Anzahlungsklauseln von über ein Drittel des Gesamtpreises in Reiseverträgen sind unwirksam
OLG Celle 28.11.2013, 11 U 279/12Der Kläger ist ein in die Liste nach § 4 UKlaG eingetragener bundesweit tätiger Verband. Die Beklagte bietet geschäftsmäßig Pauschalreiseverträge an. Die Parteien stritten um die Zulässigkeit einer Anzahlungsklausel der Beklagten i.H.v. 40 % des Gesamtpreises in ihren Reiseverträgen. So nutzte die Beklagte beim Abschluss von Reiseverträgen Allgemeine Geschäftsbedingungen mit u.a. folgender Klausel:
"Bei Vertragsabschluss wird gegen Aushändigung der Bestätigung die Anzahlung in Höhe von i. d. R. 25 %, bei gesondert gekennzeichneten Top-Angeboten sowie ausgewählten, kurzfristigen bzw. preisreduzierten Specials, Sparreisen und Reisen der Marken D.T., r., A1., A2. , A3. und BestPreis-Angeboten von T. F.G. sowie Ticket-Paketen aus Leistungsbeschreibungen (Ziffer 3.1) mit dem Titel "Musicals & Shows" 40 % des Gesamtpreises fällig."
Zwar bot die Beklagte den Reisenden einen kostenfreien Rücktritt bei Reiseausfall an. Doch das reichte dem Kläger nicht und er machte einen Unterlassungs- und Aufwendungsersatzanspruch gegen die Beklagte geltend. Das LG gab der Klage statt. Die Berufung der Beklagten vor dem OLG blieb erfolglos. Allerdings wurde gem. § 543 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 5 UKlaG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zum BGH zugelassen.
Die Gründe:
Die Anzahlungsklausel verstieß gegen § 307 Abs. 1 S. 1 u. 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB, da sie die Vertragspartner der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige.
Einige der in der Klausel angeführten Reisen waren bereits von den sonstigen Reisen nicht hinreichend abgrenzbar, sodass aus Sicht des Reisenden ein unzulässiger Beurteilungsspielraum bestand. Aus Sicht des Vertragspartners war nicht eindeutig erkennbar, was unter "gesondert gekennzeichneten Top-Angeboten sowie ausgewählten, kurzfristigen bzw. preisreduzierten Specials, Sparreisen" zu verstehen ist. Dieser Teil der Klausel war für den Vertragspartner unklar und undurchschaubar.
Doch auch die Regelung einer Anzahlung von 40 % des Gesamtreisepreises bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses stellte eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners dar. Eine solche Vereinbarung weicht vom gesetzlichen Leitbild der Regelung des § 320 BGB, nach dessen Inhalt Vertragspflichten in der Regel nur Zug um Zug zu erbringen sind, ab. Zu dem Grundgedanken der Regelung des § 320 BGB gehört nicht nur die Absicherung der Rückerstattung des Reisepreises und weiterer Aufwendungen, sondern der Gesetzgeber wollte mit dem Leistungsverweigerungsrecht des § 320 BGB dem Vertragspartner ein Druckmittel in die Hand geben, den anderen Teil zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Leistungen zu veranlassen. Weder die Einführung des Sicherungsscheins (§ 651 k BGB) noch der kostenfreie Rücktritt bei Reiseausfall können dieses Druckmittel zur Durchsetzung der Primärpflichten entbehrlich machen.
Letztlich ist es den Reisenden in solchen Fällen zum Zeitpunkt der verlangten Anzahlung nicht erkennbar, ob und inwieweit der Reiseveranstalter die Leistungen bereits tatsächlich eingekauft und auch bezahlt hat. Es ist deshalb mit dem Gebot von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren und stellt eine unangemessene Benachteiligung des Reisenden dar, wenn Vorauszahlungen auf den Reisepreis in einer Höhe ausbedungen werden, durch die der Reisende verpflichtet wird, wesentliche Teile des Reisepreises erhebliche Zeit vor Reisebeginn zu leisten. Eine Anzahlung, zumindest wenn sie ein Drittel des Reisepreises übersteigt und damit erst recht, wenn sie wie im vorliegenden Fall 40 % des Gesamtpreises ausmacht, stellt danach eine unangemessene Benachteiligung des Reisenden dar.
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