AIRBNB-Plattform stellt Dienst der Informationsgesellschaft dar
EuGH, C-390/18: Schlussanträge des Generalanwalts vom 30.4.2019
Der Sachverhalt:
AIRBNB Ireland, eine Gesellschaft irischen Rechts, verwaltet für alle Nutzer außerhalb der Vereinigten Staaten eine Online-Plattform, die dazu dient, einen Kontakt zwischen Gastgebern (Unternehmern und Privatpersonen), die über zu vermietende Unterkünfte verfügen, und Personen, die solche Unterkünfte suchen, herzustellen. Infolge der Beschwerde eines Herbergen- und Tourismusverbandes als Zivilpartei gegen X erhob die Staatsanwaltschaft Paris im März 2017 Anklage wegen Verstößen gegen das Gesetz zur Regelung der Voraussetzungen für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten im Zusammenhang mit Grundstücken und Geschäften (sog. "Loi Hoguet") insbesondere hinsichtlich Maklertätigkeiten. AIRBNB Ireland bestreitet, als Grundstücksmaklerin tätig zu sein, und macht geltend, die Loi Hoguet sei nicht anwendbar, da sie mit der Richtlinie über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft unvereinbar sei.
Der mit der Sache befasste Untersuchungsrichter des Regionalgerichts Paris entschied, dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, um zu klären, ob die Leistungen, die AIRBNB Ireland in Frankreich mittels einer von Irland aus betriebenen elektronischen Plattform erbringt, unter die in der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr vorgesehene Freiheit des Dienstleistungsverkehrs fallen und ob die restriktiven Vorschriften für die Ausübung des Berufs eines Grundstücksmaklers in Frankreich, die in der Loi Hoguet enthalten sind, AIRBNB Ireland entgegengehalten werden können.
Die Gründe:
Eine Dienstleistung, die darin besteht, mittels einer elektronischen Plattform einen Kontakt zwischen potenziellen Mietern und Vermietern herzustellen, die kurzfristige Beherbergungsleistungen anbieten (wobei der Anbieter dieser Dienstleistung keine Kontrolle über die wesentlichen Modalitäten der Beherbergungsleistungen ausübt), stellt einen Dienst der Informationsgesellschaft dar. Der Umstand, dass dieser Anbieter auch andere in materieller Form erbrachte Dienstleistungen anbietet, steht der Einstufung dieser elektronisch erbrachten Dienstleistung als Dienst der Informationsgesellschaft nicht entgegen, vorausgesetzt, die letztere Dienstleistung ist mit den anderen Dienstleistungen nicht untrennbar verbunden.
Die Loi Hoguet fällt vorliegend auf den ersten Blick in den Anwendungsbereich der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr, da es sich um die Regelung eines anderen Mitgliedstaats als des Herkunftsmitgliedstaats handelt, die geeignet ist, die Dienste der Informationsgesellschaft einzuschränken. Eine Anforderung, die ein anderer Mitgliedstaat als derjenige aufstellt, in dem der Anbieter der Dienste der Informationsgesellschaft niedergelassen ist, kann diesem Anbieter nur entgegengehalten werden und nur dann eine Beschränkung des freien Verkehrs dieser Dienste bewirken, wenn sie eine Maßnahme darstellt, die die materiell-rechtlichen und die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen gemäß der Richtlinie erfüllt.
Gem. der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr darf ein anderer als der Herkunftsmitgliedstaat Ausnahmen vom freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft nur durch "auf den konkreten Einzelfall" bezogene Maßnahmen vorsehen. Jedenfalls hat das vorlegende Gericht festzustellen, ob die fraglichen Maßnahmen unter Berücksichtigung aller ihm zur Kenntnis gebrachten Umstände erforderlich sind, um den Verbraucherschutz sicherzustellen, und ob sie nicht über das zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderliche Maß hinausgehen.
Im Übrigen muss ein Mitgliedstaat, der beabsichtigt, Maßnahmen zur Beschränkung des freien Verkehrs von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat zu erlassen, zuvor die Kommission über seine Absicht unterrichten und den Herkunftsmitgliedstaat auffordern, Maßnahmen in Bezug auf Dienste der Informationsgesellschaft zu ergreifen. Es deutet nichts darauf hin, dass Frankreich Irland aufgefordert hätte, Maßnahmen im Hinblick auf Dienste der Informationsgesellschaft zu ergreifen und auch die Voraussetzung in Bezug auf die Unterrichtung der Kommission scheint nicht erfüllt worden zu sein - weder während der Frist für die Umsetzung der Richtlinie noch nach Ablauf dieser Frist. Die unterlassene Unterrichtung über eine Maßnahme wird dadurch sanktioniert, dass diese Maßnahme dem Anbieter der betreffenden Dienste nicht entgegengehalten werden kann.
Im Hinblick auf die Frage, ob ein anderer als der Herkunftsmitgliedstaat den Anbietern einer bestimmten Kategorie von Diensten der Informationsgesellschaft Anforderungen in Bezug auf die Ausübung des Berufs eines Grundstücksmaklers wie die in der Loi Hoguet vorgesehenen eigenmächtig und ohne Prüfung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen auferlegen darf, ist festzustellen, dass die Richtlinie einem Mitgliedstaat verbietet, unter derartigen Umständen und auf eine solche Weise den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mietgliedstaat zu beschränken.
