17.06.2014

Alkoholfreies Bier darf nicht als "vitalisierend" beworben werden

Eine Brauerei darf ihr alkoholfreies Bier nicht mit der Angabe "vitalisierend" bewerben, weil sie dem Begriff keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt hatte. Eine solche Werbung verstößt gegen Art. 10 Abs. 3 der Europäischen Health Claim VO (HCVO), VO (EG) Nr. 1924/2006.

OLG Hamm 20.5.2014, 4 U 19/14
Der Sachverhalt:
Die Beklagte, eine Privatbrauerei, bewarb ihr alkoholfreies Bier im Jahr 2013 auf den Rückenetiketten und den Verpackungen der sog. Sixpacks mit den Angaben "vitalisierend", "erfrischend" und "isotonisch" und bildete auf den Flaschenetiketten die durch den Boxsport bekannten Brüder Vitali und Wladimir Klitschko ab. Der Kläger, ein in München ansässiger Verein, hält die Werbung mit dem Begriff "vitalisierend" für unzulässig, weil sie gesundheitsbezogen sei und die Beklagte ihr keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt habe.

Das LG wies die Unterlassungsklage ab. Auf die Berufung der Beklagten änderte das OLG das Urteil ab und gab der Klage statt. Da Urteil ist nicht rechtskräftig, die Revision zum BGH wurde zugelassen.

Die Gründe:
Die beanstandete Werbung für das alkoholfreie Bier mit dem Begriff vitalisierend" war zu untersagen, weil dieser Werbeaussage keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt worden ist. Die streitgegenständlichen Werbung verstößt gegen Art. 10 Abs. 3 der Europäischen Health Claim VO (HCVO), VO (EG) Nr. 1924/2006.

Die Beklagte warb mit dem Wort "vitalisierend" für ein Lebensmittel. Der Begriff "Vitalisierend" ist eine unspezifische gesundheitsbezogene Angabe i.S.d. HCVO. Der Bezug zur Gesundheit ergibt sich bereits aus dem Wortsinn: "Vitalisieren" steht für "beleben" und "anregen". Für den Verbraucher bringt das Adjektiv "vitalisierend" eine Verbesserung des Gesundheitszustandes zum Ausdruck. Deswegen suggeriert die Beklagte, dass der Konsum ihres alkoholfreien Bieres eine Verbesserung des Gesundheitszustandes bewirkt, wenn sie es mit der Angabe "vitalisierend" bewirbt.

Dass der Ausdruck auch in Verbindung mit dem Werbeträger Vitali Klitschko verstanden werden kann, steht dem nicht entgegen. "Vitalisierend" soll ebenfalls eine Produkteigenschaft beschreiben, was sich aus seiner Nennung in einem engen räumlichen Zusammenhang mit den Bezeichnungen "erfrischend" und "isotonisch" ergibt. Die Angabe "vitalisierend" ist zudem unspezifisch i.S.v. Art. 10 Abs. 3 HCVO, weil sie sich nicht auf eine bestimmte zu fördernde Körperfunktion bezieht.

Nach Art. 10 Abs. 3 HCVO sind derartige gesundheitsbezogene Angaben nur zulässig, wenn ihnen eine in der Liste nach Art. 13 oder 14 der HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist (sog. Kopplungsgebot). Die Vorschrift ist anzuwenden, auch wenn die genannten Listen noch nicht vollständig vorliegen. Das alkoholfreie Bier der Beklagten enthält nämlich Stoffe, die in den genannten Listen mit zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben beschrieben werden. Weil die Beklagte der unspezifischen Angabe "vitalisierend" keine zugelassene gesundheitsbezogene Angabe beigefügt hat, war ihre Werbung insoweit unzulässig.

OLG Hamm PM vom 17.6.2014
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