Abwerben von Mitarbeitern gehört grundsätzlich zum freien Wettbewerb
OLG Oldenburg 18.9.2015, 6 U 135/15Zwei Gesellschafter eines Osnabrücker Unternehmens, das sich mit dem Vertrieb von Kaffeeautomaten sowie weiteren damit zusammenhängenden Leistungen für Gewerbebetriebe befasst, hatten in den Jahren 2010 und 2014 ihre Geschäftsanteile an eine Investorengruppe veräußert. Sie verpflichteten sich dabei, dem von der Investorengruppe weiter betriebenen Unternehmen keinen Wettbewerb zu machen und auch keine Mitarbeiter abzuwerben.
Die zwei Gesellschafter hatten bereits 1998 ein weiteres Unternehmen in Osnabrück gegründet, das sich ebenfalls mit dem Vertrieb von Getränkezubereitungsgeräten - allerdings vorwiegend für Privathaushalte und kleinere Büros - befasst. Kurz vor ihrem Verkauf im Jahr 2014 übertrugen sie ihre Anteile an dem Unternehmen unentgeltlich an ihre volljährigen Kinder, die inzwischen betriebswirtschaftlich orientierte Studiengänge abgeschlossen haben. Die Investorengruppe informierten sie darüber nicht. Im ersten Halbjahr 2015 wechselten zwei der drei Geschäftsführer sowie etliche Angestellte des von der Investorengruppe betriebenen Unternehmens zu dem beklagten Unternehmen der Gesellschafterkinder.
Das klagende Unternehmen der Investorengruppe nahm die Beklagte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auf Unterlassung des Wettbewerbs in seinem Geschäftsgebiet und des Abwerbens von Mitarbeitern in Anspruch. Das LG gab dem Antrag hinsichtlich des geltend gemachten Wettbewerbsverbots statt, lehnte ihn aber im Übrigen ab. Auf die Berufung der beiden Unternehmer änderte das OLG die Entscheidung des LG und lehnte den Antrag des klagenden Unternehmens insgesamt ab.
Das OLG hat damit im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes rechtskräftig entschieden. Es bleibt dem klagenden Unternehmen allerdings die Möglichkeit, seinen Anspruch in einem Hauptsacheverfahren geltend zu machen.
Die Gründe:
Die zwei Gesellschafter und nicht das beklagte Unternehmen hatten sich gegenüber der Investorengruppe vertraglich verpflichtet, dem klagenden Unternehmen keinen Wettbewerb zu machen und keine Mitarbeiter abzuwerben. Das beklagte Unternehmen war an den Vereinbarungen überhaupt nicht beteiligt und daher nicht der richtige Klagegegner.
Unabhängig davon hatte das klagende Unternehmen auch nicht glaubhaft gemacht, dass die zwei Gesellschafter einen maßgeblichen Einfluss auf das beklagte Unternehmen ausüben und es als Mittel für die Umgehung des Wettbewerbsverbots einsetzen. Es sprach zwar manches für die Annahme des klagenden Unternehmens, dass die zwei Gesellschafter Einfluss auf das Unternehmen ihrer Kinder haben und dies vorantreiben wollen. Ebenso gut war es aber denkbar, dass das beklagte Unternehmen unter seiner neuen Geschäftsführung autonome Entscheidungen treffen und nur die sich ihm bietenden wirtschaftlichen Möglichkeiten nutzen will.
Diese Ungewissheit ging in diesem Fall zu Lasten des klagenden Unternehmens. Ein Wettbewerbsverstoß ließ sich auch im Übrigen nicht feststellen. Das Abwerben von Mitarbeitern gehört grundsätzlich zum freien Wettbewerb und ist nur bei Vorliegen besonderer unlauterer Umstände wettbewerbswidrig. Dem klagenden Unternehmen war es nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass das beklagte Unternehmen gezielt Mitarbeiter abgeworben hatte, um das klagende Unternehmen wirtschaftlich "lahmzulegen".
Hintergrund:
Zwei weitere Verfahren, in denen das klagende Unternehmen die zwei ehemaligen zum Konkurrenzunternehmen abgewanderten Geschäftsführer auf Unterlassung von Wettbewerb in Anspruch genommen hatte, wurden nach einer im Verhandlungstermin vor dem OLG getroffenen Grundsatzeinigung und einem danach von den Prozessbevollmächtigten ausgearbeiteten, nunmehr gerichtlich festgestellten Vergleich erledigt. Darin hatten sich die beiden ehemaligen Vorstandsmitglieder verpflichtet, für den Zeitraum eines Jahres Wettbewerb zu Lasten des klagenden Unternehmens zu unterlassen, während das klagende Unternehmen sich u.a. zur Zahlung einer Karenzentschädigung (Fortzahlung von Gehalt) verpflichtet hatte.