Afghanistan-Papiere: Kein Recht auf Informations- und Pressefreiheit außerhalb der Urheberrechtsrichtlinie
EuGH v. 29.7.2019 - C-469/17
Der Sachverhalt:
Deutschland lässt wöchentlich einen militärischen Lagebericht über die Auslandseinsätze der Bundeswehr und die Entwicklungen im Einsatzgebiet erstellen. Diese Lageberichte mit der Bezeichnung "Unterrichtung des Parlaments" (UdP) werden als Verschlusssachen der niedrigsten Geheimhaltungsstufe "VS-Nur für den Dienstgebrauch" an ausgewählte Abgeordnete des Deutschen Bundestags und Referate des Bundesministeriums der Verteidigung übersandt. Darüber hinaus veröffentlicht Deutschland gekürzte Fassungen der UdP als "Unterrichtung der Öffentlichkeit".
Die deutsche Gesellschaft Funke Medien NRW beantragte im September 2012 den Zugang zu sämtlichen UdP der vergangenen elf Jahre. Der Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass das Bekanntwerden einiger Informationen nachteilige Auswirkungen auf sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr haben könnte. Funke Medien gelangte jedoch auf unbekanntem Weg an einen Großteil der UdP und veröffentlichte einige von ihnen unter der Bezeichnung "Afghanistan-Papiere".
Deutschland war der Ansicht, Funke Medin habe ihr Urheberrecht an den Berichten verletzt und nahm sie daher vor den deutschen Zivilgerichten auf Unterlassung in Anspruch. Vor diesem Hintergrund stellt der BGH die Frage um die Auslegung des Unionsrechts über den Urheberrechtsschutz (Richtlinie 2001/29/EG), insbesondere im Licht des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung.
Die Gründe:
Die Informationsfreiheit und die Pressefreiheit können außerhalb der in der Urheberrechtsrichtlinie vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen keine Abweichung von den Urheberrechten rechtfertigen.
Damit militärische Lageberichte in den Anwendungsbereich der Urheberrechtsrichtlinie fallen, muss es sich um "Werke" i.S.d. Richtlinie handeln. Dies ist der Fall, wenn es sich bei den Berichten um eine geistige Schöpfung ihres Urhebers handelt, in der seine Persönlichkeit zum Ausdruck kommt und die sich in seinen bei ihrer Ausarbeitung frei getroffenen kreativen Entscheidungen ausdrückt.
Ist dies der Fall, können die Informationsfreiheit und die Pressefreiheit außerhalb der in der Urheberrechtsrichtlinie vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen keine Abweichung von den Urheberrechten rechtfertigen. Vor dem Hintergrund der elektronischen Medien soll die Urheberrechtsrichtlinie insbesondere einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Inhaber von Urheber- und verwandten Schutzrechten auf der einen Seite und dem Schutz der Interessen und Grundrechte der Nutzer von Schutzgegenständen, insbesondere die Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, sowie dem Allgemeininteresse auf der anderen Seite sichern.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass unter diesen Umständen, unter denen Funke Medien die militärischen Lageberichte im Internet veröffentlicht hat, nicht ausgeschlossen ist, dass eine solche Nutzung von der in der Urheberrechtsrichtlinie vorgesehenen Ausnahme für die Berichterstattung über Tagesereignisse erfasst ist.
EuGH PM Nr. 97 vom 29.7.2019
Deutschland lässt wöchentlich einen militärischen Lagebericht über die Auslandseinsätze der Bundeswehr und die Entwicklungen im Einsatzgebiet erstellen. Diese Lageberichte mit der Bezeichnung "Unterrichtung des Parlaments" (UdP) werden als Verschlusssachen der niedrigsten Geheimhaltungsstufe "VS-Nur für den Dienstgebrauch" an ausgewählte Abgeordnete des Deutschen Bundestags und Referate des Bundesministeriums der Verteidigung übersandt. Darüber hinaus veröffentlicht Deutschland gekürzte Fassungen der UdP als "Unterrichtung der Öffentlichkeit".
Die deutsche Gesellschaft Funke Medien NRW beantragte im September 2012 den Zugang zu sämtlichen UdP der vergangenen elf Jahre. Der Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass das Bekanntwerden einiger Informationen nachteilige Auswirkungen auf sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr haben könnte. Funke Medien gelangte jedoch auf unbekanntem Weg an einen Großteil der UdP und veröffentlichte einige von ihnen unter der Bezeichnung "Afghanistan-Papiere".
Deutschland war der Ansicht, Funke Medin habe ihr Urheberrecht an den Berichten verletzt und nahm sie daher vor den deutschen Zivilgerichten auf Unterlassung in Anspruch. Vor diesem Hintergrund stellt der BGH die Frage um die Auslegung des Unionsrechts über den Urheberrechtsschutz (Richtlinie 2001/29/EG), insbesondere im Licht des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung.
Die Gründe:
Die Informationsfreiheit und die Pressefreiheit können außerhalb der in der Urheberrechtsrichtlinie vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen keine Abweichung von den Urheberrechten rechtfertigen.
Damit militärische Lageberichte in den Anwendungsbereich der Urheberrechtsrichtlinie fallen, muss es sich um "Werke" i.S.d. Richtlinie handeln. Dies ist der Fall, wenn es sich bei den Berichten um eine geistige Schöpfung ihres Urhebers handelt, in der seine Persönlichkeit zum Ausdruck kommt und die sich in seinen bei ihrer Ausarbeitung frei getroffenen kreativen Entscheidungen ausdrückt.
Ist dies der Fall, können die Informationsfreiheit und die Pressefreiheit außerhalb der in der Urheberrechtsrichtlinie vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen keine Abweichung von den Urheberrechten rechtfertigen. Vor dem Hintergrund der elektronischen Medien soll die Urheberrechtsrichtlinie insbesondere einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Inhaber von Urheber- und verwandten Schutzrechten auf der einen Seite und dem Schutz der Interessen und Grundrechte der Nutzer von Schutzgegenständen, insbesondere die Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, sowie dem Allgemeininteresse auf der anderen Seite sichern.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass unter diesen Umständen, unter denen Funke Medien die militärischen Lageberichte im Internet veröffentlicht hat, nicht ausgeschlossen ist, dass eine solche Nutzung von der in der Urheberrechtsrichtlinie vorgesehenen Ausnahme für die Berichterstattung über Tagesereignisse erfasst ist.