ein Tochterunternehmen der Telekom einen Prospektfehler, da hier - unzutreffend - von einem "Verkauf" die Rede war. Die übrigen Feststellungen des OLG.2012 beanstandete der BGH nicht. Der BGH verwies das Verfahren an das OLG zurück, damit es die - bisher im Verfahren nicht erheblichen - Frage der Kausalität des Fehlers und des Verschuldens der Telekom insofern prüfen sollte. Zu diesen Aspekten haben beide Musterparteien noch umfangreiche Ergänzungsanträge bei dem LG eingereicht, das auch entsprechende Ergänzungsbeschlüsse erlassen hat, die ebenfalls Gegenstand der Entscheidung wurden.

Das OLG verkündete nun neue Musterentscheide. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Alle Beteiligten können Rechtsbeschwerde einlegen, über die wiederum der BGH zu entscheiden hat.

Die Gründe:
Ein Verschulden der Telekom ist zu bejahen, da diese nicht den ihr nach der gesetzlichen Regelung obliegenden Gegenbeweis geführt hatte.

Hauptargument ist insofern der Umstand, dass der Vortrag der Telekom dazu, wie es zur Verwendung des - fehlerhaften - Begriffs "Verkauf" gekommen war, nicht widerspruchsfrei und nachvollziehbar war und ist. Hinsichtlich der Kausalität des Prospektfehlers für die Anlageentscheidung der einzelnen Kläger ist festzustellen, dass diese jeweils in den Ausgangsverfahren vom LG im Einzelfall zu prüfen sein wird, da es um individuelle Fragen geht. Aus diesem Grund verbieten sich generelle Festlegungen, wie sie beide Musterparteien begehrt hatten.

OLG Frankfurt a.M. PM vom 30.11.2016
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