Anforderungen an die in einem Prospekt eines Filmfonds enthaltene Risikoaufklärung
BGH 22.10.2015, III ZR 264/14Der Kläger hatte im Dezember 2000 eine Beteiligung i.H.v. 178.952 € an einer mit internationalen Filmproduktionen befassten Fondsgesellschaft gezeichnet. Die Beteiligung sollte der Kläger zu 44,8 % aus Eigenmitteln leisten und den Rest bei der D-AG finanzieren. Der Fonds wies eine sog. Defeasance-Struktur auf. Danach übernahm die D-AG bezüglich aller Filme die Verpflichtung des Lizenznehmers zur Zahlung fester Lizenzgebühren und einer Einmalzahlung an den Fonds mit schuldbefreiender Wirkung für den Lizenznehmer. In dem Fondsprospekt wurden an verschiedenen Stellen neben festen Lizenzgebühren auch variable Lizenzgebühren erwähnt. Hinsichtlich dieser hieß es, dass sie nicht zugesagt werden können, hohen Unwägbarkeiten unterliegen und bei der Anlageentscheidung nicht berücksichtigt werden sollten.
Die steuerlichen Ergebnisse des Fonds wurden von der Finanzverwaltung zunächst anerkannt. Die Grundlagenbescheide auf der Ebene der Fondsgesellschaft wurden für die Jahre 2000 bis 2003 sowie 2005 schließlich dahin geändert, dass die Schlusszahlung des Lizenznehmers an den Fonds beginnend mit dem Jahr der jeweiligen Fertigstellung der Filme "linearisiert" wurde. Der Kläger erhielt Barausschüttungen von rund 802 €. Die Beklagte zu 1) war die Treuhandkommanditistin der Fondsgesellschaft. Die Beklagte zu 3) hielt die Mehrheit der Anteile an der Beklagten zu 1) und der Komplementärin der Fondsgesellschaft sowie 100% der Anteile an der Beklagten zu 2). Diese war die lnitiatorin des Fonds. Die Beklagte zu 4) war als Rechtsnachfolgerin der D-AG Gesellschafterin der Beklagten zu 3) gewesen.
Der Kläger machte Prospektfehler und Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten geltend. Hierzu behauptete er, die Beklagte zu 3) sei die eigentliche wirtschaftliche Triebfeder des Fonds gewesen. Sie habe den Fonds permanent operativ und faktisch gegenüber den Anlegern vertreten. Die Beklagte zu 2) habe die Beklagten zu 1) und 4) bei der Annahme des Beteiligungsangebots des Klägers und der Annahme seines Darlehensantrags vertreten. Alle Beklagten seien als Prospektverantwortliche anzusehen.
Das LG wies die Klage weitgehend ab; das OLG verurteilte die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 103.076 € Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Gründe:
Die Prospektverantwortlichkeit der Beklagten stand keineswegs "außer Frage". Sollte das Berufungsgericht hingegen, wofür die Erwähnung der Aufklärungspflichten aus §§ 311, 280, 241 Abs. 2 BGB sprachen, eine Prospekthaftung der Beklagten im weiteren Sinne gemeint haben, enthielt das angefochtene Urteil keine Begründung. Aus Prospekthaftung im weiteren Sinne haftet nur derjenige, der Vertragspartner des Anlegers geworden ist oder hätte werden sollen. Angesichts dessen konnte zwar eine Prospekthaftung im weiteren Sinne der Beklagten zu 1) in Betracht kommen. In Bezug auf die Beklagten zu 2) bis 4) war sie hingegen ausgesprochen fraglich. Hinsichtlich der Haftung aller Beklagten bedurfte es der Feststellung von Tatsachen im vorgenannten Sinne und ihrer eingehenden Würdigung. Daran fehlte es jedoch hier.
Auch die Ausführungen zur Fehlerhaftigkeit des Anlageprospekts hielten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Dies galt zunächst im Hinblick auf die von ihm festgestellte fehlerhafte Gestaltung des Prospektes in steuerrechtlicher Hinsicht. Die Wertung des OLG beruhte insofern auf einem Missverständnis von Zahlungsflüssen. Die Ansicht des Gerichtes, der Produktionsdienstleister habe den überwiegenden Teil der an ihn überwiesenen Anlagegelder an die schuldübernehmende Bank, die Beklagte zu 4), weitergeleitet, war nicht richtig. Ein solcher Zahlungsvorgang ergab sich weder aus unstreitigem Parteivortrag noch aus dem sog. "Fund Flow Memo", in dem verschiedene durchzuführende Zahlungen geregelt werden.
Eine Pflicht zum besonderen Hinweis auf das vom Berufungsgericht angenommene Risiko der steuerlichen Ausgestaltung des streitgegenständlichen Anlagemodells im Prospekt - neben den darin ohnehin enthaltenen Hinweisen auf steuerrechtliche Risiken - bestand somit auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht. Eine solche besondere Hinweispflicht wurde auch nicht durch die Ausführungen des OLG begründet, es habe im Hinblick auf die steuerliche Bewertung der Beteiligungen als unternehmerische Beteiligungen bald und über Jahre hinweg gegensätzliche Beurteilungen zwischen Anlegern und Finanzbehörden gegeben.
Zu Recht rügte die Revision auch die Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Fehlerhaftigkeit der Darstellung der variablen Lizenzgebühren im Prospekt. Diese stellten nämlich kein wesentliches Element der Fondskonzeption dar. Es war deutlich geworden, dass variable Lizenzgebühren nicht zugesagt werden konnten, hohen Unwägbarkeiten unterlagen und bei der Anlageentscheidung nicht berücksichtigt werden sollten. Der Anleger konnte daher von vorneherein mit variablen Lizenzgebühren in erheblicher, seine Anlageentscheidung maßgeblich beeinflussender Höhe nicht rechnen.
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