18.08.2016

Anspruch auf Rückzahlung einer geleisteten Nichtabnahmeentschädigung nach Widerruf von zwei Verbraucherdarlehensverträgen

Eine Widerrufsbelehrung in einem Verbraucherdarlehensvertrag, die hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist missverständlich ist, setzt den Beginn der Widerrufsfrist für diesen Vertrag nicht in Lauf. Der Darlehensnehmer kann daher selbst dann noch sein Widerrufsrecht ausüben, wenn er die Abnahme des Darlehens verweigert und eine Nichtabnahmeentschädigung bezahlt hat.

OLG Koblenz 29.7.2016, 8 U 1049/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger schloss im Juli 2008 mit der Beklagten im Wege des Fernabsatzes zwei Bereitstellungsdarlehensverträge über Nennbeträge von insgesamt 195.000 € ab, denen jeweils identische Widerrufsbelehrungen beigefügt waren. Im März 2011 vereinbarten die Parteien, dass der Kläger die Darlehen nicht abnimmt und eine Nichtabnahmeentschädigung von nahezu 14.600 € zahlt. Im September 2014 widerrief er seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.

Das LG wies die auf Rückzahlung der im Jahre 2011 gezahlten Nichtabnahmeentschädigung gerichtete Klage ab. Auf die Berufung des Klägers änderte das OLG das Urteil ab und verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung der geleisteten Nichtabnahmeentschädigung. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Kläger konnte im September 2014 sein Widerrufsrecht noch ausüben, weil die Widerrufsbelehrungen in den Verträgen hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist missverständlich sind. Die Widerrufsfrist für das Darlehen wurde deshalb nicht wirksam in Lauf gesetzt. Das Widerrufsrecht des Klägers war auch nicht nach der Sonderregelung bei Fernabsatzverträgen (§ 312d Abs. 3 Ziffer 1 BGB a.F.) erloschen, da diese Regelung bei Verbraucherdarlehensverträgen keine Anwendung findet, bei denen dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditrecht (§§ 495, 499 bis 507, 355 BGB a.F.) zusteht.

Die Vereinbarung vom März 2011 hat das bestehende Widerrufsrecht des Klägers ebenfalls nicht beseitigt, da hierdurch der Vertrag nicht rückwirkend aufgelöst, sondern lediglich der ursprünglich vereinbarte Erfüllungszeitpunkt für das Darlehen vorverlagert wurde. Der Kläger hat sein Widerrufsrecht auch weder verwirkt noch unzulässig ausgeübt, § 242 BGB. Die mit der nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verbundenen Nachteile trägt nämlich grundsätzlich der Verwender. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Bank nicht in Anspruch nehmen, da sie den Schwebezustand selbst herbeigeführt und im Übrigen die Möglichkeit bestand, den Kläger noch nach Vertragsabschluss ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht zu belehren.

OLG Koblenz PM vom 17.8.2016
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