12.08.2015

Apotheker dürfen in Wartezimmern von Arztpraxen auf Bildschirmen für sich werben

Zwar sind die in § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG geregelten Tatbestände, die Kooperationen zwischen Inhabern von Erlaubnissen nach § 1 Abs. 2, § 14 Abs. 1, § 16 oder § 17 ApoG und dem Personal von Apotheken einerseits und Ärzten verbieten, Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG, deren Verletzung geeignet ist, die Interessen der Verbraucher und Mitbewerber spürbar zu beeinträchtigen. Allerdings wird an der der Rechtsprechung, wonach eine täterschaftliche Haftung desjenigen ausscheidet, der nicht selbst Adressat der dem Unlauterkeitsvorwurf nach § 4 Nr. 11 UWG zugrundeliegenden Norm ist, wird auch nach der Aufgabe der Störerhaftung im Wettbewerbsrecht festgehalten.

BGH 12.3.2015, I ZR 84/14
Der Sachverhalt:
Die Beklagte strahlt in Arztpraxen unter der Bezeichnung "TV-Wartezimmer" ein Programm auf Bildschirmen aus, die in Wartezimmern angebracht sind. Sie arbeitet dabei mit einem anderen Unternehmer zusammen, der die für die Ausstrahlung erforderlichen Verträge mit den Ärzten schließt. Sie warb für ihr Programm mit einem vier Seiten umfassenden Faltprospekt und in einem Internetauftritt dafür, dass Apotheker bei ihr einen Sendeplatz für Werbung bei einem bestimmten Arzt buchten.

Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Sie war der Ansicht, die Ausstrahlung von Werbespots für Apotheken und die Werbung für eine solche Ausstrahlung stellten ein Verhalten dar, mit dem die Beklagte gegen das apothekenrechtliche Verbot der Zuweisung von Verschreibungen, gegen das nach dem Berufsrecht der Apotheker bestehende Verbot einer an Patienten in Arztpraxen gerichteten Werbung und gegen das nach dem Berufsrecht der Ärzte bestehende Verbot der Verweisung an bestimmte Leistungserbringer verstößt. Somit habe sie zugleich wettbewerbswidrig gehandelt.

LG und OLG gaben dem Verbotsantrag der Klägerin statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH die Vorentscheidungen auf und wies die Klage ab.

Gründe:
Zwar war das Berufungsgericht noch zutreffend davon ausgegangen, dass die in § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG geregelten Tatbestände, die Kooperationen zwischen Inhabern von Erlaubnissen nach § 1 Abs. 2, § 14 Abs. 1, § 16 oder § 17 ApoG sowie dem Personal von Apotheken und Ärzten sowie anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, verbieten, Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG sind, deren Verletzung geeignet ist, die Interessen der Verbraucher und Mitbewerber spürbar zu beeinträchtigen. Seiner Ansicht, dass von einer täterschaftlichen Haftung auch dann auszugehen sei, wenn das konkrete Verhalten desjenigen, der nicht Normadressat sei, die Voraussetzungen eines über die bloße Teilnahme hinausgehenden täterschaftlichen Beitrags erfülle, war allerdings nicht zu folgen.

Das OLG ließ insofern unberücksichtigt, dass derjenige, der nicht selbst Adressat einer Verbotsnorm ist, nach den im allgemeinen Deliktsrecht und im Lauterkeitsrecht entsprechend geltenden strafrechtlichen Bestimmungen allenfalls als Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) haften kann. Es meinte demgegenüber, es komme in Fällen wie dem hier vorliegenden zu unvertretbaren Schutzlücken, nachdem der BGH die Störerhaftung für den Bereich des Lauterkeitsrechts aufgegeben habe (BGH-Urt. v. 22.7.2010, Az.: I ZR 139/08; 18.6.2014, Az.: I ZR 242/12. Das Berufungsgericht hat dabei aber dem Umstand nicht die erforderliche Bedeutung beigemessen, dass in solchen Fällen bei Personen, die nach der früheren Rechtsprechung als Störer in Anspruch genommen werden konnten, eine Haftung als Teilnehmer an einer gegebenenfalls unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht begründeten fremden Haupttat in Betracht kommt.

Das bei der Teilnehmerhaftung bestehende Vorsatzerfordernis kann zwar dazu führen, dass der Dritte, der nicht Adressat der Norm ist, zunächst nicht mit Aussicht auf Erfolg wettbewerbsrechtlich in Anspruch genommen werden kann. Es besteht für denjenigen, der sich durch ein entsprechendes Verhalten in seinen wettbewerbsrechtlich geschützten Interessen verletzt sieht, aber die Möglichkeit, den Handelnden zunächst auf die Rechtslage hinzuweisen. Ein entsprechender Hinweis wird regelmäßig zur Folge haben, dass der Adressat der Mitteilung sein Verhalten im Weiteren korrigiert oder dass bei Fortsetzung der Verhaltensweise von einem Teilnehmervorsatz auszugehen ist.

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