04.06.2018

Angemessene Entschädigung wegen Vereitelung einer gebuchten Kreuzfahrt

Eine Vereitelung der Reise steht einer durch Reisemängel vollständig entwerteten Reise nicht ohne weiteres gleich. Bei einer ausgefallenen Reise ist daher nicht stets eine Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises als angemessen anzusehen. Ist die Reise insgesamt vereitelt worden, können die Aufwendungen für die unternommene Ersatzreise nicht gleichzeitig eine Abhilfemaßnahme darstellen.

BGH 29.5.2018, X ZR 94/17
Der Sachverhalt:
Der Ehemann der Klägerin hatte bei der beklagten Reiseveranstalterin für sich und die Klägerin eine Kreuzfahrt in der Karibik für die Zeit vom 16. bis 30.11.2015 zu einem Gesamtpreis von 4.998 € gebucht. Die Eheleute konnten die Reise nicht antreten, weil es auf dem Schiff keine Buchung für sie gab. Davon erfuhren sie erst am 13.11.2015. Stattdessen unternahmen die Eheleute während des vorgesehenen Reisezeitraums eine Reise mit dem Mietwagen durch Florida, für die ihnen Mehrkosten i.H.v. 887 € entstanden.

Die Klägerin nahm die Beklagte daraufhin aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemanns auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung wegen Vereitelung einer gebuchten Kreuzfahrt i.H.d. Reisepreises und auf Ersatz der Mehrkosten für die Ersatzreise in Anspruch. Das LG ihr eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit i.H.v. 3.685 € zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. das OLG hat der Klägerin im Berufungsverfahren einen Anspruch auf Zahlung weiterer 887 € als Ersatz für die Mehrkosten der Ersatzreise zuerkannt und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin den Anspruch auf angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit im von den Vorinstanzen nicht zuerkannten Umfang weiter, während die Beklagte im Wege der Anschlussrevision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebte. Der BGH wies die Revision der Klägerin zurück und gab der Anschlussrevision der Beklagten statt.

Gründe:
Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Reise, zu deren Durchführung die Beklagte vertraglich verpflichtet war, vereitelt wurde. Denn in einem solchen Fall kann der Reisende ebenso wie bei einer erheblich beeinträchtigten Reise nach § 651f Abs. 2 BGB - neben der Erstattung des Reisepreises - auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Bemessung der Entschädigung ist dabei grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters, dessen Würdigung vom Bundesgerichtshof nur in engen Grenzen nachgeprüft werden kann.

Ist die Reise demnach wegen Mängeln der Leistung des Veranstalters so erheblich beeinträchtigt worden, dass der Erfolg der Reise (nahezu) vollständig verfehlt wurde, ist regelmäßig eine Entschädigung i.H.d. vollen Reisepreises angemessen. Infolgedessen hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass eine Vereitelung der Reise einer solchen durch Reisemängel vollständig entwerteten Reise nicht ohne weiteres gleichsteht. Bei einer ausgefallenen Reise ist daher nicht stets eine Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises als angemessen anzusehen.

Zwar mag die Vereitelung der Reise auf den ersten Blick als die am weitesten reichende Form der Beeinträchtigung des vom Reiseveranstalter geschuldeten Reiseerfolgs erscheinen. Doch auch bei Vereitelung der Reise geht es beim Anspruch auf Entschädigung nach § 651f Abs. 2 BGB nicht um eine "zweite Rückerstattung" des Reisepreises. Vielmehr ist allein bezweckt, den Reisenden dafür zu entschädigen, dass er seine Urlaubszeit nicht so verbringen konnte, wie mit dem Veranstalter vereinbart wurde.

Die sich daraus ergebende (immaterielle) Beeinträchtigung kann bei groben Mängeln der Reiseleistung erheblich größer sein, als wenn die Reiseleistung bei einer Vereitelung der Reise überhaupt nicht erbracht wird. Da maßgeblich auf den dem Reisenden durch die Vereitelung der Reise entgangenen Nutzen abzustellen ist, ist es für die Höhe der Entschädigung auch unerheblich, wie der Reisende im Fall einer vereitelten Reise die vorgesehene Reisezeit verbracht hat.

Infolgedessen wies die Entscheidung des Berufungsgerichts, im Streitfall die Entschädigung mit einem etwa 73 % des Reisepreises entsprechenden Betrag zu bemessen, keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin auf. Das Berufungsgericht hat neben dem Reisepreis nicht nur berücksichtigt, dass es sich bei der ausgefallenen Reise um eine hochwertige und attraktive Kreuzfahrt gehandelt hatte, sondern auch, dass die beklagte Reiseveranstalterin die Reise sehr kurzfristig abgesagt und es dadurch der Klägerin und ihrem Ehemann zusätzlich erschwert hatte, die vorgesehene Reisezeit in einer ihnen zusagenden anderen Weise zu nutzen. Gleichzeitig hat es in den Blick genommen, dass mit dem völligen Ausfall der Reise zwar die Erwartungen der Reisenden enttäuscht wurden, diese damit aber über ihre Zeit frei verfügen konnten.

Die Anschlussrevision der Beklagten war hingegen begründet, weil die Klägerin nicht geltend gemacht hatte, mit der Buchung der Floridareise anstelle der von der Beklagten geschuldeten Kreuzfahrt selbst Abhilfe wegen eines Mangels der Reiseleistung der Beklagten geschaffen zu haben, sondern auch insoweit Schadensersatz wegen Vereitelung der Reise begehrt hatte. Ist die Reise jedoch insgesamt vereitelt worden, können die Aufwendungen für die unternommene Ersatzreise (hier: Floridareise) nicht gleichzeitig eine Abhilfemaßnahme darstellen.

Linkhinweise:

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BGH PM Nr. 95 vom 29.5.2018
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