Antisemitische Hetze: Keine bildlich identifizierende Berichterstattung über Heranwachsende
OLG Frankfurt a.M. v. 21.10.2024 - 16 W 40/24
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Rapper und nimmt die Herausgeberin einer bundesweit erscheinenden deutschen Tageszeitung im Eilverfahren auf Unterlassen in Anspruch. Konkret geht es um verschiedene Aussagen sowie die Verbreitung von Bildern im Rahmen eines Artikels vom Frühjahr 2024 über die Einbürgerung des Klägers "trotz antisemitischer Hetze".
Das LG gab dem Antrag des Klägers zu einem geringen Teil statt und ihn im Übrigen ab. Seine Beschwerde hatte vor dem OLG teilweise Erfolg.
Die Gründe:
Das LG hat zu Recht zahlreiche Äußerungen im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Kläger und seiner "antisemitischen Hetze" als zulässige Meinungsäußerung, basierend auf hinreichender Tatsachengrundlage, angesehen, an deren Verbreitung ein schützenswertes Interesse besteht. Die vom Kläger in Social Media Beiträgen und in einem Song getätigten Aussagen können als Unterstützung für die Hamas bzw. als Gutheißung des Angriffs vom 7.10.2023 verstanden werden. In dem Liedtext werde u.a. betont, dass Israel der Feind sei, der an einem Samstag, dem jüdischen Feiertag überraschend angegriffen worden sei und nun wie ein waffenloses Baby weine und wie Spinnennetze weggepustet werden solle. Der Kläger kann sich aus diesen Gründen auch nicht gegen die Aussage wehren, dass seine Verwendung des sog. Tauhid-Fingers in den Zusammenhang mit einer "islamistischen Überlegenheitsideologie" gestellt wird. Der Kläger bestreitet auch nicht, den Tauhid-Finger zu zeigen.
Mit Erfolg wendet sich der Kläger jedoch dagegen, als Anhänger des salafistischen Predigers Othman al-Khamees bezeichnet zu werden. Für diese Meinungsäußerung fehlt es an einer hinreichenden Tatsachengrundlage. Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Unterlassung der Erkennbarmachung durch Bildnisse. Eine Identifizierung ist nur dann erlaubt, wenn gerade der Name oder die Identität des Betroffenen einen eigenen Informationswert besitzen und zudem gerade hieran ein öffentliches Informationsinteresse besteht.
Bei der gebotenen Abwägung ist zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass das Thema der Berichterstattung von großem öffentlichen Interesse ist, der Kläger allein in seiner Sozialsphäre betroffen ist und sich zudem selbst in die Öffentlichkeit begeben hat. Zugunsten des Klägers ist jedoch zu werten, dass die mit der Berichterstattung verbundene Prangerwirkung mit einem erheblichen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht verbunden ist und es sich hier um keine in der Öffentlichkeit stehende Persönlichkeit mit Kontrast- und Leitbildfunktion handelt, sondern um einen 18-jährigen Heranwachsenden mit höherer Schutzbedürftigkeit, der sich und seine (...) Musik auf seinem Instagram-Account mit einer geringen Anzahl von Followern präsentiert.
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OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 68 vom 6.12.2024
Der Kläger ist Rapper und nimmt die Herausgeberin einer bundesweit erscheinenden deutschen Tageszeitung im Eilverfahren auf Unterlassen in Anspruch. Konkret geht es um verschiedene Aussagen sowie die Verbreitung von Bildern im Rahmen eines Artikels vom Frühjahr 2024 über die Einbürgerung des Klägers "trotz antisemitischer Hetze".
Das LG gab dem Antrag des Klägers zu einem geringen Teil statt und ihn im Übrigen ab. Seine Beschwerde hatte vor dem OLG teilweise Erfolg.
Die Gründe:
Das LG hat zu Recht zahlreiche Äußerungen im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Kläger und seiner "antisemitischen Hetze" als zulässige Meinungsäußerung, basierend auf hinreichender Tatsachengrundlage, angesehen, an deren Verbreitung ein schützenswertes Interesse besteht. Die vom Kläger in Social Media Beiträgen und in einem Song getätigten Aussagen können als Unterstützung für die Hamas bzw. als Gutheißung des Angriffs vom 7.10.2023 verstanden werden. In dem Liedtext werde u.a. betont, dass Israel der Feind sei, der an einem Samstag, dem jüdischen Feiertag überraschend angegriffen worden sei und nun wie ein waffenloses Baby weine und wie Spinnennetze weggepustet werden solle. Der Kläger kann sich aus diesen Gründen auch nicht gegen die Aussage wehren, dass seine Verwendung des sog. Tauhid-Fingers in den Zusammenhang mit einer "islamistischen Überlegenheitsideologie" gestellt wird. Der Kläger bestreitet auch nicht, den Tauhid-Finger zu zeigen.
Mit Erfolg wendet sich der Kläger jedoch dagegen, als Anhänger des salafistischen Predigers Othman al-Khamees bezeichnet zu werden. Für diese Meinungsäußerung fehlt es an einer hinreichenden Tatsachengrundlage. Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Unterlassung der Erkennbarmachung durch Bildnisse. Eine Identifizierung ist nur dann erlaubt, wenn gerade der Name oder die Identität des Betroffenen einen eigenen Informationswert besitzen und zudem gerade hieran ein öffentliches Informationsinteresse besteht.
Bei der gebotenen Abwägung ist zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass das Thema der Berichterstattung von großem öffentlichen Interesse ist, der Kläger allein in seiner Sozialsphäre betroffen ist und sich zudem selbst in die Öffentlichkeit begeben hat. Zugunsten des Klägers ist jedoch zu werten, dass die mit der Berichterstattung verbundene Prangerwirkung mit einem erheblichen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht verbunden ist und es sich hier um keine in der Öffentlichkeit stehende Persönlichkeit mit Kontrast- und Leitbildfunktion handelt, sondern um einen 18-jährigen Heranwachsenden mit höherer Schutzbedürftigkeit, der sich und seine (...) Musik auf seinem Instagram-Account mit einer geringen Anzahl von Followern präsentiert.
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