AGB des "Miles & More"-Programms hinsichtlich Einschränkung der Übertragbarkeit von Meilen und Prämien teilweise unwirksam
OLG Köln 12.6.2013, 5 U 46/12Der Kläger war Mitglied des Vielfliegerprogramms "Miles & More" der beklagten Fluggesellschaft und besaß den Status eines HON Cercle Members. Im Januar 2011 buchte er unter Einlösung von ihm gesammelter Meilen ein Prämienticket. Der gebuchte Flug wurde von einer dritten Person angetreten. Daraufhin kündigte die Lufthansa die Mitgliedschaft des Klägers in ihrem Vielfliegerprogramm fristlos, hilfsweise fristgemäß mit der Behauptung, der Kläger habe das Prämienticket an die Person verkauft, welche den Prämienflug angetreten habe.
Nach den AGB der Beklagten dürfen Prämiendokumente nur an Verwandte, Freunde und Bekannte verschenkt, nicht aber verkauft oder an sonstige Dritte unentgeltlich weiter gegeben werden. Der Kläger machte geltend, er habe das Prämienticket seinem Vater geschenkt, der es dann an die dritte Person weiter gegeben habe. Schon deshalb sei ihm nicht wirksam gekündigt worden, jedenfalls aber seien die entsprechenden Regelungen der AGB, die Grundlage der Kündigung waren, ihrerseits unwirksam.
Das LG wies die Feststellungsklage ab. Auf die Berufung des Klägers gab das OLG der Klage in wesentlichen Punkten statt. Die Revision zum BGH wurde zugelassen.
Die Gründe:
Der Kläger war berechtigt, Meilen und Prämiendokumente auf Dritte zu übertragen, auch wenn er mit diesen nicht durch eine persönliche gegenseitige Beziehung verbunden ist. Darüber hinaus darf der Kläger auch Prämiendokumente verkaufen. Die entgegenstehenden Regelungen in den AGB der Beklagten sind unwirksam, da sie den Kunden des Vielfliegerprogramms unangemessen benachteiligten (§ 307 Abs. 1 BGB).
Ein überwiegendes Interesse der Fluggesellschaft daran, dass ausschließlich der jeweilige Teilnehmer des Programms selbst oder ihm persönlich verbundene Personen den Prämienflug antreten, ist nicht ersichtlich. Eine Kundenbindung kann hierdurch nicht mehr erfolgen, auch nicht - wie von der Beklagten geltend gemacht - in psychologisch-emotionaler Hinsicht. Will der Kunde sein Prämienticket verkaufen, dann steht für ihn der wirtschaftliche Wert des Prämientickets im Vordergrund. Eine emotionale Bindung an die Fluggesellschaft lässt sich in diesem Fall nicht über ein Verkaufsverbot erreichen, da dem Kunden gerade das von ihm Gewollte verweigert wird. Auch bei anderen von der Fluggesellschaft angebotenen Prämien, wie etwa Hotelaufenthalten oder sonstigen Sachleistungen, steht ein "eigenes Erleben einer Leistung der Beklagten" nicht im Vordergrund.
Zwar ist es zulässig, die Übertragbarkeit von Flugmeilen einzuschränken, solange diese noch nicht gegen eine Prämie eingelöst werden können. Jedoch wird vorliegend das Verbot der Übertragung von Meilen von der Unwirksamkeit des Verbots der Übertragung von eingelösten Prämien mit umfasst, da beide Klauseln sich nicht voneinander trennen lassen. Die auf die entsprechenden Regelungen gestützte Kündigung des Klägers aus dem Vielfliegerprogramm ist somit ebenfalls unwirksam.
Keinen Erfolg hatte der Kläger insoweit, als er auch eine Schadensersatzpflicht der Fluggesellschaft wegen der unberechtigten Kündigung festgestellt haben wollte. Die Rechtslage war unklar, die Abwägung der beiderseitigen Interessen komplex. Daher trifft die Fluggesellschaft kein Verschulden, wenn sie in der Beurteilung der maßgeblichen Rechtsfragen zu einem abweichenden Ergebnis gelangt ist. Ebenfalls abgewiesen wurde der Feststellungsantrag des Klägers, mit dem er eine Unverfallbarkeit der Meilen festgestellt wissen wollte. Der Anbieter eines Kundenbindungsprogramms hat angesichts der ihm aus dem Programm erwachsenden finanziellen Risiken und bilanziellen Folgewirkungen ein berechtigtes Interesse daran, die zeitliche Gültigkeit der Meilen zu beschränken. Ein Zeitraum von 36 Monaten zum Quartalsende beeinträchtigt den Nutzer nicht unangemessen.
Die Revision war für beide Parteien zuzulassen, da die Frage, ob der Betreiber eines Kundenbindungsprogramms die freie Übertragbarkeit der Prämien beschränken oder die Einlösbarkeit befristen kann, grundsätzliche Bedeutung hat.