Abgabe von Gratismustern nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheker zulässig
EuGH v. 11.6.2020 - C-786/18
Der Sachverhalt:
Das klagende Pharmaunternehmen Novartis stellt das Arzneimittel Voltaren Schmerzgel mit dem Wirkstoff Diclofenac her. Vor den deutschen Gerichten beantragt die Klägerin, dem beklagten Generikahersteller ratiopharm die Abgabe von Gratismustern des Arzneimittels Diclo-ratiopharm-Schmerzgel, das ebenfalls den Wirkstoff Diclofenac enthält, an Apotheker zu untersagen.
Nach Auffassung der Klägerin verstößt eine solche Abgabe gegen das Arzneimittelgesetz. Dort seien unter den Personen, an die Gratismuster von Arzneimitteln abgegeben werden dürften, zwar Ärzte, nicht aber Apotheker genannt. Diese Abgabe sei daher eine unzulässige Gewährung von Werbegaben.
Der mit der Sache befasste BGH ersucht in diesem Zusammenhang den EuGH um die Auslegung des Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel (Richtlinie 2001/83/EG). Er möchte wissen, ob der Kodex es pharmazeutischen Unternehmen erlaubt, Gratismuster von Arzneimitteln an Apotheker abzugeben.
Die Gründe:
Der Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel erlaubt es pharmazeutischen Unternehmen nicht, Gratismuster verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheker abzugeben. Dagegen verbietet es der Kodex nicht, Gratismuster von Arzneimitteln, die nicht der Verschreibungspflicht unterliegen, an Apotheker abzugeben.
Der Kodex ist dahin auszulegen, dass nur zur Verschreibung von der ärztlichen Verschreibungspflicht unterliegenden Arzneimitteln berechtigte Personen, also Ärzte, Gratismuster solcher Arzneimittel erhalten dürfen, was zur Folge hat, dass eine Abgabe an Apotheker nicht zulässig ist. Diese Arzneimittel dürfen in Anbetracht der mit ihrem Gebrauch verbundenen Gefahr oder der hinsichtlich ihrer Wirkungen bestehenden Unsicherheit nämlich nicht ohne ärztliche Überwachung verwendet werden.
Allerdings wird den Apothekern durch den Kodex nicht die Möglichkeit genommen, im Rahmen des nationalen Rechts Gratismuster von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu erhalten, damit sie sich mit neuen Arzneimitteln vertraut machen und Erfahrungen mit deren Anwendung sammeln können.
EuGH PM Nr. 70 vom 11.6.2020
Das klagende Pharmaunternehmen Novartis stellt das Arzneimittel Voltaren Schmerzgel mit dem Wirkstoff Diclofenac her. Vor den deutschen Gerichten beantragt die Klägerin, dem beklagten Generikahersteller ratiopharm die Abgabe von Gratismustern des Arzneimittels Diclo-ratiopharm-Schmerzgel, das ebenfalls den Wirkstoff Diclofenac enthält, an Apotheker zu untersagen.
Nach Auffassung der Klägerin verstößt eine solche Abgabe gegen das Arzneimittelgesetz. Dort seien unter den Personen, an die Gratismuster von Arzneimitteln abgegeben werden dürften, zwar Ärzte, nicht aber Apotheker genannt. Diese Abgabe sei daher eine unzulässige Gewährung von Werbegaben.
Der mit der Sache befasste BGH ersucht in diesem Zusammenhang den EuGH um die Auslegung des Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel (Richtlinie 2001/83/EG). Er möchte wissen, ob der Kodex es pharmazeutischen Unternehmen erlaubt, Gratismuster von Arzneimitteln an Apotheker abzugeben.
Die Gründe:
Der Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel erlaubt es pharmazeutischen Unternehmen nicht, Gratismuster verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheker abzugeben. Dagegen verbietet es der Kodex nicht, Gratismuster von Arzneimitteln, die nicht der Verschreibungspflicht unterliegen, an Apotheker abzugeben.
Der Kodex ist dahin auszulegen, dass nur zur Verschreibung von der ärztlichen Verschreibungspflicht unterliegenden Arzneimitteln berechtigte Personen, also Ärzte, Gratismuster solcher Arzneimittel erhalten dürfen, was zur Folge hat, dass eine Abgabe an Apotheker nicht zulässig ist. Diese Arzneimittel dürfen in Anbetracht der mit ihrem Gebrauch verbundenen Gefahr oder der hinsichtlich ihrer Wirkungen bestehenden Unsicherheit nämlich nicht ohne ärztliche Überwachung verwendet werden.
Allerdings wird den Apothekern durch den Kodex nicht die Möglichkeit genommen, im Rahmen des nationalen Rechts Gratismuster von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu erhalten, damit sie sich mit neuen Arzneimitteln vertraut machen und Erfahrungen mit deren Anwendung sammeln können.