Abwerbeverbote dürfen nicht länger als zwei Jahre nach Beendigung der Zusammenarbeit gelten
BGH 30.4.2014, I ZR 245/12Die im Nutzfahrzeuggeschäft tätigen Parteien gehörten ursprünglich zu derselben Firmengruppe, bis ein Drittunternehmen im Jahr 2004 die Geschäftsanteile an der Beklagten erwarb. Um den gemeinsamen Vertrieb ihrer Fahrzeuge fortzusetzen, schlossen die in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander ansässigen Parteien im August 2005 einen Kooperationsvertrag, in dem u.a. vereinbart war, dass jede Partei sich verpflichtet, während sowie bis drei Jahre nach Beendigung dieses Vertrages keine Mitarbeiter der anderen Partei direkt oder indirekt abzuwerben.
Die Beklagte kündigte den Vertrag Ende 2006. Im August 2009 erklärten zwei bei der Klägerin beschäftigte Vertriebsmitarbeiter die ordentliche Kündigung ihrer Anstellungsverträge und nahmen fortan ab Oktober 2009 eine Beschäftigung bei der Beklagten auf. Die Klägerin behauptete, der damalige Geschäftsführer der Beklagten habe die beiden Mitarbeiter durch Abwerbemaßnahmen zum Wechsel ihrer Anstellungsverhältnisse veranlasst. Sie verlangte von der Beklagten wegen der Verwirkung zweier Vertragsstrafen die Zahlung von rund 383.770,52 €. Die Beklagte war hingegen der Ansicht, das vertragliche Abwerbeverbot sei unverbindlich, so dass die möglicherweise verwirkten Vertragsstrafen nicht einklagbar seien.
Das LG wies die Klage ab; das OLG gab der Klage weitestgehend statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung insgesamt zurück.
Gründe:
Der Klägerin stand gegen die Beklagte wegen der Abwerbung der zwei Mitarbeiter nach § 339 S. 2 BGB i.V.m. § 12 des Kooperationsvertrages der Parteien ein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Vertragsstrafen nicht zu.
Der Einklagbarkeit des Anspruchs wegen Verletzung des von den Parteien vereinbarten Abwerbeverbots stand zwar § 75f S. 2 HGB nicht von vornherein entgegen, weil die an sich auf Abwerbeverbote anwendbare Vorschrift in der vorliegenden Konstellation die Klagbarkeit des in Rede stehenden Anspruchs nicht ausgeschlossen hatte. Grundsätzlich stellen zwar nicht nur Einstellungsverbote, sondern auch Vereinbarungen zwischen Unternehmern, sich nicht gegenseitig Arbeitskräfte abzuwerben, gerichtlich nicht durchsetzbare Sperrabreden i.S.v. § 75f HGB dar. Derartige Abwerbeverbote fallen allerdings nicht in den Anwendungsbereich des § 75f HGB, wenn sie - wie hier - nur Nebenbestimmungen der Vereinbarung sind und einem besonderen Vertrauensverhältnis der Parteien oder einer besonderen Schutzbedürftigkeit einer der beiden Seiten Rechnung tragen.
Die Abwerbung der zwei Mitarbeiter der Klägerin, die im Jahr 2009 erfolgt sein sollte, fiel indes nicht mehr in den Zeitraum, für den ein Abwerbeverbot vorliegend längstens zulässig ist. Die Parteien hatten sich im Kooperationsvertrag verpflichtet, bis drei Jahre nach Beendigung der vertraglichen Zusammenarbeit keine Mitarbeiter des Vertragspartners abzuwerben. Ein solches Abwerbeverbot überschreitet aber den für derartige Abreden zulässigen Zeitraum, der grundsätzlich zwei Jahre nach Beendigung der Zusammenarbeit nicht übersteigen darf. Ein trotz der Regelung des § 75f HGB gerichtlich durchsetzbares Abwerbeverbot kann insofern die Mitarbeiter in ihrem beruflichen Fortkommen behindern.
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