Abgasskandal: Verfahren gegen Porsche wegen Schadensersatzforderungen aufgrund der Verletzung kapitalmarktrechtlicher Pflichten ausgesetzt
OLG Stuttgart v. 29.10.2019 - 1 U 204/18 u.a.
Der Sachverhalt:
Das Verfahren betrifft die Klagen zweier japanischer Fondsgesellschaften mit Sitz in New York sowie eines Pensionsfonds, der von einer britischen Stadt gehalten wird, wegen Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit dem sog. VW-Abgasskandal. Die Kläger verlangen von der beklagten Porsche SE Schadensersatzzahlungen wegen unterlassener Ad-hoc-Mitteilungen.
Das LG gab den Klagens statt und verurteilte die die Beklagte zu Schadensersatzzahlungen i.H.v. insgesamt rd. 47 Mio. €. Dagegen richten sich mit ihren Berufungen sowohl die Beklagte als auch die Klägerinnen beider Verfahren, die jeweils noch weitere Schadensersatzforderungen, insgesamt i.H.v. rd. 165 Mio. €, geltend machen.
Das OLG hat die Verfahren ausgesetzt bis zur rechtskräftigen Entscheidung in den Kapitalanlegermusterverfahren der OLG Braunschweig und Stuttgart. In beiden Verfahren wurde die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen, da die Frage nach dem Umfang der Sperrwirkung gem. § 7 KapMuG und der Aussetzungspflicht gem. § 8 KapMuG noch nicht höchstrichterlich geklärt ist.
Die Gründe:
In beiden Verfahren liegen die Voraussetzungen des § 8 Abs.1 KapMuG vor; diese Regelung führt zwingend zur Aussetzung eines Verfahrens, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von den in einem Musterverfahren geltend gemachten Feststellungszielen abhängt.
Das KapMuG ist auf alle Schadensersatzansprüche wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformationen anwendbar. Die vorliegenden Rechtsstreite sind auch nicht schon deshalb entscheidungsreif, weil die Klagen unzulässig wären. Vielmehr sind alle drei Klägerinnen, d.h. die japanischen Fondsgesellschaften und die Stadt Wolverhampton, die als Sondervermögen einen Pensionsfonds unterhält, partei- und prozessfähig. Die deutschen Gerichte sind auch international zuständig und deutsches Recht ist anwendbar.
Die Entscheidung, ob die Schadensersatzklagen in den beiden Verfahren begründet sind, hängt von den Feststellungszielen des Braunschweiger Musterverfahrens 3 Kap 1/16 sowie des Stuttgarter Musterverfahrens 20 Kap 2/17 ab. Letzteres liegt derzeit dem BGH im Beschwerdeverfahren vor. Das Braunschweiger Musterverfahren bezieht sich insbesondere auf tatsächliche und rechtliche Fragen des Vorliegens von nicht unverzüglich veröffentlichten Insiderinformationen, der Befreiung der VW AG von der Pflicht zur Veröffentlichung, deren Vorsatz sowie u.a. der Schadensberechnung. Diese, zunächst die VW AG betreffenden, Feststellungsziele aus dem Braunschweiger Verfahren sind auch für die streitgegenständlichen Ansprüche gegen die hier beklagte Porsche SE rechtlich und tatsächlich vorgreiflich. Dies gilt auch hinsichtlich der ggf. durch eine Beweisaufnahme zu klärenden tatsächlichen Geschehensabläufe des sog. Abgasskandals bei der VW AG.
Entgegen der Auffassung des LG liegt diesen Rechtsstreiten auch der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde wie dem Musterverfahren 3 Kap 1/16 des OLG Braunschweig, obwohl kapitalmarkrechtliche und deliktische Pflichtverletzungen unterschiedlicher Emittenten, einerseits der VW AG und andererseits der hier beklagten Porsche Automobil Holding SE, geltend gemacht werden. Beide gehen jedenfalls auf den im Braunschweiger Musterverfahren aufzuklärenden und rechtlich zu bewertenden sog. Diesel-Abgas-Skandal zurück.
Daher waren beide Verfahren wegen des zwingenden Charakters der Aussetzungsvorschrift des § 8 Abs. 1 KapMuG zur Vermeidung widersprechender Entscheidungen sowohl im Hinblick auf das Braunschweiger als auch auf das noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Stuttgarter Musterverfahren auszusetzen.
