Anwaltliche Pflichten bei der Überwachung von Validierungsfristen für Patente
BGH 29.10.2013, X ZB 17/12Die Rechtsbeschwerdeführerin ist Inhaberin eines englischsprachigen europäischen Patents, das eine Bergbaumaschine und ein Abbauverfahren betrifft. Mit Schreiben vom 20.12.2006 wies das Deutsche Patent- und Markenamt die Patentinhaberin darauf hin, dass binnen drei Monaten eine deutsche Übersetzung einzureichen und eine Gebühr i.H.v. 150 € für deren Veröffentlichung zu entrichten ist.
Am 19.9.2007 stellte das Patentamt fest, dass die Wirkungen des europäischen Patents für Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten gelten, weil die genannten Erfordernisse nicht erfüllt worden seien. Daraufhin reichte die Patentinhaberin am 26.11.2007 beim Patentamt eine deutsche Übersetzung der Patentschrift ein und entrichtete die Gebühr für die Veröffentlichung ein. Zugleich beantragte sie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Das Patentamt wies den Antrag zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Patentinhaberin blieb vor dem BPatG erfolglos. Das galt auch für die zugelassene Rechtsbeschwerde vor dem BGH.
Gründe:
Die Patentinhaberin konnte nicht glaubhaft machen, dass die Frist zur Einreichung der Übersetzung und zur Zahlung der Gebühr ohne Verschulden ihrer inländischen Vertreter versäumt worden war.
Ein Anwalt muss durch allgemeine Anweisungen sicherstellen, dass sein Büropersonal nicht eigenmächtig im Fristenkalender eingetragene Fristen ändert oder löscht. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine außergewöhnliche Verfahrensgestaltung Anlass zur Prüfung gibt, ob die bereits eingetragenen Fristen maßgeblich bleiben oder nicht.
Diese Grundsätze sind auch für die Überwachung von Validierungsfristen für ein Patent heranzuziehen. Dass es in patentrechtlichen Verfahren eine Vielzahl solcher Fristen geben kann und ein Patentanwalt häufig mit der Fristüberwachung für eine große Zahl von Patenten betraut ist, führte im vorliegenden Zusammenhang nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar mögen diese Umstände es rechtfertigen, dass der Anwalt davon absieht, bei jeder Vorlage der Akte die Berechnung und Notierung aller für das Patent relevanten Fristen zu überprüfen. Für die hier in Rede stehende Pflicht, durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass eine zutreffend berechnete und eingetragene Frist nicht unberechtigt geändert oder gelöscht wird, kommt eine Abmilderung der Sorgfaltsanforderungen allerdings nicht in Betracht.
Auch reicht eine an die mit der Fristüberwachung betrauten Mitarbeiter der Kanzlei gerichtete Anweisung, alle erkennbaren Probleme und Fragen mit dem verantwortlichen Anwalt zu klären, nicht zur Erfüllung der sich daraus ergebenden Pflichten aus. Eine solche Anweisung ist nicht hinreichend konkret formuliert, was die Gefahr hervorruft, dass die mit der Fristüberwachung betrauten Mitarbeiter ihre Relevanz für die hier zu beurteilende Konstellation nicht erkennen. Unerheblich war insofern, dass es in der Kanzlei trotz langjähriger und umfangreicher Tätigkeit in der Vergangenheit noch nie zu einem Fristversäumnis gekommen war. Denn dieser Umstand bildet für sich gesehen keinen ausreichenden Beleg für eine hinreichende Kanzleiorganisation.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.