Linkhinweis:
EuGH PM Nr. 51 vom 30.4.2019
AIRBNB Ireland, eine Gesellschaft irischen Rechts, verwaltet für alle Nutzer außerhalb der Vereinigten Staaten eine Online-Plattform, die dazu dient, einen Kontakt zwischen Gastgebern (Unternehmern und Privatpersonen), die über zu vermietende Unterkünfte verfügen, und Personen, die solche Unterkünfte suchen, herzustellen. Infolge der Beschwerde eines Herbergen- und Tourismusverbandes als Zivilpartei gegen X erhob die Staatsanwaltschaft Paris im März 2017 Anklage wegen Verstößen gegen das Gesetz zur Regelung der Voraussetzungen für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten im Zusammenhang mit Grundstücken und Geschäften (sog. "Loi Hoguet") insbesondere hinsichtlich Maklertätigkeiten. AIRBNB Ireland bestreitet, als Grundstücksmaklerin tätig zu sein, und macht geltend, die Loi Hoguet sei nicht anwendbar, da sie mit der Richtlinie über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft unvereinbar sei.
Der mit der Sache befasste Untersuchungsrichter des Regionalgerichts Paris entschied, dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, um zu klären, ob die Leistungen, die AIRBNB Ireland in Frankreich mittels einer von Irland aus betriebenen elektronischen Plattform erbringt, unter die in der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr vorgesehene Freiheit des Dienstleistungsverkehrs fallen und ob die restriktiven Vorschriften für die Ausübung des Berufs eines Grundstücksmaklers in Frankreich, die in der Loi Hoguet enthalten sind, AIRBNB Ireland entgegengehalten werden können.
Die Gründe:
Eine Dienstleistung, die darin besteht, mittels einer elektronischen Plattform einen Kontakt zwischen potenziellen Mietern und Vermietern herzustellen, die kurzfristige Beherbergungsleistungen anbieten (wobei der Anbieter dieser Dienstleistung keine Kontrolle über die wesentlichen Modalitäten der Beherbergungsleistungen ausübt), stellt einen Dienst der Informationsgesellschaft dar. Der Umstand, dass dieser Anbieter auch andere in materieller Form erbrachte Dienstleistungen anbietet, steht der Einstufung dieser elektronisch erbrachten Dienstleistung als Dienst der Informationsgesellschaft nicht entgegen, vorausgesetzt, die letztere Dienstleistung ist mit den anderen Dienstleistungen nicht untrennbar verbunden.
Die Loi Hoguet fällt vorliegend auf den ersten Blick in den Anwendungsbereich der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr, da es sich um die Regelung eines anderen Mitgliedstaats als des Herkunftsmitgliedstaats handelt, die geeignet ist, die Dienste der Informationsgesellschaft einzuschränken. Eine Anforderung, die ein anderer Mitgliedstaat als derjenige aufstellt, in dem der Anbieter der Dienste der Informationsgesellschaft niedergelassen ist, kann diesem Anbieter nur entgegengehalten werden und nur dann eine Beschränkung des freien Verkehrs dieser Dienste bewirken, wenn sie eine Maßnahme darstellt, die die materiell-rechtlichen und die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen gemäß der Richtlinie erfüllt.
Gem. der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr darf ein anderer als der Herkunftsmitgliedstaat Ausnahmen vom freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft nur durch "auf den konkreten Einzelfall" bezogene Maßnahmen vorsehen. Jedenfalls hat das vorlegende Gericht festzustellen, ob die fraglichen Maßnahmen unter Berücksichtigung aller ihm zur Kenntnis gebrachten Umstände erforderlich sind, um den Verbraucherschutz sicherzustellen, und ob sie nicht über das zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderliche Maß hinausgehen.
Im Übrigen muss ein Mitgliedstaat, der beabsichtigt, Maßnahmen zur Beschränkung des freien Verkehrs von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat zu erlassen, zuvor die Kommission über seine Absicht unterrichten und den Herkunftsmitgliedstaat auffordern, Maßnahmen in Bezug auf Dienste der Informationsgesellschaft zu ergreifen. Es deutet nichts darauf hin, dass Frankreich Irland aufgefordert hätte, Maßnahmen im Hinblick auf Dienste der Informationsgesellschaft zu ergreifen und auch die Voraussetzung in Bezug auf die Unterrichtung der Kommission scheint nicht erfüllt worden zu sein - weder während der Frist für die Umsetzung der Richtlinie noch nach Ablauf dieser Frist. Die unterlassene Unterrichtung über eine Maßnahme wird dadurch sanktioniert, dass diese Maßnahme dem Anbieter der betreffenden Dienste nicht entgegengehalten werden kann.
Im Hinblick auf die Frage, ob ein anderer als der Herkunftsmitgliedstaat den Anbietern einer bestimmten Kategorie von Diensten der Informationsgesellschaft Anforderungen in Bezug auf die Ausübung des Berufs eines Grundstücksmaklers wie die in der Loi Hoguet vorgesehenen eigenmächtig und ohne Prüfung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen auferlegen darf, ist festzustellen, dass die Richtlinie einem Mitgliedstaat verbietet, unter derartigen Umständen und auf eine solche Weise den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mietgliedstaat zu beschränken.
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