OLG Stuttgart PM vom 29.10.2019
Das Verfahren betrifft die Klagen zweier japanischer Fondsgesellschaften mit Sitz in New York sowie eines Pensionsfonds, der von einer britischen Stadt gehalten wird, wegen Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit dem sog. VW-Abgasskandal. Die Kläger verlangen von der beklagten Porsche SE Schadensersatzzahlungen wegen unterlassener Ad-hoc-Mitteilungen.
Das LG gab den Klagens statt und verurteilte die die Beklagte zu Schadensersatzzahlungen i.H.v. insgesamt rd. 47 Mio. €. Dagegen richten sich mit ihren Berufungen sowohl die Beklagte als auch die Klägerinnen beider Verfahren, die jeweils noch weitere Schadensersatzforderungen, insgesamt i.H.v. rd. 165 Mio. €, geltend machen.
Das OLG hat die Verfahren ausgesetzt bis zur rechtskräftigen Entscheidung in den Kapitalanlegermusterverfahren der OLG Braunschweig und Stuttgart. In beiden Verfahren wurde die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen, da die Frage nach dem Umfang der Sperrwirkung gem. § 7 KapMuG und der Aussetzungspflicht gem. § 8 KapMuG noch nicht höchstrichterlich geklärt ist.
Die Gründe:
In beiden Verfahren liegen die Voraussetzungen des § 8 Abs.1 KapMuG vor; diese Regelung führt zwingend zur Aussetzung eines Verfahrens, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von den in einem Musterverfahren geltend gemachten Feststellungszielen abhängt.
Das KapMuG ist auf alle Schadensersatzansprüche wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformationen anwendbar. Die vorliegenden Rechtsstreite sind auch nicht schon deshalb entscheidungsreif, weil die Klagen unzulässig wären. Vielmehr sind alle drei Klägerinnen, d.h. die japanischen Fondsgesellschaften und die Stadt Wolverhampton, die als Sondervermögen einen Pensionsfonds unterhält, partei- und prozessfähig. Die deutschen Gerichte sind auch international zuständig und deutsches Recht ist anwendbar.
Die Entscheidung, ob die Schadensersatzklagen in den beiden Verfahren begründet sind, hängt von den Feststellungszielen des Braunschweiger Musterverfahrens 3 Kap 1/16 sowie des Stuttgarter Musterverfahrens 20 Kap 2/17 ab. Letzteres liegt derzeit dem BGH im Beschwerdeverfahren vor. Das Braunschweiger Musterverfahren bezieht sich insbesondere auf tatsächliche und rechtliche Fragen des Vorliegens von nicht unverzüglich veröffentlichten Insiderinformationen, der Befreiung der VW AG von der Pflicht zur Veröffentlichung, deren Vorsatz sowie u.a. der Schadensberechnung. Diese, zunächst die VW AG betreffenden, Feststellungsziele aus dem Braunschweiger Verfahren sind auch für die streitgegenständlichen Ansprüche gegen die hier beklagte Porsche SE rechtlich und tatsächlich vorgreiflich. Dies gilt auch hinsichtlich der ggf. durch eine Beweisaufnahme zu klärenden tatsächlichen Geschehensabläufe des sog. Abgasskandals bei der VW AG.
Entgegen der Auffassung des LG liegt diesen Rechtsstreiten auch der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde wie dem Musterverfahren 3 Kap 1/16 des OLG Braunschweig, obwohl kapitalmarkrechtliche und deliktische Pflichtverletzungen unterschiedlicher Emittenten, einerseits der VW AG und andererseits der hier beklagten Porsche Automobil Holding SE, geltend gemacht werden. Beide gehen jedenfalls auf den im Braunschweiger Musterverfahren aufzuklärenden und rechtlich zu bewertenden sog. Diesel-Abgas-Skandal zurück.
Daher waren beide Verfahren wegen des zwingenden Charakters der Aussetzungsvorschrift des § 8 Abs. 1 KapMuG zur Vermeidung widersprechender Entscheidungen sowohl im Hinblick auf das Braunschweiger als auch auf das noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Stuttgarter Musterverfahren auszusetzen.