27.06.2013

Abgabe für elektronische Kommunikationsdienste in Frankreich und Verbrauchsteuer für Mobilfunk in Malta verstoßen nicht gegen Genehmigungsrichtlinie

Die Genehmigungsrichtlinie steht weder der in Frankreich verlangten Sonderabgabe für Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste noch der maltesischen Verbrauchsteuer für Mobilfunkdienstleistungen entgegen. Diese Richtlinie beschränkt nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten, für die Erbringung von Mobilfunkdienstleistungen andere Abgaben als Verwaltungsabgaben zu erheben.

EuGH 27.6.2013, C-485/11 u.a.
Hintergrund:
Die Genehmigungsrichtlinie (Richtlinie 2002/20/EG) erlaubt es den Mitgliedstaaten, von Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste Verwaltungsabgaben zu erheben, um die Arbeit der zuständigen nationalen Regulierungsbehörde bei der Abwicklung des Genehmigungsverfahrens für die Erbringung dieser Dienstleistungen und für die Einräumung von Rechten zur Nutzung von Nummern oder Funkfrequenzen zu finanzieren. Diese Abgaben sollen sich auf das beschränken, was zur Deckung der tatsächlichen Kosten für die administrativen Dienste, die die Regulierungsbehörde den Betreibern elektronischer Kommunikationsnetze erbringt, notwendig ist.

Der Sachverhalt:
+++ C-485/11 +++
In Frankreich wird von den Betreibern elektronischer Kommunikationsnetze eine Sonderabgabe auf Abonnements und andere Beträge erhoben, die die Nutzer den Betreibern als Entgelt für elektronische Kommunikationsdienste zahlen. Nach Ansicht der Kommission verstößt diese Sonderabgabe gegen die Richtlinie.

Es handele sich um eine Verwaltungsabgabe, deren Erhebung auf Kriterien abstelle, die mit der Tätigkeit oder dem Umsatz des Betreibers zusammenhängen, anstatt auf die tatsächlichen Kosten der Genehmigungsregelung. Außerdem diene diese Abgabe entgegen den Vorgaben dieser Richtlinie nicht der Finanzierung der Arbeit der nationalen Regulierungsbehörde.

Der EuGH wies die von der Kommission gegen Frankreich erhobene Vertragsverletzungsklage ab.

+++ C-71/12+++
In Malta haben Netzbetreiber im Bereich der Telekommunikation vor den maltesischen Gerichten die Vereinbarkeit einer Verbrauchsteuer auf Mobilfunkdienstleistungen mit der Genehmigungsrichtlinie in Frage gestellt. Diese Verbrauchsteuer i.H.v. 3 Prozent  des Preises der Dienstleistungen wird von den Nutzern an die Netzbetreiber gezahlt, die den Betrag anschließend an die Steuerbehörde überweisen. Der maltesische Verfassungsgerichtshof fragt den EuGH, ob die Richtlinie der fraglichen Verbrauchsteuer entgegensteht.

Die Gründe:
+++ C-485/11 +++
Die beanstandete Abgabe ist keine Verwaltungsabgabe i.S.d. Richtlinie und fällt folglich nicht in deren Anwendungsbereich.

Verwaltungsabgaben i.S.d. Richtlinie stellen eine Gegenleistung dar und dürfen nur zum Ziel haben, die administrativen Kosten für die Erteilung, die Verwaltung, die Kontrolle und die Durchführung von Allgemeingenehmigungen auf dem Gebiet der elektronischen Kommunikation zu decken. Eine Abgabe, deren Entstehungstatbestand mit dem allgemeinen Genehmigungsverfahren für den Zugang zum Markt für elektronische Kommunikationsdienste zusammenhängt, ist eine Verwaltungsabgabe i.S.d. Richtlinie und kann nur unter den in ihr genannten Voraussetzungen erhoben werden.

Allerdings hängt der Entstehungstatbestand für die streitige Abgabe weder mit dem allgemeinen Genehmigungsverfahren für den Zugang zum Markt für elektronische Kommunikationsdienste noch mit der Einräumung eines Rechts zur Nutzung von Funkfrequenzen oder Nummern zusammen. Diese Abgabe bezieht sich nämlich auf die Tätigkeit des Betreibers, die in der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsdienste an Endnutzer in Frankreich besteht.

Die fragliche Abgabe wird nicht von allen Betreibern elektronischer Kommunikationsnetze erhoben, die über eine Allgemeingenehmigung oder ein Recht zur Nutzung von Funkfrequenzen oder Nummern verfügen, sondern lediglich von den Betreibern, die Inhaber einer Allgemeingenehmigung sind und den Endnutzern bereits ihre Dienstleistungen auf dem Markt für elektronische Kommunikationsdienste anbieten. Die Abgabe wird also nicht aufgrund des bloßen Besitzes einer Allgemeingenehmigung oder der Einräumung eines Rechts zur Nutzung von Funkfrequenzen oder Nummern erhoben, sondern im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Betreibers in Form der Bereitstellung von Kommunikationsdienstleistungen.

+++ C-71/12 +++
Eine Verbrauchsteuer, deren Entstehungstatbestand nicht an die Allgemeingenehmigung für den Zugang zum Markt für elektronische Kommunikationsdienste, sondern an die Nutzung der von den Betreibern bereitgestellten Mobilfunkdienstleistungen anknüpft und die von den Nutzern dieser Dienstleistungen getragen wird, ist keine Verwaltungsabgabe im Sinne der Richtlinie. Es ist Sache des maltesischen Gerichts, sämtliche Merkmale der fraglichen Steuer zu prüfen; sollte sie tatsächlich einer Verbrauchsteuer gleichkommen, wäre sie mit der Richtlinie vereinbar.

Linkhinweis:

  • Für dien auf den Webseiten des EuGH veröffentlichte Pressemitteilung klicken Sie bitte hier.
  • Den Volltext der Entscheidung C-485/11 (in französischer Sprache) finden Sie hier.
  • Den Volltext der Entscheidung C-71/12 (in französischer Sprache) finden Sie hier.
EuGH PM Nr. 78 vom 27.6.2013
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