Androhung einer Anschlusssperre außerhalb der gesetzlichen Voraussetzungen ist unlauter
OLG Frankfurt a.M. v. 24.10.2019 - 6 U 147/18
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer Sperrandrohung für einen Mobilfunkanschluss. Der Kläger ist ein eingetragener Verbraucherschutzverband. Die Beklagte bietet Mobilfunkdienste an. Einer ihrer Kunden übersandte sie eine Rechnung über rd. 1.300 €, die u.a. die Position GPS-Auslandsverbindungsaufkommen mit über 1.250 € enthielt.
Nachdem die Kundin die Rechnungshöhe beanstandet hatte, verwies die Beklagte zur Rechtfertigung ihrer Forderung auf einen von ihr eingeholten Prüfbericht des Netzbetreibers und erteilte eine Kulanzgutschrift in Höhe der Hälfte des Betrages. Die verbleibende Forderung mahnte sie an. Zugleich wies sie darauf hin, dass sie sich im Falle nicht fristgerechter Zahlung die Sperrung des Mobilfunkanschlusses vorbehalte. Der Kläger hält das Vorgehen der Beklagten für wettbewerbswidrig.
Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers gab das OLG der Klage statt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision zum BGH begehrt werden.
Die Gründe:
Die Beklagte darf säumigen Verbrauchern gegenüber keine Anschlusssperre androhen, wenn die geltend gemachte Forderung nach Abzug der seitens des Verbrauchers form- und fristgerecht beanstandeten Forderungen weniger als 75 € beträgt.
Die Ankündigung der Sperre stellt sich als aggressive Geschäftspraxis i.S.d. § 4 a UWG dar, die geeignet ist, die Kundin zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie anderenfalls nicht getroffen hätte. Das Schreiben stellt eine unzulässige Beeinflussung dar, da es geeignet ist, die Rationalität der Entscheidung der angesprochenen Verbraucher vollständig in den Hintergrund treten zu lassen. Geschäftliche Handlungen sind aggressiv i.S.v. § 4a Abs. 1 S. 2 UWG, wenn mit rechtlich unzulässigen Handlungen gedroht wird. Darunter fällt auch die Drohung mit einem Vertragsbruch. In rechtlichen Zweifelsfällen darf jedenfalls die vertretene Rechtsansicht (hier Zulässigkeit einer Sperre) nicht als feststehend hingestellt werden. Die Ausübung von Druck durch Drohung mit einer rechtlich zweifelhaft Maßnahme kann die Fähigkeit der Verbraucher zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränken und damit den Tatbestand der unzulässigen Beeinflussung erfüllen, wenn bei dieser Drohung zwanghafte Zulässigkeit verschleiert wird. So liegt es hier.
Die angekündigte Drohung, den Mobilfunkanschluss bei nicht fristgerechter Zahlung zu sperren, ist auch als erhebliches Übel einzuordnen. Die Verbraucher sind in aller Regel auf ihren Mobilfunkanschluss dringend angewiesen. Viele verfügen nicht über einen Festnetzanschluss und wickeln ihre gesamte Kommunikation über den Mobilfunkanschluss ab. Die angedrohte Sperre war zudem rechtlich unzulässig. Die Voraussetzungen für eine Sperre richten sich nach § 45k TKG. Die Kundin befand sich nicht mit einem Betrag von mindestens 75 € im Verzug, da die angemahnte Forderung um den beanstandeten Betrag (hier: Auslandsdatenverkehrsaufkommen) zu kürzen war. Die Kundin hat die Forderung auch ausreichend beanstandet.
Beanstandungen sind zu berücksichtigen, wenn der Kunde äußere Umstände so darstellt, dass sich bei objektiver Betrachtungsweise die Einwände als nachvollziehbar darstellen und Zweifel an dem rechtmäßigen Zustandekommen der Verbindung aufkommen lassen können. Hier stellte die - auch im Vergleich zu früheren Zeiträumen - ungewöhnliche Höhe der Forderung einen äußeren Umstand dar, der Zweifel an der richtigen Erfassung des Gesprächsvolumens aufkommen lässt. Eine weitere Substantiierung kann von der Kundin nicht verlangt werden, da sie keinen Zugriff auf die Erfassungsdaten haben.
OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 63 vom 7.11.2019
Die Parteien streiten über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer Sperrandrohung für einen Mobilfunkanschluss. Der Kläger ist ein eingetragener Verbraucherschutzverband. Die Beklagte bietet Mobilfunkdienste an. Einer ihrer Kunden übersandte sie eine Rechnung über rd. 1.300 €, die u.a. die Position GPS-Auslandsverbindungsaufkommen mit über 1.250 € enthielt.
Nachdem die Kundin die Rechnungshöhe beanstandet hatte, verwies die Beklagte zur Rechtfertigung ihrer Forderung auf einen von ihr eingeholten Prüfbericht des Netzbetreibers und erteilte eine Kulanzgutschrift in Höhe der Hälfte des Betrages. Die verbleibende Forderung mahnte sie an. Zugleich wies sie darauf hin, dass sie sich im Falle nicht fristgerechter Zahlung die Sperrung des Mobilfunkanschlusses vorbehalte. Der Kläger hält das Vorgehen der Beklagten für wettbewerbswidrig.
Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers gab das OLG der Klage statt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision zum BGH begehrt werden.
Die Gründe:
Die Beklagte darf säumigen Verbrauchern gegenüber keine Anschlusssperre androhen, wenn die geltend gemachte Forderung nach Abzug der seitens des Verbrauchers form- und fristgerecht beanstandeten Forderungen weniger als 75 € beträgt.
Die Ankündigung der Sperre stellt sich als aggressive Geschäftspraxis i.S.d. § 4 a UWG dar, die geeignet ist, die Kundin zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie anderenfalls nicht getroffen hätte. Das Schreiben stellt eine unzulässige Beeinflussung dar, da es geeignet ist, die Rationalität der Entscheidung der angesprochenen Verbraucher vollständig in den Hintergrund treten zu lassen. Geschäftliche Handlungen sind aggressiv i.S.v. § 4a Abs. 1 S. 2 UWG, wenn mit rechtlich unzulässigen Handlungen gedroht wird. Darunter fällt auch die Drohung mit einem Vertragsbruch. In rechtlichen Zweifelsfällen darf jedenfalls die vertretene Rechtsansicht (hier Zulässigkeit einer Sperre) nicht als feststehend hingestellt werden. Die Ausübung von Druck durch Drohung mit einer rechtlich zweifelhaft Maßnahme kann die Fähigkeit der Verbraucher zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränken und damit den Tatbestand der unzulässigen Beeinflussung erfüllen, wenn bei dieser Drohung zwanghafte Zulässigkeit verschleiert wird. So liegt es hier.
Die angekündigte Drohung, den Mobilfunkanschluss bei nicht fristgerechter Zahlung zu sperren, ist auch als erhebliches Übel einzuordnen. Die Verbraucher sind in aller Regel auf ihren Mobilfunkanschluss dringend angewiesen. Viele verfügen nicht über einen Festnetzanschluss und wickeln ihre gesamte Kommunikation über den Mobilfunkanschluss ab. Die angedrohte Sperre war zudem rechtlich unzulässig. Die Voraussetzungen für eine Sperre richten sich nach § 45k TKG. Die Kundin befand sich nicht mit einem Betrag von mindestens 75 € im Verzug, da die angemahnte Forderung um den beanstandeten Betrag (hier: Auslandsdatenverkehrsaufkommen) zu kürzen war. Die Kundin hat die Forderung auch ausreichend beanstandet.
Beanstandungen sind zu berücksichtigen, wenn der Kunde äußere Umstände so darstellt, dass sich bei objektiver Betrachtungsweise die Einwände als nachvollziehbar darstellen und Zweifel an dem rechtmäßigen Zustandekommen der Verbindung aufkommen lassen können. Hier stellte die - auch im Vergleich zu früheren Zeiträumen - ungewöhnliche Höhe der Forderung einen äußeren Umstand dar, der Zweifel an der richtigen Erfassung des Gesprächsvolumens aufkommen lässt. Eine weitere Substantiierung kann von der Kundin nicht verlangt werden, da sie keinen Zugriff auf die Erfassungsdaten haben.