26.09.2016

Aktivlegitimation für wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch

Ein Mitbewerber kann einen Verletzungsunterlassungsanspruch nur mit Erfolg geltend machen, wenn er seine entsprechende unternehmerische Tätigkeit im Zeitpunkt der Verletzungshandlung bereits aufgenommen und im Zeitpunkt der letzten Verhandlung noch nicht aufgegeben hat. Wenn ein Unterlassungsanspruch als Verletzungsunterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1 S. 1 UWG oder als vorbeugender Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1 S. 2 UWG in Betracht kommt, bestimmt sich die Frage, ob es sich um einen Streitgegenstand oder um zwei verschiedene Streitgegenstände handelt, nach den allgemeinen Regeln.

BGH 10.3.2016, I ZR 183/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GbR. Sie betreibt einen Onlineshop, über den sie seit Oktober 2012 Stirnlampen zum Preis zwischen 11 € und 29 € vertrieb. Im selben Monat stellte sie beim Aufruf der Homepage des Beklagten fest, dass dieser seinen über das Internet betriebenen Handel mit Stirnlampen zum Preis zwischen 209 € und 249 € nach einem Hinweis aus September 2011 wegen der Beendigung der Geschäftsbeziehung mit seinem bisherigen Lieferanten ausgesetzt hatte und an neuen Produkten arbeitete, deren Entwicklung noch einige Zeit in Anspruch nehmen würde. Zudem enthielt die Homepage eine Belehrung über das gesetzliche Rückgaberecht der Kunden und Haftungsbeschränkungen in AGB des Beklagten.

Die Klägerin nahm den Beklagten mit der im März 2013 erhobenen Klage auf Unterlassung der Verwendung der Belehrung und der Klausel über die Haftungsbeschränkung sowie auf Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch. Das LG gab der Unterlassungsklage weitestgehend statt. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin den Rechtsstreit hinsichtlich des von ihr geltend gemachten Unterlassungsantrags im Hinblick darauf für erledigt erklärt, dass sie mittlerweile nicht mehr mit Stirnlampen handelte. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung jedoch nicht angeschlossen. Das OLG hat den Zahlungsanspruch i.H.v. 457 € als begründet angesehen und die Berufung des Beklagten im Übrigen mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festgestellt hat.

Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden war und wies die Klage insgesamt ab.

Die Gründe:
Das Berufungsgericht hatte zu Unrecht angenommen, dass die Klägerin hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Verstöße des Beklagten bei dessen im September 2011 beendeten Angebot von Stirnlampen anspruchsbefugt war und dass sich der Rechtsstreit deshalb in dieser Hinsicht in der Hauptsache durch die Einstellung des Vertriebs von Stirnlampen durch die Klägerin im Verlauf des Berufungsverfahrens erledigt hat. Aus diesem Grund war auch der von der Klägerin mit dem Zahlungsantrag geltend gemachte Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten ebenfalls nicht begründet.

Der Klägerin standen die auf Wiederholungsgefahr gestützten Unterlassungsansprüche nicht zu, da sie während der Verletzungshandlungen nicht Mitbewerberin des Beklagten i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG war. Ein Mitbewerber kann einen Verletzungsunterlassungsanspruch nur mit Erfolg geltend machen, wenn er seine entsprechende unternehmerische Tätigkeit im Zeitpunkt der Verletzungshandlung bereits aufgenommen und im Zeitpunkt der letzten Verhandlung noch nicht aufgegeben hat.

Die Revision des Beklagten war auch nicht deshalb zurückzuweisen, weil hinsichtlich der in Rede stehenden wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen eine Erstbegehungsgefahr i.S.v. § 8 Abs. 1 S. 2 UWG bestanden hatte und die vom Berufungsgericht getroffene Entscheidung sich daher nach § 561 ZPO als im Ergebnis richtig darstellte. Wenn ein Unterlassungsanspruch als Verletzungsunterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1 S. 1 UWG oder als vorbeugender Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1 S. 2 UWG in Betracht kommt, bestimmt sich die Frage, ob es sich um einen Streitgegenstand oder um zwei verschiedene Streitgegenstände handelt, nach den allgemeinen Regeln. Es kommt daher bei einem einheitlichen Klageantrag darauf an, ob es sich um einen einheitlichen Sachverhalt oder um mehrere den Anspruch möglicherweise rechtfertigende Lebenssachverhalte handelt.

Die für einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch erforderliche Erstbegehungsgefahr liegt regelmäßig nicht vor, wenn ein Wettbewerber seinen bislang in wettbewerbswidriger Weise betriebenen Handel unter Hinweis auf die Beendigung der Geschäftsbeziehung mit seinem bisherigen Lieferanten sowie darauf ausgesetzt hat, dass er an neuen Produkten arbeite, und zwischen dieser Mitteilung und der Einleitung gerichtlicher Maßnahmen nahezu eineinhalb Jahre vergangen sind, ohne dass der Wettbewerber wieder auf dem Markt aufgetreten ist oder nach außen erkennbare Vorbereitungshandlungen dafür getroffen hat.

Linkhinweise:

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