Abtretungsverbot in AGB einer Fluglinie unwirksam
LG Nürnberg-Fürth 30.7.2018, 5 S 8340/17Das Verfahren betrifft drei Klagen von Firmen - sog. "Claim-Handling-Companies" -, die für Fluggäste wegen verspäteter Flüge Ansprüche nach der Fluggastrechteverordnung gegenüber der beklagten Fluggesellschaft geltend machten. Die Fluggäste hatten ihre Ansprüche auf Ausgleichszahlung zuvor an die Klägerinnen abgetreten.
In den AGB der Fluglinie ist u.a. folgender Passus enthalten: "Die Abtretung von Ausgleichs-, Schadensersatz- und Rückerstattungsansprüchen gegen uns ist ausschließlich an natürliche Personen zulässig, die in ihrer Flugbuchung als weitere Fluggäste mit aufgeführt sind. Im Übrigen ist die Abtretung von Ausgleichs-, Schadensersatz- und Rückerstattungsansprüchen gegen uns an Dritte ausgeschlossen."
Die von den Fluggästen jeweils mit der Durchsetzung der Ansprüche beauftragten klagenden Firmen sind der Auffassung, das Abtretungsverbot in den AGB der Fluggesellschaft sei unwirksam. Es verstoße gegen § 307 Abs. 1 BGB, da es eine mit den Grundsätzen von Treu und Glauben unvereinbare, unangemessene Benachteiligung des Fluggastes darstelle. Die Beklagte ist hingegen der Ansicht, die Klausel sei wirksam. Sie habe eine Vielzahl von Fällen abzuwickeln und deshalb ein berechtigtes Interesse daran, die Abtretung auf natürliche Personen zu beschränken. Im Sinne einer übersichtlichen Vertragsabwicklung sei das Abtretungsverbot notwendig, um zu verhindern, dass sich die Fluglinie mit einer Vielzahl von wechselnden Gläubigern auseinandersetzen müsse. Es gehe ihr vor allen Dingen darum, den unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand zu minimieren und eine ordnungsgemäße Vertragsabwicklung zu gewährleisten.
Das AG gab den Klagens statt und erachtete das Abtretungsverbot in den AGB für unwirksam, da die Klausel den Grundsätzen von Treu und Glauben widerspreche und eine unangemessene Benachteiligung der Fluggäste darstelle. Das LG bestätigte diese Auffassung in einem Hinweisbeschluss. Die Beklagte nahm daraufhin ihre Berufungen zurück.
Die Gründe:
Ein Abtretungsverbot oder zumindest eine Beschränkung der Abtretungsmöglichkeit kann zwar grundsätzlich die Vertragsabwicklung übersichtlicher gestalten. Außerdem wird verhindert, dass es nicht absehbar ist, welche Gläubiger die Ansprüche letzten Endes geltend machen. Dennoch ist eine solche Klausel unwirksam, wenn der Kunde ein überwiegendes Interesse an der Abtretung zur Durchsetzung seiner Ansprüche hat.
Vorliegend sind die Interessen der Fluglinie für einen Abtretungsausschluss nur von geringem Gewicht. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Bearbeitung der Anfragen von sog. "Claim-Handling-Companies" einen höheren Aufwand als die Bearbeitung der Anfragen von natürlichen Personen verursachen sollte. In beiden Fällen müssen jeweils die entsprechenden Daten durch das Verwaltungspersonal der Fluglinie überprüft werden. Entscheidend ist insoweit, dass für den Kunden durch das Abtretungsverbot ein potenzielles Hindernis auf dem Weg zur Erlangung seiner Ausgleichszahlung bereitet wird. Dieser muss jedoch in seiner Entscheidung frei bleiben, ein in solchen Angelegenheiten erfahrenes Unternehmen kostenpflichtig zu beauftragen. Welche Abzüge von der Entschädigung er hierbei in Kauf nimmt, ist allein seine freie Entscheidung.